Vandenberg Space Force Base (Kalifornien, USA)/Immenstaad/Bremen. Am 24. Dezember vergangenen Jahres wurden von der Vandenberg Space Force Base im US-Bundesstaat Kalifornien die letzten beiden von insgesamt drei Satelliten der Bundeswehr aus ins All gestartet. Damit wurde das nationale satellitengestützte Radar-Aufklärungssystem SARah im Weltraum komplettiert.
Wie wir bereits vor einiger Zeit gemeldet haben (siehe hier), gibt es mittlerweile aber gravierende technische Probleme. Hatten die Medien in Deutschland bislang davon kaum Notiz genommen, haben sie nun nach einem erneuten Bericht der BILD am SONNTAG vom heutigen 30. Juni die redaktionelle Schlagzahl erhöht. Da ist von „Weltraumschrott“ die Rede, von „Desaster für unsere Sicherheit“ und – noch die mildeste Umschreibung – von einer weiteren großen „Bundeswehr-Panne“.
Die beiden im Dezember gestarteten Reflektor-Satelliten, die eine von den Herstellern garantierte Lebensdauer unter den Bedingungen im All von zehn Jahren haben, sollten ursprünglich nach Angaben der Verantwortlichen das neue Aufklärungssystem der Bundeswehr vervollständigen. Das SARah-System soll sogar das aktuelle Aufklärungssystem SAR-Lupe, welches seinen Dienst seit 2007 erfolgreich verrichtet, einmal ganz ersetzen (SAR = Synthetic Aperture Radar).
Der BILD am SONNTAG zufolge sind die beiden Satelliten, die längst schon in Betrieb gehen sollten, nicht funktionsfähig und damit nicht einsetzbar. Es gebe „technische Probleme“, so das Boulevardblatt. Bis Ende Juni hätten sich die zwei neuen SARah-Satelliten der Bundeswehr aus dem All melden und gestochen scharfe Aufklärungsbilder an die Erde senden müssen. BILD: „Das tun sie aber nicht. Wahrscheinlicher Grund: Ihre Antennen lassen sich nicht ausfahren.“
Wie das Blatt weiter berichtete, seien die beiden Satelliten „möglicherweise wegen eines technischen Defekts [auch] in Zukunft nicht mehr einsetzbar.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wurde von BILD mit den Worten zitiert, es gebe „weiter Verzögerungen bei der Inbetriebnahme“. In den kommenden Wochen werde man zusammen mit dem Hauptauftragnehmer des Projekts, der Bremer OHB System AG, „einen Plan entwickeln, falls die Funktionsfähigkeit der Satelliten nicht wiederhergestellt kann“. Laut Verteidigungsministerium sei die Aufklärungsfähigkeit der Bundeswehr aus dem All allerdings auch „weiterhin nicht eingeschränkt“. Details wollte das Ministerium „aus Gründen der nationalen Sicherheit“ nicht weiter nennen.
Das Thema „Geheimhaltung“ hatte bereits am 22. März eine besondere Rolle gespielt. An diesem Freitag verwies Thomas Hitschler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, bei der Beantwortung einer Schriftlichen Frage des CSU-Bundestagsabgeordneten Florian Hahn unter anderem auf das „Staatswohl“ und die „Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte“ und lehnte so eine Beantwortung der Hahn-Frage in offener Form ab. Hitschler hatte sich stattdessen für eine Einstufung als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS-Nur für den Dienstgebrauch entschieden.“
Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der Union, hatte – so darf vermutet werden – von der „SARah-Panne“ Wind bekommen und die Bundesregierung beziehungsweise das Wehrressort gefragt: „Welche Probleme/Herausforderungen nach dem Start der letzten beiden von insgesamt drei Satelliten des Aufklärungssystems SARah am 24. Dezember 2023 in den Testphasen (beispielsweise „Launch and early orbit phase“) gibt es, und wann wird der für das Jahr 2024 angekündigte operationelle Vollbetrieb erreicht?“.
Das Regionalmagazin „buten und binnen“ von Radio Bremen berichtete heute ebenfalls über SARah im All. Gegenüber dem ARD-Sender hat eine Sprecherin des Raumfahrt- und Technologiekonzerns OHB den BILD-Bericht inzwischen bestätigt. Bestätigt wurde damit indirekt auch eine Passage, die den Steuerzahlen freuen dürfte – hier heißt es: „Mit dem Hersteller OHB ist vertraglich vereinbart, dass die Bundeswehr das System nur bezahlen muss, wenn es auch funktioniert. Nach Informationen [der BILD] könnte der Weltraumschrott deshalb für die Firma ein Mega-Versicherungsfall werden.
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Zu unserer Aufnahme: Die Falcon-9-Rakete des US-Unternehmens SpaceX mit den beiden deutschen Satelliten am 24. Dezember 2023 auf der Vandenberg Space Force Base kurz vor dem Start. An der Raketenspitze der Transportbehälter mit den Satelliten – bedruckt mit den Wappen, Logos und Schriftzüge der am SARah-Projekt beteiligten Partner
(Bild: SpaceX)
Kleines Beitragsbild: Das neue Radaraufklärungssystem SARah der Bundeswehr umfasst zwei Reflektor-Satelliten und einen Phased-Array-Satelliten, hinzu kommen zwei Bodenstationen.
(Bild: OHB System AG)
… ist das peinlich!