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Dobbin-Linstow. „Wir benötigen mehr Schiffe und Boote, aber auch mehr Personal.“ Mit dieser plakativen Forderung von Vizeadmiral Andreas Krause, Inspekteur der deutschen Marine, endete am heutigen Donnerstag (10. Januar) im mecklenburg-vorpommerschen Dobbin-Linstow die diesjährige Historisch-Taktische Tagung der Teilstreitkraft, bekannt auch unter dem Kürzel „HiTaTa“. Ziel aller bisherigen 59. Tagungen war es, „gemeinsam einen Blick in die Vergangenheit zu richten und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen“ (so der Inspekteur). Krause erinnerte vor mehr als 600 Marineoffizieren und Gästen in Linstow daran, dass „25 Jahre des Schrumpfens“ sich nicht in wenigen Jahren kompensieren ließen. Er prognostizierte: „Die Herausforderung, unsere bestehenden Einsatzverpflichtungen mit den Erfordernissen einer Re-Fokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung in Einklang zu bringen, wird uns auf Jahre weiter fordern.“

Die 59. HiTaTa der Marine fand im Zeitraum 8. bis 10. Januar statt und stand unter dem Generalthema „See. Krieg. Führung.“ Insgesamt beleuchteten dabei neun Vorträge das operativ-seestrategische Denken deutscher Seestreitkräfte seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Gastgeber der Tagung war Vizeadmiral Rainer Brinkmann, Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte und zugleich Stellvertreter des Inspekteurs.

Materielle Einsatzbereitschaft und Nachwuchsgewinnung

Der Inspekteur nannte im Laufe seiner Abschlussrede die Prioritäten der deutschen Marine für das Jahr 2019. Dazu gehören zum einen die Fortsetzung bestehender deutscher Einsätze und einsatzgleichen Verpflichtungen bei gleichzeitiger Vertiefung der Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung. Schwerpunkte werden zum anderen auch die Durchführung des Manövers „Northern Coasts“ sowie die Zertifizierung der deutschen Anteile an der „Amphibious Task Group 2020“ der NATO sein.

Im Fokus stehen werden 2019 laut Krause außerdem die Umsetzung des Fähigkeitsprofils zur materiellen Erneuerung der Marine sowie die Weiterentwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft. Weiter intensiviert werden müssten zudem „die Anstrengungen der Marine“ zur Personalgewinnung und Personalbindung, so der Inspekteur. Insbesondere bei den technischen Verwendungsreihen im Bereich der Unteroffiziere, im fliegerischen Dienst sowie bei körperlich anspruchsvollen Dienstposten bestünde nach wie vor der größte Bedarf.

Indienststellung der „Baden-Württemberg“ und Korvetten-Bau

Eine aufschlussreiche Sachstandsbeschreibung und Vorausschau auf Rüstungsvorhaben lieferte Krause in Linstow schließlich unter dem Stichwort „Material der Teilstreitkraft“. Er rief dabei zunächst noch einmal in Erinnerung, dass unsere Marine aktuell nur über 46 Einheiten verfügt und damit die kleinste Flotte ihrer Geschichte ist. Der Vizeadmiral forderte: „Umso wichtiger ist es, dass wir die laufenden und geplanten Rüstungsprojekte weiter konsequent und mit vollem Einsatz verfolgen. Denn wir brauchen mehr Schiffe und Luftfahrzeuge, um parallel Landes- und Bündnisverteidigung sowie Internationales Krisenmanagement leisten zu können.“

Wesentliche Eckpunkte für das neue Jahr 2019 würden durch Zulauf, Baustart oder Vertragsschluss neuer Einheiten der Flotte bestimmt, so der Inspekteur. Er sei zuversichtlich, mit einer Indienststellung der „Baden-Württemberg“, Typschiff der neuen Fregatte 125, im ersten Halbjahr – möglicherweise im Mai – rechnen zu können. Zeitnah gefolgt von der Fregatte „Nordrhein-Westfalen“. Krause ergänzte: „Die anderen beiden Schiffe erwarte ich für 2020.“

Einen weiteren Meilenstein habe man im vergangenen Jahr mit der Namensgebung der fünf weiteren Korvetten erreicht, die mit den Namen „Köln“, „Emden“, „Karlsruhe“, „Augsburg“ und „Lübeck“ einer langen Tradition folgen werden. Der Stahlschnitt für das erste dieser fünf neuen Boote, die Korvette „Köln“, soll nach Aussage Krauses am 7. Februar erfolgen.

