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Rostock/Turku, Helsinki (Finnland). Am gestrigen Freitag (29. November) endete die auch in diesem Jahr wieder von der finnischen Marine geleitete Übung „Freezing Winds“. Etwa 4500 Soldaten aus insgesamt 15 NATO-Nationen nahmen teil. Zum Auftakt von „Freezing Winds 24“ am 18. November waren nach der Start-Konferenz rund 30 Schiffe und Boote in das Übungsgebiet – die Ostsee mit ihren Küstengewässern vor der südfinnischen Küste – aufgebrochen. Auch Flugzeuge und Hubschrauber waren im Einsatz …

Der erste Herbststurm dieses Jahres in der Ostsee, der Sturm „Jari“, sorgte dabei gleich zu Beginn für äußerst harte Rahmenbedingungen. Dazu der finnische Leiter der Übung, Kapitän Marko Laaksonen, bei der gestrigen Abschlussbesprechung: „Zu dieser Jahreszeit ist das Wetter in der Ostseeregion voller unangenehmer Überraschungen: von starkem Schneefall bis hin zu regengepeitschten Stürmen.“ Diesmal habe das Tief „Jari“ zwar zu Beginn von „Freezing Winds“ etliche Verzögerungen erzwungen, so Laaksonen. Allerdings hätten sich dann nach kurzer Zeit vor allem die Schiffsbesatzungen auf die Naturgewalten eingestellt und die notwendigen Anpassungen an die ursprünglichen Planungen vornehmen können.

„Jari“ hatte zu Beginn mit einer Windstärke von teilweise mehr als 100 Stundenkilometern gewütet. Dabei war es in Mittel- und Südfinnland zu zeitweisen Stromausfällen in zehntausenden Haushalten geführt. Am Ende waren immer noch rund 49.000 Haushalte von der Stromversorgung abgeschnitten.

Interoperabilität sowie strategische und taktische Zusammenarbeit

An „Freezing Winds 24“ beteiligten sich Marineeinheiten mit ihren Besatzungen, Flugzeug- und Hubschrauber-Crews sowie Bodenkräfte aus folgenden 15 Bündnisländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Lettland, Litauen, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Schweden und USA.

Die beiden ständigen maritimen Einsatzverbände der Allianz – die Standing NATO Maritime Group 1 (SNMG 1) und die Standing NATO Mine Countermeasures Group 1 (SNMCMG 1) – nahmen ebenfalls an der Ostseeübung, die in erster Linie der Verbesserung der Interoperabilität und der strategischen und taktischen Zusammenarbeit zwischen den „Neu-NATO-Mitglieder“ Finnland und Schweden sowie anderen alliierten Streitkräften dienen sollte, teil. Auch Exercise Director Laaksonen betonte am Ende noch einmal, wie wichtig die reibungslose Zusammenarbeit aller teilnehmenden Bündnispartner gewesen sei – angesichts der harten Wetterbedingungen bei „Freezing Winds 24“ eine herausfordernde Aufgabenstellung.

Auch die Befehlshaberin der SNMCMG 1, die Deutsche Beata Król, äußerte sich bei Übungsende. Sie erklärte: „Um gemeinsame maritime Operationen schnell und effektiv durchführen zu können, ist Interoperabilität der Schlüssel zum Erfolg. ,Freezing Winds‘ bietet uns die Möglichkeit, die Verfahren mit unseren Partnern in einem vielschichtigen Szenario zu trainieren. Indem wir unsere Präsenz, unsere Bereitschaft und unser starkes Bündnis unterstreichen, stehen wir gemeinsam für die Aufrechterhaltung der Sicherheit im gesamten Ostseeraum ein.“

Großes Interesse des Bündnisses an einer sicheren und stabilen Ostseeregion

Durch die Teilnahme an Übungen wie „Freezing Winds“ unterstreichen Finnland und die Allianz – so heißt es in einer NATO-Presseerklärung – „ihr Engagement für eine sichere und stabile Ostseeregion, die sowohl für die regionale als auch für die globale Sicherheit von entscheidender Bedeutung ist“. Kommodore Janne Huusko, Stabschef der Finnischen Marine, äußerte sich dazu wie folgt: „Mit der zunehmenden Integration Finnlands in das Verteidigungsbündnis wird ,Freezing Winds‘ zu einem wichtigen Bestandteil unserer gemeinsamen Aktionen in der Ostsee. Finnland und seine Verbündeten stehen zusammen, um die Sicherheit im gesamten Ostseeraum zu gewährleisten. Die Bewegungsfreiheit in dieser Region ist für alle Akteure und Anrainer von entscheidender Bedeutung.“

Die zwölftägige Übung „Freezing Winds“ war auch Teil der Initiative des transatlantischen Verteidigungsbündnisses zum verstärkten Schutz der Infrastruktur in den Gewässern, durch die 15 Prozent des internationalen Schiffsverkehrs führen und die als zunehmend anfällig für asymmetrische Bedrohungen gelten.

