Taufkirchen/Oberkochen/Ismaning. Hensoldt ist ein führender Lösungsanbieter für Sensortechnologien in den Bereichen „Verteidigung“ und „Sicherheit“, der plattformunabhängige, vernetzte Sensoren für Militär und Sicherheitsbehörden entwickelt. Avilus ist Hersteller und zertifizierter Betreiber einer neuen Klasse unbemannter Flugsysteme mit Abfluggewichten bis zu einer Tonne. Beide Unternehmen haben jetzt ihre strategisch-technologische Partnerschaft bekanntgegeben. Ziel der Zusammenarbeit soll künftig laut einer Hensoldt-Presseerklärung „die gemeinsame Entwicklung und Vermarktung hochmoderner Sensor- und ISR-Systeme, die auf bewährte Technologien und agile Produktionskapazitäten ,Made in Germany‘ setzen“, sein.
Wie Hensoldt weiter ausführt, soll die Kooperation mit Avilus „Deutschlands souveräne Kompetenz [bei unbemannten Systemen] mit hochmodernen Sensor- und ISR-Lösungen“ stärken. Hensoldt will in das gemeinsame Vorhaben das elektro-optische System „ARGOS“, AMPS-M, das X-Band-Radar „PrecISR“ sowie das Missionsbetriebssystem „MissMarvin“ in die Partnerschaft einbringen.
Das elektro-optische System „ARGOS“ ermöglicht dank multispektraler Sensorik und KI-gestützter Echtzeitverarbeitung die Detektion, Klassifikation und Nachverfolgung von Objekten. Es kombiniert HD-Wärmebild-, Farb-/Low-Light-, SWIR- und Weitwinkelkameras zur umfassenden Lageerfassung – alle Sensoren sind gleichzeitig verfügbar und über ein hochpräzises 4-Achsen-Gimbal (Anm.: Kamera-Stabilisator) steuerbar.
AMPS-M (Anm.: AMPS = Airborne Missile Protection System) kombiniert ein selbstschützendes System mit bis zu 16 intelligenten Täuschkörperwerfern und integriert verschiedene Warnsensoren sowie Schutzmaßnahmen gegen Raketen-, Laser- und Radar-Bedrohungen. Die Plattform profitiert von der hohen Modularität, minimalem Wartungsaufwand und mehr als 700 weltweit im Einsatz befindlichen Systemen mit tausenden Flugstunden – erprobt in Kooperation mit NATO-Partnern.
„PrecISR“ (Anm.: ISR = Intelligence, Surveillance, Reconnaissance/Nachrichtenwesen, Überwachung, Aufklärung), ein softwaredefiniertes X-Band-Radar mit aktiver elektronischer Strahlschwenkung AESA (Anm.: AESA = Active Electronically Scanning Array), erkennt und verfolgt wetterunabhängig sowie in großer Entfernung mehr als 1000 Boden-, See- und Luftzielobjekte gleichzeitig. Das System ist leicht integrierbar, ITAR-frei und durch seine Skalierbarkeit für unterschiedlichste Plattformen geeignet (Anm.: ITAR-frei meint, dass hier keine Exportkontrollbestimmungen der „International Traffic in Arms-Regulations“ greifen).
Christina Canitz, Leiterin des Bereichs „Optronics“ bei Hensoldt, äußerte sich über die strategische Entscheidung der beiden Firmen zur Zusammenarbeit wie folgt: „Mit Avilus haben wir einen Spezialisten [für Drohnen] an unserer Seite, der unsere hochmodernen Sensorlösungen optimal zur Wirkung bringt. Gemeinsam setzen wir auf technologische Souveränität und kurze Wege von der Entwicklung bis zur Einsatzreife – für eine leistungsfähige und resiliente Kompetenz [unbemannter Drohnensysteme] in Deutschland.“
Avilus-Geschäftsführer Ernst Rittinghaus, der gemeinsam mit Doktoranden des Lehrstuhls für Flugsystemdynamik der Technischen Universität München (TU München) gegründet hat, ergänzte: „Avilus schließt mit robusten, unbemannten Flugsystemen gezielt Fähigkeitslücken im Verwundetentransport sowie in Logistik und Aufklärung. Im Fokus stehen Einsatznähe, Zuverlässigkeit und schnelle Verfügbarkeit. Durch die enge Zusammenarbeit mit Hensoldt verbinden wir unsere Plattformen mit modernster Sensorik und schaffen so unmittelbaren Mehrwert für Kräfte im Einsatz.“
Mit der bereits erteilten Zulassung des Braunschweiger Luftfahrt-Bundesamtes für zivile Flüge und dem Betriebsmodell „company owned, company operated“ adressieren die Partner Avilus und Hensoldt für die Zukunft vielfältige Einsatzszenarien – vom Katastrophenschutz über die Überwachung kritischer Infrastrukturen bis hin zur nationalen Grenzsicherung.
