menu +

Nachrichten



Berlin. Sören Pellmann, Bundestagsabgeordneter der Gruppe Die Linke, erkundigte sich vor Kurzem bei der Bundesregierung nach der Anzahl der noch von der Bundeswehr genutzten früheren Kreiswehrersatzamtsgebäude. Im Sommer vergangenen Jahres hatte der Parlamentarier (Wahlkreis Leipzig II, Sachsen) zudem in einer Schriftlichen Frage die Bundesregierung um Auskunft darüber gebeten, wie viele Reservisten bisher ihre Einwilligung für eine Einberufung zum Wehrdienst zurückgezogen haben.

Zum Thema „Reservisten“ hatte Pellmann erfahren, dass in den Jahren 2019 bis einschließlich 2024 insgesamt 679 Einwilligungen für eine Einberufung zur Bundeswehr zurückgezogen worden sind. Laut einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Verteidigung Thomas Hitschler wurden in den einzelnen Jahren folgende Fallzahlen registriert:
2019: 77 Widerrufe
2020: 93
2021: 105
2022: 148
2023: 148
2024: 108

Regierungsentwurf zur Einführung eines neuen Wehrdienstes

Am 8. November vergangenen Jahres hat die damalige Ampelregierung den Entwurf eines „Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“ auf den Weg gebracht (am 15. Januar 2025 als Bundestagsdrucksache 20/14512 dem Parlament zugeleitet, bis jetzt noch nicht beraten).

In ihrer Einleitung „Problem und Ziel“ schreibt die Bundesregierung: „Angesichts der massiven Verschärfung der Bedrohungslage in Europa infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird die Bundeswehr noch konsequenter auf die Bündnis- und Landesverteidigung ausgerichtet. Deutschland muss deshalb seine Fähigkeiten zur Verteidigung nachhaltig verbessern.“ Das Kabinett habe deshalb einen Gesetzentwurf beschlossen, um die Vorschriften für den Wehrersatz zu modernisieren, erklärt die Regierung weiter. Man wolle nun einen neuen freiwilligen Wehrdienst von 6 bis 23 Monaten einführen, der an die Stelle des bisherigen freiwilligen Wehrdienstes treten solle.

Mit der Einführung dieses neuen Wehrdienstes will der Gesetzgeber mittelfristig die Zahl der männlichen und weiblichen Reservisten erhöhen.

Strukturen der Wehrerfassung nicht mehr vorhanden

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 sind auch die Strukturen der Wehrerfassung weggefallen. Deshalb gibt es heute kein umfassendes Lagebild mehr hinsichtlich der Geburtsjahrgänge, die für einen möglichen Wehrdienst in Frage kommen.

In ihrem Gesetzentwurf hat die Bundesregierung deshalb auch beschlossen: „Vorgesehen ist, dass nur diejenigen Wehrpflichtigen erfasst werden, die nach dem 31. Dezember 2006 geboren wurden. In den nächsten Jahren werden weitere Geburtsjahrgänge betrachtet, die für den neuen Wehrdienst infrage kommen, beginnend mit dem Geburtsjahrgang 2007. Um das Reservepotenzial bereits gedienter Personen zu erfassen, ist auch die Reaktivierung der Wehrüberwachung für ältere Jahrgänge erforderlich.“

Innerhalb der Wehrerfassung erfolge nun „eine verpflichtende Befragung der 18-jährigen Männer über Bereitschaft und Fähigkeit zur Wehrdienstleistung sowie zu ihren Bildungsabschlüssen und sonstigen Qualifikationen“, so die Regierung zum vorgeschlagenen Prozedere. Und: „Darüber hinaus können Frauen und andere Geschlechter freiwillig am Online-Fragebogen teilnehmen und ihre Bereitschaft [für den neuen Wehrdienst] signalisieren.“

21 Liegenschaften werden auch weiterhin von der Bundeswehr genutzt

Kehren wir zurück zu Sören Pellmann von den Linken. Er hatte sich in einer Schriftlichen Frage – wie eingangs bereits dargelegt – auch nach der Zahl der aktuell noch genutzten Kreiswehrersatzamtsgebäude in Deutschland erkundigt. Der Abgeordnete wollte wissen: „Wie viele der seit 2011 geschlossenen Kreiswehrersatzämter sind noch im Besitz des Bundes oder – nach Kenntnis der Bundesregierung – der Länder, und wie viele davon sind ungenutzt beziehungsweise stehen leer?“

Pellmann erhielt Antwort am 2. April dieses Jahres, ebenfalls von Staatssekretär Hitschler. Dieser teilte mit: „Aktuell werden 21 Liegenschaften, in denen sich ehemals Kreiswehrersatzämter befunden haben, durch die Bundeswehr weiterhin aktiv genutzt. Ungenutzte Liegenschaften im Sinne der Fragestellung wurden im Rahmen der vom damaligen Bundesminister der Verteidigung Thomas de Maizière [Amtsdauer 3. März 2011 bis zum 17. Dezember 2013] beschlossenen Bundeswehrstrukturreform an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zur Verwertung hinsichtlich ihres gesetzlichen Auftrags zurückgegeben.“

Beratung und Prüfung von Bewerbern jetzt unter einem Dach

Von 1957 bis 2010 wurden mehr als 20 Millionen junge Männer (und später auch Frauen) in den Kreiswehrersatzämtern der Bundeswehr auf Tauglichkeit geprüft. Am 30. November 2012 wurden die Ämter formal aufgelöst. An ihre Stelle treten 16 Karrierecenter und 110 Karriereberatungsbüros der Streitkräfte.

Die Kreiswehrersatzämter, die nicht als Karrierecenter weitergeführt wurden, wurden zunächst als Außenstellen von Karrierecentern betrieben. Die Außenstellen führten nur noch Aufgaben aus den Bereichen „Reservisten“ und „Dienstleistungsüberwachung“ durch. Im zweiten Halbjahr 2013 wurden die Außenstellen endgültig geschlossen.

Mit ihren 16 Karrierecentern präsentierte sich die Bundeswehr erstmals als ein Arbeitgeber für alle Bewerber. Zuvor hatten sich die Kreiswehrersatzämter um die Wehrpflichtigen gekümmert, die Zentren für Nachwuchsgewinnung um die Bewerber für die Zeitsoldaten-Laufbahn und die zivile Wehrverwaltung um Interessenten für zivile Laufbahnen. Jetzt werden Bewerber für militärische und zivile Laufbahnen unter einem Dach beraten und geprüft.


Besuchen Sie uns auf https://twitter.com/bw_journal


Zu unserem Bildmaterial:
1. Hinweisschild am Zaun des früheren Leipziger Kreiswehrersatzamtes – Aufnahme vom Juli 2011.
(Foto: LIU/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 3.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

2. Das Hintergrundbild unserer Grafik zeigt Angehörige der Heimatschutzkompanie „Schwäbische Alb“ am 24. Februar 2024 auf der Standortschießanlage Heuberg in Stetten am kalten Markt. Die Heimatschutzkompanie ist größtenteils mit Reservisten besetzt.
(Foto: Anne Weinrich/Bundeswehr; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 04.25)

Kleines Beitragsbild: Früheres Hinweisschild vor dem damaligen Kreiswehrersatzamt Traunstein.
(Bild: nr)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN