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Köln/Berlin/Potsdam. Auch „repräsentative Umfragen“ sind mit einer gewissen Portion Vorsicht zu genießen. So sagt eine aktuelle Erhebung des Markt- und Meinungsforschungsinstituts forsa für das „Trendbarometer“ von RTL/n-tv, dass das Vertrauen der Deutschen in die Bundeswehr stark gesunken ist. Im Vergleich zum Vorjahresergebnis setzen sieben Prozent der Befragten diesmal nicht auf die Streitkräfte, ein herber Vertrauensverlust. Haben sich hier die zahlreichen negativen Bundeswehr-Schlagzeilen des vergangenen Jahres nachhaltig auf die Platzierung der Truppe im Institutionen-Ranking von forsa ausgewirkt? Aber – und hier sind wir beim Thema „mit Vorsicht genießen“ – es gibt auch gegenteilige Ergebnisse. Eine Bevölkerungsbefragung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw), die im zweiten Quartal 2017 durchgeführt wurde, kommt zu einem völlig anderen Ergebnis. Die negativen Meldungen über die Bundeswehr hatten offenbar keinerlei Auswirkungen auf das Meinungsbild. Das ZMSBw konstatiert: „Veränderungen in der generell sehr positiven Haltung der Deutschen zu den Streitkräften im Vergleich zum Vorjahr sind nicht festzustellen.“

Wem die Deutschen trauen, wem sie ihr Vertrauen entzogen oder neu geschenkt haben und von wem sie sowieso nichts erwarten – das offenbart das alljährlich zum Jahreswechsel ermittelte Vertrauens-Ranking von forsa im Auftrag der Mediengruppe RTL. Befragt wurden 2307 Männer und Frauen, Zeitraum der Datenerhebung war der 15. bis 20. Dezember 2017.

Großes Vertrauen haben die Befragten demnach zu ihrer Polizei, den Universitäten, den Ärzten und ihrem eigenen Arbeitgeber. Deutliche Vertrauensverluste musste die Institution „Schule“ (minus 8 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2016), Bundeswehr (minus 7 Prozentpunkte), das Papstamt (minus 6 Prozentpunkte) sowie die Medien (Radio, Presse, TV je minus 4 Prozentpunkte) hinnehmen.

Ostdeutsche haben ein distanziertes Verhältnis zu fast allen Institutionen

Der Soziologe Manfred Güllner, Gründer und Geschäftsführer des forsa-Instituts, erläutert Teilergebnisse: „Im Vergleich zu den Ergebnissen des Institutionen-Rankings 2016 ist das Vertrauen zur Polizei und zu den Gewerkschaften größer geworden. Deutlich geringer ist nach den Diskussionen über die Autoindustrie, die Pleite von Air Berlin sowie den geplanten Stellenabbau bei Siemens das Vertrauen zu Unternehmen (minus 18 Prozentpunkte) und zu Managern (minus 7 Prozentpunkte) sowie zu den Arbeitgeberverbänden und zu den Versicherungen. Durch die islamistischen Terroranschläge ist auch das Vertrauen zum Islam (minus 16 Prozentpunkte) und zum Zentralrat der Muslime in Deutschland (minus 15 Prozentpunkte) deutlich gesunken.“

Ost- und Westdeutsche unterscheiden sich in ihrem Urteil über gesellschaftlich relevante Institutionen in Deutschland zum Teil erheblich. Bei fast allen Institutionen ist das Vertrauen der Ostdeutschen niedriger als das der Westdeutschen, bei 14 der 26 Institutionen sogar deutlich niedriger.

Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften

Die „Bevölkerungsbefragung 2017“ des ZMSBw zeigt wie schon in den Vorjahren eine große Unterstützung der Deutschen für die Bundeswehr. Die Ergebnisse machen unter anderem deutlich, dass der weit überwiegende Teil der Bürger eine positive Einstellung zu unseren Streitkräften hat. Die Truppe genießt der Studie zufolge auch weiterhin – quer durch alle sozialen Gruppen – ein hohes Ansehen und Vertrauen. Für die meisten Befragten ist die Bundeswehr ein selbstverständlicher Bestandteil von Staat und Gesellschaft.

Die Daten der aktuellen Befragung wurden im Zeitraum vom 31. Mai bis 2. Juli 2017 im Rahmen von computergestützten persönlichen Interviews (CAPI) durch das Meinungsforschungsinstitut Ipsos erhoben. Befragt wurden 2508 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren, die in Privathaushalten in Deutschland leben. Die ZMSBw-Studie wird seit 1996 regelmäßig realisiert und stellt damit die längste Zeitreihe sicherheits- und verteidigungspolitischer Umfragen in Deutschland dar.

