Düsseldorf/Rom. Die beiden Rüstungskonzerne Rheinmetall aus Deutschland und Leonardo aus Italien wollen in Zukunft bei der Entwicklung und Produktion neuer Kampfpanzer eng zusammenarbeiten. Gegründet werden soll dazu ein Joint Venture, an dem beide Partner zu jeweils 50 Prozent beteiligt sein werden. Am heutigen Mittwoch (3. Juli) wurde dazu in Rom ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet, welches – so heißt es in einer Rheinmetall-Pressemitteilung – „auf die Entwicklung eines europäischen industriellen und technologischen Ansatzes im Bereich der Landverteidigungssysteme abzielt“.
Nach einem Bericht von ZEIT ONLINE vom 3. Juli soll das künftige Gemeinschaftsunternehmen für die Streitkräfte Italiens einen neuen Kampfpanzer und einen Schützenpanzer entwickeln. Die ZEIT führt aus: „Bei Letzterem soll es sich um eine Version von Rheinmetalls Schützenpanzer Lynx [Lynx KF41] handeln, beim Kampfpanzer dürfte es um den Panther [Panther KF51] gehen. Diesen bewirbt Rheinmetall als Produkt seiner neuesten Kampfpanzergeneration. Der Panther hat bislang noch keine Serienreife.“ Weiter heißt es in dem Beitrag: „Das neue Unternehmen soll laut Medienberichten einen milliardenschweren Auftrag der italienischen Regierung erhalten. Dieser Auftrag soll einem Gesamtvolumen von rund 20 Milliarden Euro entsprechen und eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben.“
Wie viele Panzer das geplante deutsch-italienische Joint Venture einmal tatsächlich produzieren wird, ist offiziell noch nicht bekannt. Nach Informationen des Handelsblatts geht es aber wohl um eine Gesamtstückzahl von etwa 550 Panzern – „mehr als 200 Panther und mindestens 350 Lynx“.
Rheinmetall selber teilt in seinem Pressetext lediglich mit: „Ziel der Vereinbarung [mit Leonardo] ist die industrielle Entwicklung und anschließende Vermarktung des neuen Kampfpanzers sowie der neuen Lynx-Plattform für das gepanzerte Infanterie-Kampfsystem (AICS) im Rahmen der Kampfsystemprogramme der Italienischen Armee.“
Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG, wird in der Pressemitteilung mit den Worten zitiert: „Mit Leonardo und Rheinmetall finden zwei führende europäische Anbieter von Verteidigungstechnologie zusammen, um anspruchsvolle Projekte zu realisieren. Gemeinsam wollen wir neue Standards setzen und die Türe für eine neue Generation hochmoderner Kampffahrzeuge in und für Europa öffnen. Wir adressieren damit den italienischen Markt sowie auch andere Partnerstaaten, die Modernisierungsbedarf im Bereich der Kampfsysteme haben.“
Roberto Cingolani, CEO der Leonardo S.p.A., erklärte: „Die technologischen und industriellen Synergien zwischen Rheinmetall und Leonardo sind eine einzigartige Gelegenheit, hochmoderne Kampfpanzer und Infanteriefahrzeuge zu entwickeln. Wir betrachten diese Vereinbarung als einen grundlegenden Beitrag zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Verteidigungsraumes.“
Das künftige Joint Venture wird seinen Firmensitz in Italien haben. Es soll Rheinmetall zufolge „als Hauptauftragnehmer und Systemintegrator für die beiden italienischen Programme MBT und AICS fungieren und die Roadmap für die mögliche Beteiligung Leonardos am künftigen europäischen Hauptkampfsystem MGCS festlegen“.
(Anm.: MBT = Main Battle Tank/AICS = Armys Armored Infantry Combat System/MGCS = Main Ground Combat System.)
Das Düsseldorfer Unternehmen schreibt in seinem Pressestatement zudem: „Im Rahmen der MBT- und AICS-Programme werden Missionssysteme, Elektronik und Waffenintegration von Leonardo entsprechend den Anforderungen des italienischen Kunden entwickelt und produziert. Die Technologien werden auch im Falle einer italienischen Beteiligung an MGCS eine mögliche Grundlage für die Entwicklung des künftigen europäischen Kampfpanzers und der neuen, für den internationalen Export bestimmten Versionen bilden. Mit dem neu entwickelten Kampfpanzer Panther und dem neuen Schützenpanzer Lynx verfügt Rheinmetall über die entsprechende Basistechnologie, auf die in beiden Programmen aufgebaut werden kann.“
Endmontagelinien, Homologationstests, Auslieferungsaktivitäten und die logistische Unterstützung sollen nach Rheinmetall-Angaben in Italien „mit einem dortigen Arbeitsanteil von 60 Prozent“ durchgeführt werden. Der deutsche Konzern hat in Italien bereits heute drei Tochtergesellschaften mit insgesamt rund 1400 Beschäftigten an fünf Standorten.
Die Umsetzung des am 3. Juli unterzeichneten MoU unterliegt der vorherigen Genehmigung durch die zuständigen Regulierungsbehörden, einschließlich der Europäischen Kommission und der jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden.
