Hamburg/Frankfurt am Main/Antalya (Türkei)/Budapest (Ungarn). Etwa ein Jahr vor der geplanten Einflottung des neuen deutschen Seefernaufklärers P-8A Poseidon hat die in Hamburg ansässige Lufthansa Technik AG (LHT) damit begonnen, erstes Technikpersonal der Deutschen Marine für die Betreuung der Maschine zu qualifizieren. So haben mehrere Teilgruppen bei ersten Lehrgängen der LHT-Tochter Lufthansa Technical Training GmbH (LTT; Sitz in Frankfurt am Main) ihr Praxistraining für die Boeing 737NG, dem Grundmuster der P-8A, bereits durchlaufen.
Auch die ersten, auf diesen Lehrgängen aufbauenden „On-the-job“-Trainingskurse bei LHT Budapest haben bereits begonnen. Im Nachgang hierzu ist abschließend nur noch ein Differenzkurs erforderlich, um die militärische P-8A Poseidon instandhalten zu dürfen.
Über die Beschaffung des neuen Seefernaufklärers und Ubootjägers haben wir in der Vergangenheit bereits mehrfach berichtet, zuletzt im November vergangenen Jahres.
Mit erbrachten Dienstleistungen für Tausende zivile Boeing-Maschinen des Typs 737 aller gängigen Baureihen besitzt Lufthansa Technik mit seinen Tochterunternehmen eine enorme Expertise für den Flugzeugtyp. Damit lässt sich dieser Erfahrungsschatz – bedingt durch viele technische Gemeinsamkeiten – auch auf die Betreuung der P-8A als militärisches Derivat anwenden.
Die drei verschiedenen Ausbildungsstufen – Theorie, Praxis und „On-the-Job“ – führt LHT (beziehungsweise die Tochter LTT) im Unterauftrag des Flugzeugherstellers und Hauptauftragnehmers Boeing durch. Die ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH gehört ebenfalls zum Industrieteam um die Poseidon-Beschaffung.
Im Rahmen des Praxistrainings für die Boeing 737NG (NG = Next Generation) sammelt das technische Personal unserer Marine wichtige „Hands-on“-Erfahrungen und Qualifikationen im Rahmen der „Line Maintenance“ (Wartung), also in der technischen Betreuung während des täglichen Betriebs des Flugzeugs.
In der Qualifikation der ersten 24 Marinetechniker wird LTT von dem langjährigen Kooperationspartner SunExpress, einem Joint Venture von Deutscher Lufthansa und Turkish Airlines, unterstützt. Die Trainingseinheiten werden dabei an verschiedenen Boeing 737NG auf der SunExpress-Wartungsbasis im türkischen Antalya durchgeführt.
Für die folgende „On-the-job“-Ausbildung verlegt das Technikpersonal der Deutschen Marine anschließend nach Ungarn. Da die Flugzeuge für diesen Trainingsabschnitt deutlich länger verfügbar sein müssen und besserer Zugang zu ihrer Struktur und ihren Subsystemen benötigt wird, ist für diesen Qualifizierungsschritt der Überholungsbetrieb von Lufthansa Technik Budapest verantwortlich. In einem Intensivkurs mit vorteilhaftem Betreuungsschlüssel – ein Trainer kommt auf gerade einmal vier Auszubildende – erlangt das Personal der Marine hier die notwendigen Qualifikationen für komplexere Arbeitsschritte. Die Qualifizierung umfasst auch die später notwendigen Freigabeprozesse, beispielsweise für Reparaturen oder den Wechsel von wichtigen Komponenten und Subsystemen der Boeing 737NG.
Durch die mehrstufigen Trainingseinheiten von LHT beziehungsweise LTT auf der Boeing 737NG erwerben die Techniker der Marine bereits zahlreiche grundlegende Qualifikationen für den zukünftigen Umgang mit der P-8A Poseidon.
Ein zusätzliches P-8A-Differenztraining schult anschießend die musterspezifischen Bestandteile und stellt den letzten Ausbildungsschritt dar. In einer Pressemitteilung erläutert LHT: „In Zukunft wird das aktuelle Ausbildungskonstrukt über das Grundmuster Boeing 737NG für die initiale Befähigung der Marinesoldaten von einem reinen P-8A-Typentraining abgelöst, welches alle Schulungselemente an der Poseidon selbst vorsieht. Vor allem die praktisch orientierten Lehrgänge können dann am Fluggerät der Teilstreitkraft selbst absolviert werden.