Auftragsvergabe für das Mehrzweckkampfschiff 180 wohl im Frühjahr

Beim Mehrzweckkampfschiff 180 (MKS 180) befinde sich „die Angebotsphase auf der Zielgeraden“, sagte Krause in Linstow. Mit der Bewilligung der ersten Haushaltsmittel Ende 2018 seien wichtige Weichen gestellt worden. Er rechne mit der Auftragsvergabe im Frühjahr und einer parlamentarischen Billigung im zweiten Halbjahr dieses Jahres. Der Inspekteur fügte hinzu: „Der Zulauf der ersten Einheit erfolgt dann voraussichtlich in der zweiten Hälfte der nächsten Dekade. Hier habe ich mich entschieden, dass wir eine zweijährige Verzögerung bis 2027 hinnehmen, um sicherstellen zu können, dass wir kein Schiff in Dienst stellen müssen, das nicht über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt.“

Krause verwies schließlich nach den Rüstungsprojekten „Fregatte F125“, „Zweites Baulos Korvette K130“ und „MKS 180“ noch auf die laufenden Planungen für weitere Unterseeboote, neue Betriebsstoffversorger, Minensucheinheiten und die Nachfolge der Tender.

Flotte soll bis 2031 um durchschnittlich eine Einheit pro Jahr verstärkt werden

Zum Bereich der fliegenden Waffensysteme der Marine führte der Inspekteur dann aus: „Auch hier sind wir auf dem richtigen Weg. Am 24. Oktober wird der erste „Sea Lion“ als Nachfolger unseres in die Jahre gekommenen Hubschraubers „Sea King“ auf dem Marinefliegerstützpunkt Nordholz landen. Leider sind wir bei den Planungen zur Nachfolge des „Sea Lynx“ – dem „Sea Tiger“ – noch nicht ins Geld gekommen, aber ich bin zuversichtlich, dass uns dies mit dem Eckwertebeschluss im Frühjahr 2019 gelingen wird.“

Der weitere Weg der materiellen Erneuerung der Marine über das Jahr 2019 hinaus, sei durch das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr vorgegeben, so der Inspekteur am Ende seiner Ausführungen. Es sei geplant, die Flotte bis 2031 um durchschnittlich eine Einheit pro Jahr zu verstärken. Krause erläuterte: „Dies würde bedeuten, dass wir am Anfang der übernächsten Dekade eine Flotte haben, die 30 Prozent größer ist als die heutige.“


Die Aufnahme zeigt Vizeadmiral Andreas Krause, den Inspekteur der Marine, bei seiner Rede am 10. Januar 2019 zum offiziellen Abschluss der 59. Historisch-Taktischen Tagung in Dobbin-Linstow.
(Foto: Steve Back/Presse- und Informationszentrum Marine/Deutsche Marine)


Kommentare

  1. Halldor Halldorsson | 3. Februar 2019 um 22:30 Uhr

    Die Flotte zum Wohle der Rüstungsindustrie (Aktionäre), der Gewerkschaften (Arbeitnehmer) und der damit verstrickten Politiker auf Kosten der desinteressierten Steuerzahler aufzurüsten, macht sicherlich für diesen Personenkreis Sinn. Ebenso hat die Organisation Marine Freude daran, neue Fahrzeuge einzuführen. Das Problem wird aber sein, genügend qualifizierte Frauen und Männer für die neuen Schiffe und Boote zu finden.

    Man kann es sicherlich so machen, wie andere NATO-Marinen, die analoge Probleme haben, und moderne Schiffe, die für den Betrieb mit reduzierten Besatzungen ausgelegt sind, einführen.
    Wohin dieses Konzept aber führt, zeigt uns der Untergang der norwegischen Fregatte KNM F313 „Helge Ingstad“ nach der NATO-Übung „Trident Juncture 2018“. Die Besatzung war personell im Nachtmarsch und nach der Kollision mit dem Öltanker „Sola TS“ völlig überfordert. Und das ohne gegnerische Einwirkungen!

    Jetzt kann daraus geschlossen werden, dass moderne Kriegsschiffe schiffbaulich geplante „Einwegdosen“ sind. Die wenigen Besatzungsangehörigen gehen konzeptionell geplant bei Problemen von Bord und werden anschließend auf ein Schwesterschiff kommandiert. Ob dann aber das zahlenmäßig geringe deutsche Flottenbauprogramm diesem Befund angepasst ist, kann bezweifelt werden.

    Dabei hätte ein solches Konzept durchaus seinen Reiz, gerade in Hinblick auf die eingangs erwähnten Interessengruppen.

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