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Washington D.C. (USA)/Osnabrück. Trotz zweier Amtsenthebungsverfahren, zahlreicher Anklagen und einer strafrechtlichen Verurteilung setzte sich Donald J. Trump in den Vorwahlen erneut als Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei durch und wurde schließlich im Juli 2024 auf dem Nominierungsevent seiner Partei zum alleinigen Kandidaten gekürt. Später gewann er dann – trotz (oder gerade wegen?) eines Attentatsversuchs – die Wahl gegen die Demokratin Kamala Harris. Trump sicherte sich den Wahlsieg durch den Gewinn mehrere „Swing States“, also Staaten mit wechselhafter Abstimmungsgeschichte. Am 20. Januar 2025 wurde Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits angekündigt, einen einschneidenden Politikwechsel im Weißen Haus vorzunehmen.

Für Aufsehen hatte im Vorfeld der Präsidentenwahl auch die von der Heritage Foundation ausgebrütete Agenda „Project 2025“ gesorgt. Das düstere Drehbuch des rechtskonservativen Thinktanks für die radikale Aushebelung des liberal-demokratischen Gemeinwesens sieht unter anderem einen radikalen Personalumbau in den Bundesbehörden und eine Zentralisierung der Macht im Weißen Haus vor. Ziel ist es, die von ultrarechten Kräften ausgemachte Schwächung republikanischer Politik durch eine vermeintliche Geheimregierung („Deep State“) zu verhindern, indem der neue Präsident so viel Kontrolle wie möglich über Personal und Strukturen bekommt.

Coup d’État in den Vereinigten Staaten hat offenbar bereits begonnen

Mittlerweile hat Trump mit seiner treuen Gefolgschaft – allen voran der südafrikanische Milliardär Elon Musk – die ersten Seiten von „Project 2025“ so erfolgreich abgearbeitet, dass viele Beobachter bereits von einem klassischen Coup d’État, einem Staatsstreich, sprechen.

Von „Project 2025“ hatte sich Trump zwar vor der Wahl öffentlich distanziert. Während des Wahlkampfs hatte der Republikaner jedoch mehrfach angedroht, politische Gegner verfolgen zu lassen. Das Justizministerium und die Geheimdienste – CIA und FBI etwa – wurden inzwischen mit Personen besetzt, die Trump gegenüber absolut loyal sind.

Verstörender Eklat im Oval Office vor den Augen der Welt

Weitere Negativschlagzeilen werden weltweit und fast täglich durch Trumps scheinbar selbstzerstörerischen Wirtschaftskurs (Stichwort „Zölle“) sowie seine offensichtliche Nähe zu, ja fast schon „Seelenverwandtschaft“ mit Russlands Diktator Wladimir Putin fabriziert.

Einer großen Nation wie den Vereinigten Staaten von Amerika absolut unwürdig war und ist zudem Trumps Verrat an der Ukraine, der am 28. Februar 2025 in der skandalösen Behandlung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gipfelte. Den beispiellosen Eklat im Oval Office, geschickt eröffnet durch Trumps „Rampensau“ und Vize J.D. Vance, wird ein Großteil der Weltöffentlichkeit nicht so schnell vergessen können.

Noch ist in den USA nichts zu hören von einem Wunsche Trumps, auch nach Ablauf der vier Amtsjahre weiterhin Herr im Weißen Haus bleiben zu können. Warten wir auch das noch ab! Putin zumindest hat es vorgemacht, wie absolute Machtergreifung geht. Möglicherweise reagiert aber bald die amerikanische Öffentlichkeit auf die Kleiderordnung ihres „Kaisers Donald“, denn der ist – wir erinnern uns an das Kunstmärchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen – völlig blank.

Der deutsche Politologe Herfried Münkler, vormals Professor der Berliner Humboldt-Universität, äußerte sich vor wenigen Tagen gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung über den 47. Präsidenten der USA. Und er hat einen Rat für die Europäer …


Herfried Münkler in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ): Münkler sagt voraus, dass die Geschichte über Präsident Donald Trump einmal ein schlechtes Urteil fällen wird. „Wenn seine Präsidentschaft zu Ende geht – ob in vier Jahren oder schon früher – wird er als extrem schwacher Präsident in die Geschichte eingehen“, prophezeit Münkler im Interview mit der NOZ. „Die USA werden durch sein Handeln sehr geschwächt.“

Herfried Münkler, der als einer der führenden deutschen Intellektuellen gilt und bis 2018 an der Berliner Humboldt-Universität lehrte, bescheinigt Trump vor allem mangelndes strategisches Geschick. „Trump denkt erkennbar opportunistisch und an Gelegenheiten orientiert. Er bedenkt nicht die langfristigen Folgen“, urteilt Münkler. Das hätten bereits die gescheiterten außenpolitischen Vorstöße seiner ersten Präsidentschaft gezeigt, etwa mit Blick auf Nordkorea oder Afghanistan, und das drohe sich nun, mit Blick auf die Ukraine, zu wiederholen. „Trump denkt ganz kurzsichtig, oft nur ein paar Stunden im Voraus“, so Münkler gegenüber der NOZ. „Von Strategie kann man bei ihm nicht reden.“

Für den Politologen besteht die Konsequenz darin, dass sich die Europäer in Fragen ihrer Sicherheit nur noch auf sich selbst verlassen können. „Die Europäer müssen sich auf eigene Füße stellen. Dazu bedarf es vielleicht keiner europäischen Armee, aber eines gemeinsamen Oberkommandierenden, der im Wechsel besetzt wird“, rät der Politologe. Das sei für Europa ein großer Schritt. „Wenn die Europäer diesen Schritt hinbekommen, dann werden sie auch noch viele andere Schritte schaffen“, macht Münkler Mut.