Sascha Leitner, verantwortlich für den Bereich „Defense Programs“ bei Lufthansa Technik, äußert sich im Pressetext aus Hamburg über die Boeing 737 wie folgt: „Dieser Flugzeugtyp ist seit den 1960er-Jahren regelmäßiger Gast in unseren Hangars. Über die Jahrzehnte konnten wir so ein fast konkurrenzloses technisches Wissen über die Boeing 737 aufbauen, welches wir nun sehr gerne auch an das technische Marinepersonal weitergeben wollen.“
Conner Chavez, Leiter des Geschäftsbereichs „Government Services“ bei Boeing Global Services, wird in der Pressemitteilung wie folgt zitiert: „Wir sind dankbar für die kontinuierlichen Beiträge von Lufthansa Technik zur Unterstützung des deutschen P-8A-Programms. Diese Aktivitäten sind entscheidende Schritte in der Zusammenarbeit mit unserem deutschen Industrieteam für die P-8A Poseidon, um der Deutschen Marine die hochwertigen Fähigkeiten dieses Flugzeugs und eine entsprechende lokale Infrastruktur für die Instandhaltung zur Verfügung zu stellen.“
Fregattenkapitän Alexander von Schledorn, verantwortlich für die Ausbildung des technischen Personals der Marineflieger in Nordholz, erklärte: „Die frühzeitige Umschulung unseres Personals auf das Grundmuster Boeing 737NG ermöglicht es uns noch vor der Auslieferung der ersten P-8A, erste Erkenntnisse zu sammeln und Erfahrung aufzubauen. Mit dem Übergang von der P-3C Orion zur P-8A Poseidon machen wir einen riesigen technologischen Schritt. Unser Personal freut sich darauf, bald an der neuen P-8A arbeiten zu können.“
Der Konzern Lufthansa Technik/LHT ist einer der weltweit führenden Anbieter flugzeugtechnischer Dienstleistungen. Mehr als 23.000 Beschäftigte sind für den international zertifizierten Instandhaltungs-, Herstellungs- und Entwicklungsbetrieb an dutzenden Standorten rund um den Globus tätig. Das Angebot von LHT umfasst das gesamte Service-Spektrum für Verkehrs-, VIP- und Special-Mission-Flugzeuge. Dazu gehören die Wartung, Reparatur, Überholung und Modifikation sowohl von ganzen Flugzeugen als auch von ihren Triebwerken, Komponenten und Fahrwerken. Die LHT-Leistungspalette umfasst auch die Herstellung von innovativen Kabinenprodukten sowie die digitale Flottenbetreuung.
Ihre strategische Entscheidung, sich am Markt stärker für die Instandhaltung von militärischem Fluggerät engagieren zu wollen, unterstreicht die Lufthansa Technik seit 2023 mit der Marke „Lufthansa Technik Defense“. Lufthansa Technik Defense bündelt alle Aktivitäten im Verteidigungsgeschäft für die Bundeswehr und für NATO-Partner. In zahlreichen Modernisierungs- und Beschaffungsprogrammen für die deutschen Luft- und Seestreitkräfte ist LHT bereits Teil der Industrieteams, so zum Beispiel beim Seefernaufklärer P-8A Poseidon oder beim Schweren Transporthubschrauber CH-47 Chinook. Darüber hinaus hat Lufthansa Technik Defense gemeinsam mit Lockheed Martin, Rheinmetall und ESG ein Memorandum of Understanding (MoU) für die technische Betreuung der zukünftigen deutschen Flotte von F-35-Kampfflugzeugen unterzeichnet.
Besuchen Sie uns auf https://twitter.com/bw_journal
Unsere Aufnahmen 1. bis 3. entstanden während verschiedener Ausbildungsabschnitte für das Marinetechnikpersonal am Grundmuster Boeing 737NG. Die Techniker der Teilstreitkraft sollen so auf die künftige Betreuung der deutschen P-8A Poseidon vorbereitet werden.
(Fotos: Lufthansa Technik AG)
Kleines Beitragsbild: P-8A Poseidon von Boeing mit deutschen Hoheitsabzeichen beziehungsweise Kennzeichnungen der Deutschen Marine.
(Bild: Boeing)