München/Berlin. Vom 14. bis 16. Februar 2025 war die 61. Münchner Sicherheitskonferenz (Munich Security Conference, kurz MSC) das Zentrum der internationalen Diplomatie. Etwa 50 Staats- und Regierungschefs sowie rund 150 Minister aus aller Welt nahmen teil. Ein besonderer Fokus der MSC 2025 lag auf der Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance. Dieser prangerte unter anderem die seiner Meinung nach „gefährdete Meinungsfreiheit und Zensur in Europa“ an, kritisierte dabei unverhohlen den deutschen Wahlkampf und sympathisierte offen mit der AfD. Deutsche Politiker zeigten sich in München darüber empört. Michael Hesse, Leiter des Ressorts „Feuilleton“ der Frankfurter Rundschau, schrieb in seinem Kommentar nach Ende der Veranstaltung: „Es wurde klar, dass die Welt den Verstand verloren hat, als J.D. Vance auf der Sicherheitskonferenz auftrat.“ Und: „Man kann jeden erdenklichen Unsinn erzählen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Irre sein ist das neue Normal.“ Zum erschütternden Befund gehört auch der immer offensichtlicher werdende Rückzug der Trump-Administration aus der gemeinsamen, der transatlantischen Sicherheitspolitik.
Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) reagierten am heutigen Donnerstag (20. Februar) mit einer gemeinsamen Erklärung auf die sicherheitspolitische Weichenstellung von München.
BDSV und BDLI argumentieren: „Die Münchner Sicherheitskonferenz hat eindrucksvoll aufgezeigt, dass Europa in der transatlantischen Lastenteilung mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen muss. Dazu braucht es höhere Verteidigungsbudgets sowie den politischen Willen zu Selbstbehauptung und Souveränität. Vor allem muss eine industriepolitische Agenda im Bereich der Rüstungspolitik auf den Weg gebracht werden, die Aufträge an heimische Unternehmen in den Fokus stellt: Buy European.“ Beide Verbände fordern konsequente Investitionen in die Produktion von Gütern der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
In einem Schreiben sprechen sich die Präsidenten der beiden führenden Industrieverbände Armin Papperger (BDSV) und Michael Schöllhorn (BDLI) für einen stärkeren Fokus auf die heimischen Unternehmen aus. Papperger und Schöllhorn raten den politischen Entscheidern: „Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie kann steigende staatliche Investitionen und Aufträge unverzüglich umsetzen und Deutschlands Sicherheitsorganen die dringend benötigte Ausrüstung zur Verfügung stellen – mit allen Vorteilen heimischer Wertschöpfung. Vom Einkauf kompletter Systeme bei ausländischen, außereuropäischen Anbietern ist daher abzuraten, denn er macht Deutschland strategisch abhängig.“
Der Brief ist an den Bundeskanzler, die Bundesminister für Wirtschaft- und Klimaschutz sowie für Verteidigung und an die Vorsitzenden von Partei und Bundestagsfraktion der CDU/CSU, SPD, B90/Die Grünen und FDP adressiert.
Die beiden Branchenverbände betonen, dass von jedem in Deutschland investierten Euro ein erheblicher Prozentsatz wieder zurückfließe und fordern vor diesem Hintergrund:
– die Sicherstellung der technologischen Souveränität durch die gezielte Förderung nationaler Schlüsseltechnologien;
– die vorrangige Beschaffung von in Deutschland entwickelten und gefertigten Produkten, um die Abhängigkeiten von externen Lieferketten zu minimieren und die industrielle Wertschöpfung im eigenen Land zu stärken;
– klar umrissene Beauftragungen an [die heimische] Industrie;
– Verbesserung der Randbedingungen für eine generelle Rüstungsbeschleunigung;
– Einrichtung einer Bundesagentur zur Rüstungsexportunterstützung.
In diesem Zusammenhang – so abschließend der Hinweis von BDSV und BDLI – stelle auch die aktuelle Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel; das IfW Kiel versteht sich als das Forschungsinstitut für Globalisierungsfragen in Deutschland) klar, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) jährlich um 0,9 bis 1,5 Prozent steige, wenn es zu einer Erhöhung des Verteidigungsetats auf 3,5 Prozent des BIP „bei konsequent europäischer Beschaffung“ komme.
Der in Berlin ansässig Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) vertritt die Interessen von über 260 Unternehmen auf nationaler und internationaler Ebene gegenüber Entscheidungsträgern in Politik und Administration sowie der Öffentlichkeit. Die BDSV-Mitgliedsunternehmen verstehen sich – so eine Selbstdarstellung – „in erster Linie als hochqualifizierte Ausrüster und Partner der Bundeswehr sowie der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben der Bundesrepublik Deutschland“. Die Mitgliedsunternehmen seien somit „ein unverzichtbarer Bestandteil deutscher Sicherheitsinteressen“ und dienten unmittelbar „der Sicherheit und Freiheit […] der Bürger“.
Der ebenfalls in Berlin beheimatete Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) vertritt die Interessen seiner mehr als 260 Mitgliedsunternehmen, die rund 46 Milliarden Euro Jahresumsatz erwirtschaften und 115.000 Menschen direkt beschäftigen (Stand 2023). Der BDLI ist Mitglied des europäischen Dachverbandes AeroSpace and Defence Industries Association of Europe (ASD) sowie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Der Verband ist Markeninhaber und Co-Veranstalter der ILA Berlin, einer der weltweit führenden Luft- und Raumfahrtaustellungen.
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Zum Bildmaterial dieses Beitrages:
1. US-Vizepräsident J.D. Vance bei seiner Rede anlässlich der MSC 2025. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte Teile der Ausführungen des US-Politikers später als „nicht akzeptabel“ bezeichnet.
(Foto: Philipp Guelland/für MSC)
2. Logos der beiden Industrieverbände BDSV und BDLI.
(Bildmaterial: BDSV und BDLI; Bildmontage: mediakompakt)
Kleines Beitragsbild: Schriftzug der MSC; die Aufnahme entstand bei einer früheren Konferenz.
(Bild: nr)