Randnotiz                                  

Die Neue Osnabrücker Zeitung, kurz NOZ, ist eine regionale Tageszeitung für das Gebiet um die Stadt Osnabrück, für das Emsland und weitere Regionen. Die verkaufte Auflage der Gesamtausgabe beträgt mehr als 119.000 Exemplare, ein Minus von 33,4 Prozent seit 1998. Die Auflage als publizistische Einheit beträgt rund 200.000 Exemplare. Das Blatt erscheint im Verlag Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG. Die NOZ entstand 1967 durch Fusion der beiden Osnabrücker Tageszeitungen Osnabrücker Tageblatt (Verlag Meinders & Elstermann) und Neue Tagespost (Druck- und Verlagshaus Fromm).

Herfried Münkler wurde am 15. August 1951 im hessischen Friedberg geboren. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte des Politikwissenschaftlers sind die Bereiche „Politische Theorie“ und „Ideengeschichte“. Münkler lehrte als Ordentlicher Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin und wurde unter anderem durch seine Forschungen zu Niccolò Machiavelli, einem italienischen Philosophen und Diplomaten, bekannt (Machiavelli propagierte die politische Theorie, nach der zur Erlangung oder Erhaltung politischer Macht jedes Mittel unabhängig von Recht und Moral erlaubt ist). Herfried Münkler wurde im Oktober 2018 emeritiert. Neben seiner Arbeit über Machiavelli gelten die Werke „Die neuen Kriege“ (2002) und „Imperien. Die Logik der Weltherrschaft – vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten“ (2005) als herausragend.


Hintergrund                           

Im Hinblick auf Trumps zweite Amtszeit sind bereits im Vorfeld der Vereidigung detaillierte Pläne für den Umbau der USA bekannt geworden. Das „Project 2025“ der US-Denkfabrik Heritage Foundation gilt als radikales Konzept mit großen Auswirkungen. Das ZDF stellte im November 2024 das mehr als 900 Seiten starke Konzept „Mandate for Leadership: The Conservative Promise“ („Mandat zur Führung: Das konservative Versprechen“) ausführlich vor.

So heißt es in dem ZDF-Beitrag unter anderem: „Vorgesehen ist [in dem Konzept „Project 2025“] ein radikaler Umbau des Regierungsapparats und die Bündelung der Macht in den Händen des Präsidenten der USA.“ Trump hatte sich von dem Konzept zwar vor der Wahl öffentlich mehrfach distanziert, doch ist dieses in zentralen Punkten deckungsgleich mit seinen politischen Positionen.

Die in Washington D.C. ansässige rechtskonservative Heritage Foundation hat „Mandate for Leadership: The Conservative Promise“ im April 2023 veröffentlicht. Die Verfasser fordern in ihrer Einleitung, dass „der durch die Linken angerichtete Schaden“ nun „durch eine strikt konservative Agenda“ behoben werden müsse. Um die USA „aus dem Griff der radikalen Linken zu befreien“, würden jetzt „die richtigen Leute“ gebraucht, die bereit seien, „diese Agenda vom ersten Tag der nächsten konservativen Regierung an umzusetzen“. Dafür legt „Project 2025“ einen 180-Tage-Plan vor. Der Chef der Heritage Foundation, Kevin Roberts, nennt den Plan revolutionär: „Wir sind dabei, die zweite Amerikanische Revolution zu erleben, die unblutig bleiben wird, wenn die Linke dies zulässt“, so Roberts im Juli 2024.

Mit dem Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten [Trump] soll laut „Project 2025“ der Umbau der US-Exekutive beginnen. Das Ziel dabei sei eine drastische Zentralisierung der Regierungspolitik, bei der das Weiße Haus eine straffe Kontrolle über alle Bundesbehörden einschließlich des Justizministeriums erhalten würde. Die Ministerien für Bildung und Heimatschutz sollen abgeschafft werden, die Bundespolizei FBI (nach „Project 2025“-Einschätzung „eine zunehmend gesetzlose Organisation“) soll von Grund auf erneuert werden.