Das Bundeskartellamt hat am 20. Januar 2025 die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der Düsseldorfer Rheinmetall AG und der in Rom ansässigen Leonardo S.p.A. freigegeben. In einer Presseerklärung der selbständigen Bundesoberbehörde heißt es: „Das Gemeinschaftsunternehmen – die Leonardo Rheinmetall Military Vehicles (LRMV) – soll seinen Sitz in Rom haben. Rheinmetall ist ein weltweit aktiver Technologiekonzern, tätig in den Bereichen Rüstungsindustrie und Automobilzulieferung. Leonardo ist ein italienischer Rüstungs-, Informationssicherheits- sowie Luft- und Raumfahrtkonzern, der zu den größten Rüstungsunternehmen der Welt zählt.“
LRMV werde, so die Bonner Behörde weiter, im Falle der Beauftragung durch das italienische Verteidigungsministerium als Hauptauftragnehmer und Systemintegrator für die erwarteten anstehenden Bestellungen von militärischen gepanzerten Fahrzeugen, insbesondere Kampf- und Schützenpanzer, fungieren. Mindestens 60 Prozent der Wertschöpfung werde in Italien erfolgen. Das Bundeskartellamt führt in seinem Pressetext zudem aus: „Leonardo soll insbesondere die Verteidigungselektronik einbringen, während Rheinmetall, das bereits über Niederlassungen in Italien verfügt, vor allem seine bestehenden Plattformen für den Kampfpanzer Panther und den Schützenpanzer Lynx einbringen soll.“
Amtspräsident Andreas Mundt äußerte: „Die Rüstungsindustrie ist angesichts der geopolitischen Lage stark in Bewegung. Rheinmetall und Leonardo sind ohne Zweifel zwei bedeutende Rüstungsunternehmen. Die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens war dennoch wettbewerblich unbedenklich und konnte zügig freigegeben werden. Die Aktivitäten von Rheinmetall und Leonardo ergänzen sich; es gibt keine nennenswerten Überschneidungen der bisherigen Geschäftsaktivitäten.“
Bei der wettbewerblichen Bewertung des Vorhabens habe auch eine Rolle gespielt, dass keines der beiden Unternehmen in der Lage gewesen wäre, die erwarteten Aufträge des italienischen Verteidigungsministeriums alleine zu erfüllen. Leonardo verfüge nicht über die benötigten Plattformen für die Kampfpanzerherstellung und Rheinmetall hätte die Anforderung, 60 Prozent der Wertschöpfung in Italien zu erbringen, nicht erfüllen können.
Der Rheinmetall-Konzern nahm in einer Pressemitteilung Stellung zu der positiven Entscheidung des Bundeskartellamtes und zitierte seinen Vorstandsvorsitzenden Papperger. Dieser erklärte: „Wir begrüßen die Entscheidung des Bundeskartellamts […]. Vor dem Hintergrund der geopolitischen Lage ist unser Projekt mit Leonardo von großer Bedeutung für eine aufgabengerechte Ausrüstung der Streitkräfte – und damit für die Sicherheit in Europa. Bereits in den kommenden Monaten erwarten wir die erste umfangreiche Beauftragung des italienischen Kunden.“
Rheinmetall wies in seinem Pressetext noch einmal auf das Hauptziel des Joint Ventures hin. Hauptziel sei die industrielle Entwicklung und anschließende Vermarktung des neuen italienischen Kampfpanzers (MBT) und der neuen Lynx-Plattform für das Programm „Armoured Infantry Combat System (AICS)“ im Rahmen der Landsystemprogramme der Armee Italiens. Die Entwicklung und Produktion weiterer Fahrzeuge dieser Familie – wie Berge-, Pionier- und Brückenlegefahrzeuge – sei ebenfalls geplant, so der Konzern.
In der Mitteilung aus Düsseldorf heißt es zum Schluss: „Der von Rheinmetall entwickelte Kampfpanzer Panther KF51 wird die Basis für den neuen Kampfpanzer sein, der den Ariete in der italienischen Armee ersetzen soll. Das italienische AICS-Programm sieht die Beschaffung von mehr als 1000 gepanzerten Kampfsystemen vor, für die der Schützenpanzer Lynx von Rheinmetall die technologische Basis bilden soll.“
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Zu unserem Bildmaterial:
1. Rheinmetall-Entwicklung Lynx KF41 (KF = Kettenfahrzeug).
(Bild: Marcus Jacobs, www.marcusjacobs.de/für Rheinmetall AG)
2. Nach der Unterzeichnung des Memorandum of Understanding in Rom über ein zukünftiges deutsch-italienisches Joint Venture: Roberto Cingolani (links) und Armin Papperger.
(Foto: Leonardo S.p.A.)
Kleines Beitragsbild: Der künftige italienische Kampfpanzer könnte auf der Technologie von Rheinmetall aufsetzen – das Bild zeigt den Panther KF51.
(Bild: Rheinmetall AG)