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Koblenz/München. Das Koblenzer Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat das Unternehmen KNDS Deutschland GmbH & Co. KG, nach eigener Darstellung „Marktführer für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge“, mit der Modernisierung des Spähwagens Fennek beauftragt. Das Hauptwaffensystem der Aufklärungstruppe des Deutschen Heeres soll eine an den neusten Stand der Technik angepasste „Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung III“ (BAA III) erhalten.

Die Bundeswehr nutzt den Fennek seit 2003; er wird für die fahrzeuggebundene Spähaufklärung eingesetzt. Der zuständige Projektleiter im BAAINBw wird in einer Pressemitteilung des Amtes jetzt wie folgt zitiert: „Mit dieser Modernisierung steht der Truppe künftig eine an die Einsatzerfordernisse der Landes- und Bündnisverteidigung angepasste Fähigkeit zur Aufklärung und Identifikation zur Verfügung.“

Die Optimierung betrifft laut Beschaffungsamt die 30 Spähwagen Fennek 1A2 sowie die 50 Joint Fire Support Team (JFST) Fennek des Heeres und beinhaltet eine Umlaufreserve, welche die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge für die Ausbildung, Übungen und einsatzgleichen Verpflichtungen deutlich erhöht.

Auslieferung der neuen Ausstattung zwischen 2027 und 2029

Die für das Projekt erforderlichen Haushaltsmittel wurden Ende Juni durch den Haushaltsausschuss des Bundestages im Rahmen einer sogenannten „25-Millionen-Euro-Vorlage“ freigegeben. Die Finanzierung erfolgt über das Sondervermögen „Bundeswehr“ und den regulären Verteidigungsetat.

Die neuen BAA III inklusive der Umlaufreserve sollen zwischen 2027 und 2029 geliefert und in die Fahrzeuge integriert werden. Die Umlaufreserve wird der Bundeswehr im Anschluss als Ersatzteilerstbedarf zur Verfügung stehen.

Aufklären rund um die Uhr und dies auch bei schlechter Sicht

Das Hauptaufklärungsmittel des Fenneks, die BAA, besteht aus einem Wärmebildgerät, einer Tagsichtkamera und einem Laserentfernungsmesser. Die gesamte Anlage ist mittels einer dreh- und neigbaren Plattform auf einem ausfahrbaren Mast montiert. Neben der Optimierung der BAA ist die Integration eines Lasertarget-Designators, der lasergelenkte Munition ins Ziel leiten kann, eingeplant. Mit der Modernisierung der BAA verfügt ein Großteil der Fennek-Flotte zukünftig über einen einheitlichen Stand der Aufklärungstechnik.

Mit den Fennek-Sensoren sowie weiteren auf dem Fahrzeug installierten Aufklärungssystemen kann die dreiköpfige Besatzung des Spähwagens bei Tag, Nacht und schlechter Sicht Informationen über mögliche gegnerische Kräfte sammeln.

Die ersten zwei „Spähfahrzeuge Next Generation“ sollen 2026 zulaufen

Da der in der Nutzung befindliche „Spähwagen leicht 4-Rad Fennek“ bis Ende 2028 sein Nutzungsdauerende erreichen wird, benötigt die Aufklärungstruppe in naher Zukunft ein Nachfolgemodell. Das BAAINBw hat nun einen Aufruf zum Wettbewerb (Verhandlungsverfahren) über die Entwicklung und Produktion eines „Spähfahrzeugs Next Generation“ – kurz „SpähFz NG“ – veröffentlicht. Die Bekanntmachung erfolgte am 12. Oktober 2023 auf der europäischen Vergabeplattform TED.

Beim Auftragsgegenstand handelt es sich – so der offizielle Text des BAAINBw – „um den Hauptmobilitäts- und Funktionsträger der fahrzeuggebundenen Spähaufklärung“. Die weiteren Amtsangaben: „Als gepanzertes, radbasiertes Fahrzeug soll das Spähfahrzeug Next Generation durch hohe taktische Mobilität (inklusive Schwimmfähigkeit), umfassende Ausstattung mit Kommunikations-/Informationssystemen und Navigationsmitteln sowie Mitteln der Durchsetzungs- und Durchhaltefähigkeit die Überlebensfähigkeit der Heeresaufklärungstruppe in der Area of Intellligence Responsibility sicherstellen.“

Damit die Auslieferung des ersten neuen Spähfahrzeugs zeitgerecht erfolgen kann, ist dem Beschaffungsamt zufolge eine Realisierung über COTS/MOTS-Produkte beabsichtigt (Anm.: zu den Begriffen „COTS“ und „MOTS“ siehe HINTERGRUND). Anpassungen von einzelnen Komponenten sind laut BAAINBw „nur in dem Rahmen vorgesehen, wie sie für die Integration in das Gesamtsystem erforderlich sind“.