Die Kooperation mit Avilus ist Teil der Hensoldt-Strategie, durch gezielte Partnerschaften innovative Lösungen im Sinne der „Software Defined Defence“ zu schaffen. Gemeinsames Ziel ist es, national wie international neue Maßstäbe für ISR-Fähigkeiten in der unbemannten Luftfahrt zu setzen.
Avilus selbst hatte erst im April dieses Jahres bei der „AERO Friedrichshafen“, der globalen Plattform für alle Bereiche der allgemeinen Luftfahrt, eine Allianz mit Breezer Aircraft geschlossen. Breezer Aircraft ist ein Flugzeughersteller im nordfriesischen Bredstedt – dort entstehen in Präzisionsarbeit individuelle Ultraleicht- und LSA-Flugzeuge (Anm.: LSA = Light Sports Aircraft/einmotorige Leichtflugzeuge mit einem maximalen Abfluggewicht von 600 Kilogramm). Der erste Breezer wurde 1999 gebaut; heute arbeitet ein rund 25-köpfiges Team aus Ingenieuren, Mechanikern und Technikern an der stetigen Weiterentwicklung des – so der Hersteller – „designstarken Breezers“.
Mit der neuen Avilus-Drohnenklasse wird eine technologische Lücke zwischen kleinen UAVs mit begrenzter Reichweite und Nutzlast auf der einen Seite und bemannten Fluggeräten beziehungsweise musterzugelassenen Großdrohnen auf der anderen Seite geschlossen.
Zum Portfolio zählen der vollelektrische Multicopter mit der Bezeichnung „Grille“ (für Evakuierungseinsätze bis etwa 50 Kilometer), der vielseitige Drehflügler mit Verbrennungsmotor „Wespe“ (für Transport und Unterstützung bis gut 300 Kilometer) sowie der Starrflügler „Bussard“ (bis zu 2500 Kilometer Reichweite, 14 Stunden Flugzeit und 150 Kilogramm Nutzlast für strategische Langstreckenaufklärung und Einsätze in der Tiefe).
Avilus-Mitgründer Ernst Rittinghaus war zuvor Mitglied der Geschäftsführung des Rettungsfahrzeug-Herstellers Binz Ambulance- und Umwelttechnik. Die Suche nach einem Entwicklerteam für eine Rettungsdrohne brachte ihn später dann mit der TU München zusammen. Mittlerweile konnte seine „Grille“ auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 61 (WTD 61) in Manching getestet werden. Den Bedarf der Bundeswehr an Rettungsdrohnen schätzen Rittinghaus und die Wissenschaftler von der TU München auf etwa 250 Systeme.
Zum Schluss noch ein kleiner Abstecher zur Begrifflichkeit. Wenn das Unternehmen Hensoldt in seinem Pressetext von „UAV“ spricht, so ist damit die englischsprachige Bezeichnung „Unmanned Aerial Vehicle“ (unbemanntes Luftfahrzeug) gemeint. Die Deutsche Luftwaffe benutzt bereits seit Jahren den Begriff „UAV“ kaum noch, da er in seiner ursprünglichen Bandbreite vieles meinen kann: beispielsweise einen Fesselballon zur Aufklärung, eine Drohne, oder die Satellitenaufklärung.
Die Bezeichnung „UAV“ definiere auch nicht, so die Luftwaffe in einer internen Anweisung für den Sprachgebrauch, dass es sich im Falle von unbemannten Luftfahrzeugen in der Regel um ein Gesamtsystem handele: Fluggerät, Bodenstation, Kommunikationslinks plus notwendiges Fachpersonal. Das Gesamtsystem wird demnach seit der Abkehr vom „UAV“-Begriff mit „UAS“ (Unmanned Aircraft System/unbemanntes Luftfahrtsystem) bezeichnet. Ist lediglich ein unbemanntes, ferngesteuertes Luftfahrzeug gemeint, dann ist die Rede von einem „RPA“ oder „RPAS“ (Remotely Piloted Aircraft, Remotely Piloted Aircraft System).
Die Aufnahme zeigt das autonom fliegende Ultraleichtflugzeug „Bussard“ von Breezer Aircraft/Avilus, das mit modernen Sensor- und ISR-Lösungen von Hensoldt ausgerüstet werden soll.
(Bild: Avilus)
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Weitere Informationen: https://www.mcd-elektronik.de/fileadmin/assets/downloads/pdf/application-notes/2025_applicationnote-signalanalysis-smart-cables-en_mcd.pdf
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