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Berlin. Nach dem aktuellen Sachstand einer Entscheidung „hinsichtlich der Ausrüstung der für die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschafften Luftfahrzeuge des Typs A350-900 mit einem Selbstschutzsystem (Large Aircraft Intared Countermeasures, LAIRCM)“ erkundigte sich vor Kurzem der CDU-Bundestagsabgeordnete Ingo Gädechens. Ihm antwortete am 14. September der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Thomas Hitschler. Hitschler gab bekannt: „Die Entscheidung zum Thema ,Selbstschutz A350‘ befindet sich aktuell noch in der Ressortabstimmung – eine Entscheidung steht insofern noch aus.“ Jetzt, 13 Tage später, gibt es eine neue Lage …

Auf Empfehlung des Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, sollen die drei Airbus A350-Luftfahrzeuge der Flugbereitschaft BMVg „ab dem Jahr 2026 schrittweise“ mit einem Selbstschutzsystem – Directed Infrared Counter Measures, DIRCM – ausgestattet werden (die Frage ist, wie bis dahin die Fähigkeitslücke überbrückt wird). Bei den Maschinen handelt es sich um die „Konrad Adenauer“ (taktische Kennung „10+01“), die „Theodor Heuss“ („10+02“) und die „Kurt Schumacher“ („10+03“) – siehe dazu auch unseren Beitrag vom 17. März 2023. Mit dem DIRCM können Raketen abgewehrt werden.

Die drei Langstreckenflugzeuge sollen jetzt nacheinander im Rahmen ihrer ohnehin anfallenden Industrie-Instandhaltungen auf die Selbstschutz-Komponenten umgerüstet werden, um die Verfügbarkeit für den Flugbetrieb so hoch wie möglich zu halten. Die benötigten Haushaltsmittel wurden gemäß Maßgabebeschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages bereits am 10. April 2019 bewilligt.

Auch im internationalen Vergleich dann beim Eigenschutz auf Top-Niveau

Mit dieser Entscheidung stehen zukünftig auch für große Delegationen bei Flügen der Staatsführung, der Bundesregierung sowie für Personen aus dem politisch-parlamentarischen Raum geschützte Luftfahrzeuge zur Verfügung.

Die Nachrüstung komplettiert den geschützten Flottenmix der Deutschen Luftwaffe. Dazu das Ministerium: „Zusammen mit den Transportmaschinen Airbus A400M und Hercules C130J stehen dann für Flüge in Einsatz- und Bedrohungsgebiete bedarfsgerechte Transportlösungen für jeden Einsatzzweck zur Verfügung.“

Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte über die DIRCM-Nachrüstung: „Die Sicherheit unserer Passagiere und Besatzungen steht für mich an vorderster Stelle. Daher freue ich mich, dass unsere Langstreckenflotte den wichtigen Selbstschutz erhält. Eng abgestimmt mit der Luftwaffe werden unsere modernen Airbus A350 so ausgerüstet, dass sie auch im Bereich ,Sicherheit‘ den modernsten Stand haben werden.“ Für VIP-Flüge bedeute dies neben hoher Verlässlichkeit auch sehr hohen Schutz, verbesserte Flexibilität und ein breiteres Einsatzspektrum, so Pistorius. „Damit sind wir auch im internationalen Vergleich auf Top-Niveau.“

DIRCM-Qualifikation für die deutschen A400M im zweiten Quartal 2024 beendet

In der Vergangenheit wurden bereits A400M-Transporter der Deutschen Luftwaffe zusätzlich zur bereits existierenden Selbstschutzausrüstung mit dem laserbasierten DIRCM-System ausgerüstet (wir berichteten letztmalig am 19. Juni 2019).

Das Schutzsystem DIRCM – in Kooperation entwickelt von dem israelischen Hochtechnologieunternehmen Elbit Systems Ltd. (Haifa) und der Diehl Defence GmbH & Co.KG (Überlingen) – erkennt einen feindlichen Flugkörper, blendet dessen Suchkopf mithilfe eines Laserstrahls und lenkt ihn von seiner ursprünglichen Flugbahn ab. Die Sensoren sind an verschiedenen Stellen des Luftfahrzeuges angebracht und gewährleisten somit in Kombination mit dem Laser einen 360-Grad-Rundumschutz. Mit der Ausrüstung von 24 deutschen A400M ist neben Elbit und Diehl auch Airbus beauftragt.