Weiter heißt es in der Ausschreibung: „Die ersten zwei Fahrzeuge zu Untersuchungszwecken sollen in 2026 zulaufen und weitere 90 Fahrzeuge über die Jahre 2027 und 2028 verteilt (Festbeauftragung). Das Fahrzeug soll mit D-LBO [Anm.: Führungsausstattung im Rahmen des Programms „Digitalisierung landbasierter Operationen“/D-LBO] sowie einer Waffenanlage mit einer Maschinenkanone 25mm und Nebelmittelwurfanlage ausgerüstet werden.“

Für den Bereich der Logistik verlangt das BAAINBw „eine umfassende Befähigung von militärischen und zivilen Instandsetzungskräften durch den Auftragnehmer“. Sicherstellen müsse der potenzielle Auftragnehmer auch „die Versorg- und Instandsetzbarkeit für 20 Jahre nach Auslieferung des letzten Fahrzeugs“.

Der von der Koblenzer Behörde angestrebte Rahmenvertrag sieht die Entwicklung und Produktion von bis zu 252 „SpähFz NG“ vor, von denen allerdings lediglich 92 fest beauftragt werden und 162 weitere Fahrzeuge als Option ins Auge gefasst werden sollen.

Redaktioneller NACHBRENNER

In seinem am 18. Oktober 2023 auf der Online-Informationsplattform Soldat & Technik veröffentlichten Beitrag „Entwicklung des Spähfahrzeugs Next Generation“ nennt der frühere Bundeswehroffizier und Fachautor Waldemar Geiger mögliche interessierte Auftragnehmer. Geiger listet auf: „Unter anderem erwarten Beobachter, dass beispielsweise Rheinmetall mit einem auf dem Fuchs basierenden Fahrzeug ins Rennen gehen könnte. Auch ein Angebot von Patria (CAVS) sowie General Dynamics European Land Systems (Pandur Evo) und Hensoldt im Team mit Iveco (Super AV) wird seitens Beobachter des Projekts als wahrscheinlich bewertet.“

Und in der Tat, es tut sich einiges: Am 14. April dieses Jahres berichtete die Schwäbische Zeitung, dass eine mögliche Kooperation bei der Bewerbung um den Spähwagen-Auftrag „Next Generation“ wohl geplatzt sei. Thomas Hagenbucher, Leiter der Wirtschaftsredaktion des Blattes, mit Einzelheiten: „Der Ulmer Nutzfahrzeuge-Hersteller Iveco wird wohl doch keine gepanzerten Spähfahrzeuge für die Bundeswehr bauen. Dies war eigentlich zusammen mit dem Rüstungskonzern Hensoldt, ebenfalls mit Standort in Ulm, geplant. Doch Hensoldt ist dem Vernehmen nach von dem Projekt abgesprungen.“ Ursprünglich, so Hagenbucher, sei geplant gewesen, das gepanzerte Spähfahrzeug für die Bundeswehr gemeinsam zu entwickelt – Hensoldt die Ausrüstung und Iveco das eigentliche Fahrzeug. Im Iveco-Werk Ulm hätte das Spezialgefährt dann gebaut werden sollen.

Als Grund für den Hensoldt-Ausstieg wird vermutet, dass sich der Rüstungskonzern nun allein oder mit einem anderen Partner um den lukrativen Auftrag bewerben will.


Hintergrund                           

COTS (Kurzform für „Commercial Off-The-Shelf“) ist ein Begriff, der in der Verteidigungsindustrie seit fast 25 Jahren geläufig ist. COTS beschreibt serienfertige Produkte, die für den öffentlichen Verkauf hergestellt werden, leicht erhältlich sind und auch für Verteidigungsprogramme verwendet werden können.

Das US-Verteidigungsministerium spricht bei COTS von Produkten (und Dienstleistungen), die auf dem kommerziellen Markt erhältlich sind und im Rahmen von Beschaffungsverträgen der Regierung für den Militärbedarf erworben und verwendet werden können. Mittlerweile anerkennt auch das Militär, dass die Beschaffung neuer Systeme im Vergleich zu früher durch den Beitrag von COTS um 25 bis 35 Prozent weniger Zeit erfordert.

COTS-Komponenten, die an Kundenwünsche angepasst werden können, bezeichnet man als MOTS. Die Abkürzung MOTS bedeutet „Modifiable Off-The-Shelf“. MOTS gilt als eine als Sonderform von COTS, deshalb hat sich der Begriff COTS auch für modifizierbare Produkte etabliert.


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Zu unserem Bildmaterial:
1. Zwei Spähfahrzeuge vom Typ Fennek mit Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung (BAA) während einer Aufklärungsübung.
(Foto: Maximilian Schulz/Bundeswehr)

2. Die BAA ist das Hauptaufklärungsmittel des Militärfahrzeugs Fennek.
(Foto: Maximilian Schulz/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Soldaten der Leichten Spähgruppe der Deutsch-Französischen Brigade bei der Übung „Feldberg“ auf dem Truppenübungsplatz Bergen Anfang Dezember 2016.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)


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