Bundeswehr und ihre Angehörigen genießen hohes gesellschaftliches Ansehen

In dem am 24. Oktober vergangenen Jahres veröffentlichten 79 Seiten starken Ergebnispapier „Sicherheits- und verteidigungspolitisches Meinungsbild in der Bundesrepublik Deutschland“ (Bevölkerungsbefragung 2017) heißt es unter anderem: „Die Bundeswehr und ihre Soldaten genießen ein hohes gesellschaftliches Ansehen, die Bürger vertrauen ihnen und sie gelten als wichtig für Deutschland.“ Die Vorfälle in der Truppe und die darauf folgenden Negativschlagzeilen der letzten Monate sind in der vorliegenden Untersuchung nach Bewertung des Potsdamer Zentrums „ohne spürbare Auswirkungen auf das gesellschaftliche Standing der Bundeswehr“ geblieben. Wie in den Vorjahren stünden die meisten Bürger der Bundeswehr positiv gegenüber, 80 Prozent der Befragten hätten eine positive Einstellung gezeigt.

Die Leistungen der Bundeswehr im In- und Ausland werden von der Mehrzahl der Befragten positiv bewertet. Nur leicht positiver als im Vorjahr wird die Bewaffnung und Ausrüstung der Streitkräfte eingeschätzt – 33 Prozent bewerten diese positiv.

Mehrheit für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben

Herausstechend bei der „Bevölkerungsbefragung 2017“ ist auch, dass 69 Prozent der Befragten die Bundeswehr als „attraktiven Arbeitgeber für junge Menschen“ angesehen. Hier zeigen sich im Vergleich zum Vorjahr keine Veränderungen.

Die Entwicklung der Vorjahre, dass sich die Mehrheit der Deutschen für erhöhte Verteidigungsausgaben und die Aufstockung des Personalumfangs der Truppe ausspricht, setzt sich in den aktuellen Daten fort.

2017 spricht sich, wie bereits im Vorjahr, eine relative Mehrheit der Bürger (47 Prozent) für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben aus. 37 Prozent sind dafür, dass diese gleich bleiben sollten. Lediglich 9 Prozent befürworten eine Verringerung des Verteidigungsetats. Für die Ausgestaltung des zukünftigen Bundeswehr-Personalumfangs ergibt sich ein ähnliches Bild: 49 Prozent wünschen sich mehr Uniformträger, 37 Prozent sind mit dem gegenwärtigen Umfang einverstanden, für eine Verringerung des Personalumfangs sprechen sich 7 Prozent aus.

Große Zustimmung auch für Bundeswehreinsätze im Inneren

Einen weiteren Schwerpunkt der Umfrage stellt der Fragenkomplex „Vorstellungen von den Aufgabenbereichen der Bundeswehr“ dar. Nach Auffassung der Bevölkerung sollten unsere Streitkräfte durchaus verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Die größte Zustimmung erhalten die Aufgabenbereiche, die sich durch einen direkten Bezug zur Sicherheit Deutschlands beziehungsweise deutscher Staatsbürger auszeichnen oder dem Schutz und der Verteidigung von Bündnispartnern sowie der Terrorbekämpfung dienen.

Die Bevölkerung befürwortet allerdings auch mehrheitlich – wie bereits im Vorjahr – zahlreiche Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren. Am stärksten unterstützt werden Inlandseinsätze im Rahmen der Katastrophenhilfe (88 Prozent) und Überwachungsmissionen für den deutschen Luftraum und die deutsche Küste zur Verhinderung von Terroranschlägen (84 Prozent).

Übrigens: Was für die forsa-Erhebung zum „Trendbarometer“ von RTL/n-tv gilt, gilt auch für die „Bevölkerungsbefragung“ von Ipsos für das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr – die Ergebnisse sind keinesfalls universelle Wahrheiten mit Alleinstellungsmerkmal. Umfragen sind, so hat es einmal der bekannte österreichische Politikwissenschaftler Fritz Plasser empfohlen, stets „mit Vorsicht und dosiert zu genießen“ …


Unsere Grafik nennt die ersten 15 Institutionen des diesjährigen forsa-Rankings „Trendbarometer“ für die RTL-Mediengruppe. Die Bundeswehr belegt den zehnten Platz auf der „Vertrauens-Skala“. Das Hintergrundfoto entstand am 20. Juli 2017 auf dem Paradeplatz des Verteidigungsministeriums in Berlin. Rund 400 Rekruten legten hier an diesem Donnerstag ihr Feierliches Gelöbnis ab.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr; Infografik © mediakompakt 01.18)

Kleines Beitragsbild: Die Truppe im Blickpunkt der Öffentlichkeit – Besucher beim „Tag der Bundeswehr“ am 10. Juni 2017 im bayerischen Greding.
(Foto Sebastian Kelm/Bundeswehr)


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