Sabotageakte gegen Telekommunikationskabel und Energiepipelines

Die Ostsee grenzt an acht NATO-Länder und an Russland. Seit 2022, als Russland in die Ukraine einmarschierte, gab es mindestens drei Vorfälle, bei denen vermutlich Sabotageakte gegen die rund 40 Telekommunikationskabel und kritischen Gaspipelines verübt wurden, die entlang des relativ flachen Meeresbodens verlaufen.

Nachdem die NATO jahrelang Minen aus der Zeit der beiden Weltkriege in der Ostsee (und auch Nordsee) gesprengt hat, stellt sie nun ihre Minenjagdflotte um, um auch verdächtige Unterwasseraktivitäten zu überwachen. Dabei scannt das Bündnis den Meeresboden mit Sonar-Systemen, sammelt mit Drohnen Unterwasser-Bildmaterial und schickt spezialisierte Taucher in die Tiefe.

Maritimes Zentrum für die Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastrukturen

Nach Angaben der in Portsmouth in Großbritannien ansässigen gemeinnützigen Organisation International Cable Protection Committee (ICPC) werden jedes Jahr weltweit zwischen 150 bis 200 Kabel beschädigt. Die Telekommunikationskabel, Stromleitungen und Gasrohre in der flachen Ostsee sind aufgrund des dort äußerst intensiven Schiffsverkehrs besonders gefährdet, so das in Washington D.C. beheimatete US-Forschungsunternehmen TeleGeography.

Beide Organisationen beschäftigten sich auch mit der Durchtrennung zweier Unterwasserkabel in schwedischen Ostsee-Wirtschaftsgewässern zwischen dem 17. und 18. November, unmittelbar vor Beginn der NATO-Übung „Freezing Winds“. Als „Übeltäter“ vermutet wird der chinesische Massengutfrachter „Yi Peng 3“, der am 15. November aus dem russischen Hafen Ust-Luga abgelegt hatte. Bereits im Vorjahr, im Oktober 2023, hatte der Anker der chinesischen „NewNew Polar Bear“ drei Datenkabel und eine Pipeline in der Ostsee beschädigt. Es riecht nach Methode …

Angesichts derartiger Bedrohung hat die NATO in diesem Jahr ihr Maritimes Zentrum für die Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastrukturen (Centre for the Security of Critical Undersea Infrastructure, CUI), das alle verlegten Objekte in den von der NATO kontrollierten Gewässern kartieren und Schwachstellen ermitteln soll, eröffnet. CUI, das so den Schutz Abertausender Kilometer von Unterwasserkabeln und -pipelines sicherstellen soll, untersteht dem Kommandeur des Allied Maritime Command der NATO (MARCOM) im britischen Northwood/London. Das Zentrum hatte im Mai 2024 die vorläufige Einsatzfähigkeit, die sogenannte „Initial Operational Capability“, erreicht. (Anm.: Unter dem Begriff „kritische Unterwasserinfrastruktur“ versteht die NATO neben den in Gewässern verlaufenden Förderleitungen für Öl und Gas auch die Internetkabel auf dem beziehungsweise im Meeresgrund – namentlich in der Nord- und Ostseesee, im Atlantik und im Mittelmeer.)

In Rostock an der deutschen Ostseeküste ist zudem im Oktober ein multinationales Marinehauptquartier eröffnet worden, das die Interessen der NATO-Mitglieder auf See schützen soll. Leiter des neuen CTF Baltic (steht für „Commander Task Force Baltic“) ist ein deutscher Admiral, sein Vertreter kommt aus Polen. Bei der Einrichtung handelt sich um ein nationales Hauptquartier mit Beteiligung anderer Staaten.


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Zu unserer Bildsequenz:
1. An der Übung „Freezing Winds 24“ waren fast 4500 Soldaten, rund 30 Schiffe sowie Flugzeuge und Hubschrauber beteiligt.
(Foto: Aku Korhonen/Finnische Streitkräfte, Puolustusvoimat)

2. Auftaktkonferenz vor Beginn des eigentlichen Übungsgeschehens im finnischen Marinehauptquartier Turku.
(Foto: MARCOM/NATO)

3. Hafenaufenthalt im Rahmen der Übung „Freezing Winds 24“ – die niederländische Fregatte „Van Amstel“ (F831) und die belgische „Louise-Marie“ (F931; links im Bild) ….
(Foto: nr)

4. … dazu die beiden litauischen Minenjäger M53 „Skalvis“ (rechts) und M54 Kuršis.
(Foto: nr)

5. Minenjagdboot „Weilheim“: Aussetzen der Unterwasserdrohne „SeaFox“ bei der NATO-Übung „Freezing Winds“. Das einmontierte Bild zeigt die Drohne von Atlas Elektronik unter Wasser in der Nähe des Minenjagdbootes „Homburg“.
(Großes Bild: Lee Willett; kleines Bild: Cedric Artigues/NATO)

Kleines Beitragsbild: 26. Mai 2016, Kopenhagen, Flaggschiff-Wechsel beim ständigen maritimen NATO-Einsatzverband SNMG 1: das NATO-Emblem im Brückenbereich.
(Foto: Sánchez Oller/NATO)


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