Der Abschluss der DIRCM-Qualifikation bei den dafür vorgesehenen A400M-Maschinen soll jetzt im zweiten Quartal 2024 erfolgen, statt wie ursprünglich geplant im September 2023.

DIRCM-Service-Center von Elbit für die NATO Support and Procurement Agency

Zum Schluss noch ein Nachtrag: Am 24. Januar dieses Jahres hatte Elbit Systems die Unterzeichnung eines Fünfjahresvertrages mit der NATO Support and Procurement Agency (NSPA), die ihren Sitz in Capellen in Luxemburg hat, über eine Lieferung von DIRCM-Systemen für die multinationale MRTT-Flotte bekanntgegeben (MRTT = Multi-Role Tanker Transport). Der Vertrag umfasst die Einrichtung eines Service-Centers bei der NSPA für die Unterstützung und Logistik rund um das DIRCM-Selbstschutzsystem.

Die MRTT-Flotte – auch bekannt unter der Programmbezeichnung „Multinational Multi Role Tanker Transport-Flotte“/„Multinational Multi Role Tanker Transport Fleet“ (MMF) – wird koordiniert durch das Europäische Lufttransportkommando/European Air Transport Command (EATC) im niederländischen Eindhoven.

Markante Maschine der Tanker-Flotte ist der Airbus A330 MRTT, eine militärisch eingesetzte Version des zivilen Modells A330-200. Der A330 MRTT ist ein zweistrahliges Langstreckenflugzeug, das für den Lufttransport von Personal und Material und für die Luftbetankung konzipiert wurde.

Belgien, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Tschechien finanzieren gemeinsam die Beschaffung und den Betrieb von neun Airbus A330 MRTT. Vier der neun Flugzeuge werden ständig auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn stationiert sein (wir berichteten zuletzt über das Beschaffungsvorhaben am 25. September 2017 und am 4. Juli 2020).

Redaktioneller NACHBRENNER

Mit dem Selbstschutzsystem für die drei A350 der Flugbereitschaft befasste sich auch das Magazin WirtschaftsWoche. In einem jetzt am 28. September erschienenen Onlinebeitrag über den „neuen Selbstschutz der Regierungsflieger“ schrieb Max Biederbeck, Berlin-Korrespondent der Publikation: „Für [die Beschaffungsentscheidung] gibt es sogar (leicht vergiftetes) Lob aus der Opposition. Noch vor einigen Monaten habe [Minister] Pistorius ,die neuen Regierungsflieger komplett ohne Schutz‘ in die Welt schicken wollen, sagt der CDU-Verteidigungspolitiker Ingo Gädechens. ,Jetzt ist er zur Vernunft gekommen.‘ Hintergrund der Aussage ist, dass der Selbstschutz der Regierungsflieger vor einigen Jahren eigentlich schon einmal angedacht war, dann aber wieder aus den Finanzplanungen verschwand.“

Biederbeck berichtet ferner, in Berlin sei zu hören, dass zumindest die israelische Firma Elbit an dem Projekt beteiligt werden solle. Eine Stellungnahme von Diehl stehe noch aus. Über die Kosten äußert sich der Hauptstadt-Korrespondent der WirtschaftsWoche ebenfalls. Biederbeck: „Im ursprünglichen Plan für das System waren 2019 rund 229 Millionen Euro veranschlagt. Eine neue Machbarkeitsstudie aus dem Ministerium hat jetzt offenbar sogar geringere Kosten ergeben.“


Unsere Aufnahme zeigt den Airbus A350 „Konrad Adenauer“ (taktische Kennung „10+01“) am Himmel.
(Foto: Miriam Altfelder/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Die Langstreckenflugzeuge A350 der Flugbereitschaft BMVg sollen ab dem Jahr 2026 nacheinander mit Selbstschutzsystemen DIRCM ausgestattet werden. Das Foto zeigt die „Theodor Heuss“ mit der Kennung „10+02“.
(Bild: BAAINBw)


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