Weiter schreibt das ZDF: „Vorgesehen ist zudem „ein radikaler Personalaustausch in den Bundesbehörden, bei dem Tausende Mitarbeiter durch eine rechtskonservative Gefolgschaft ersetzt werden sollen. Potenzielle Anwärter auf die Jobs im Regierungsapparat wurden bereits auf ihre Gesinnung hin überprüft. Dieser Schritt richtet sich gegen den von den ultrarechten Kräften ausgemachten ,Staat im Staate‘, den ,Deep State‘, der sich [nach Überzeugung der Herausgeber des Konzepts] in der ersten Amtszeit Trumps gegen dessen radikale Vorhaben zur Wehr gesetzt hatte.“

„Project 2025“ sieht bei zahlreichen Themen die Durchsetzung einer ultrakonservativen Agenda vor. Dazu zählt eine rigorose Migrationspolitik mit Massenabschiebungen sowie der Fertigstellung des von Trump in dessen erster Amtszeit begonnenen Baus einer durchgängigen Mauer an der Grenze zu Mexiko.

Ferner soll das Abtreibungsrecht weiter verschärft werden. In der Umweltpolitik sollen Programme für saubere Energien beerdigt, Emissionsbeschränkungen gekippt und die Ausbeutung fossiler Energien wieder kräftig unterstützt werden.

Trump selbst hatte sich mehrfach von den Plänen distanziert, zuletzt bei dem TV-Duell am 10. September 2024, in dem er versicherte: „Ich habe nichts mit dem ,Project 2025‘ zu tun. Ich habe es nicht gelesen und ich werde es nicht lesen.“ Wer’s glaubt – die Forderungen der Heritage Foundation sind Trump wie auf den Leib geschrieben …

Gleichwohl sind die in der Publikation offengelegten politischen Pläne in zentralen Punkten identisch mit Trumps Vorhaben. Dieser hat bereits den Hightech-Milliardär Elon Musk mit der straffen Neuorganisation der Bundesbehörden und der Entlassung von Mitarbeitern beauftragen – DOGE (Department of Government Efficiency), so dazu der inzwischen bei vielen Amerikanern verhasste Reizbegriff.

Nach Recherchen des US-Senders CNN waren mindestens 140 Ex-Mitarbeiter der früheren Trump-Regierung an der Ausarbeitung von „Project 2025“ beteiligt. Kritiker sehen in der Publikation eine Blaupause für einen Abbau der Demokratie in den Vereinigten Staaten und die Etablierung einer rechtsautoritären Herrschaft. Der Verfassungsrechtler Erwin Chemerinsky von der University of California in Berkeley bezeichnete die Pläne als „zutiefst beängstigend“ – sie beschrieben „eine Bewegung hin zu einer autoritären Regierung“. Trumps Amtsvorgänger Joe Biden bezeichnete „Project 2025“ als „den größten Angriff auf unser Regierungssystem und unsere persönliche Freiheit, der jemals in der Geschichte dieses Landes vorschlagen worden ist“.

Die Veröffentlichung „Mandate for Leadership: The Conservative Promise” – „The 2025 Presidential Transition Project“ der Heritage Foundation vom April 2023 haben wir für Sie in unserem Servicebereich „bundeswehr-journal (Bibliothek)“ beim Dienstleister Yumpu-Publishing eingestellt. Sie können dort den Inhalt ansehen und ausdrucken oder das Konzept downloaden. Über die ESC-Taste in Yumpu kommen Sie hierhin zurück. Zu „Project 2025“:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.yumpu.com zu laden.

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Zu unserem Bildmaterial:
1. Symbolbild „Presselandschaft“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: Michael Gaida/freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)

2. Donald Trump am 22. Februar 2025 als Hauptredner bei der Conservative Political Action Conference (CPAC) im Gaylord National Resort & Convention Center in Oxon Hill, Maryland. Wes Geistes Kind der US-Präsident ist, wird bereits zu Beginn seiner CPAC-Rede deutlich. Trump sagte unter anderem: „[Wir werden] die Betrüger, Lügner, Globalisten und Bürokraten des Tiefen Staates zum Teufel jagen. Die illegalen ausländischen Kriminellen werden nach Hause geschickt. Wir legen den Sumpf trocken und stellen die Regierung durch das Volk und für das Volk wieder her. [Denn] jahrelang wurde Washington von einer finsteren Gruppe von linksradikalen Marxisten, Kriegstreibern und korrupten Sonderinteressen kontrolliert, die unseren Reichtum ausbeuteten, unsere Freiheiten angriffen, unsere Grenzen auslöschten und unser Land aussaugten.“ (Im Original: „The fraudsters, liars, cheaters, globalists and deep state bureaucrats are being sent packing. The illegal alien criminals are being sent home. We’re draining the swamp and we’re restoring government by the people, for the people. For years, Washington was controlled by a sinister group of radical left Marxists, warmongers and corrupt special interests who drained our wealth, attacked our liberties, obliterated our borders, and sucked our country dry.“)
(Bild: White House)

3. Cover der Heritage-Foundation-Publikation „Mandate for Leadership: The Conservative Promise”, bekannt auch unter dem Titel „The 2025 Presidential Transition Project“ („Project 2025“).
(Bild: The Heritage Foundation)

4. Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler, fotografiert im März 2009 bei der Leipziger Buchmesse.
(Foto: Amrei-Marie/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 3.0 de –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)

Kleines Beitragsbild: Symboldarstellung „Zeitungen“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: kalhh/freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich; grafische Bearbeitung mediakompakt)


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