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Leipzig. Die gegenwärtige Praxis der Bundeswehr, das Personal für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auch mit Hilfe einer sogenannten „Potenzialfeststellung“ auszuwählen, bedarf einer gesetzlichen Regelung. Das hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig am gestrigen Dienstag (29. Oktober) entschieden.

Anlass für diese Entscheidung war der Fall einer Berufssoldatin, die sich als Hauptfeldwebel für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Bereich „Logistik/Materialbewirtschaftung“ beworben hatte. Da es für diesen Karriereschritt mehr Bewerber als offene Stellen gibt, findet jährlich ein Auswahlverfahren statt.

Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften kommt es dabei auf die beiden letzten dienstlichen Beurteilungen im bisherigen Amt, auf die Aussagen der Personalentwicklungsbewertung zum angestrebten Laufbahnwechsel und auf eine positive Potenzialfeststellung an. Die Potenzialfeststellung beruht auf einem eintägigen psychologischen Test- und Beurteilungsverfahren.

Die Antragstellerin konnte im Auswahljahr 2023 weit überdurchschnittliche Beurteilungen vorlegen, verfehlte aber bei der Potenzialfeststellung den in den Verwaltungserlassenen vorgeschriebenen Punktewert und wurde deshalb nicht für den Aufstieg zugelassen.

Bei der Potenzialfeststellung fehlt die erforderliche gesetzliche Grundlage

Der 1. Wehrdienstsenat des BVerwG hat die ablehnenden Bescheide aufgehoben und dem Antrag der Soldatin auf Neubescheidung stattgegeben. Denn die für sie nachteilige Heranziehung der Potenzialfeststellung als Auswahlkriterium für den Laufbahnwechsel sei rechtswidrig, weil es an der dafür erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehle, so die Richter.

Öffentliche Ämter müssten gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Leistung und Befähigung vergeben werden. Es sei zwar nicht sachwidrig, beim Aufstieg in eine Laufbahn mit wesentlich höheren Anforderungen nicht allein auf die dienstlichen Beurteilungen im bisherigen Amt und auf die in der Personalentwicklungsbewertung zum Ausdruck kommende Einschätzung der Vorgesetzten abzustellen. Ein psychologisches Testverfahren, in dem das geistige und charakterliche Potenzial für den Laufbahnaufstieg überprüft wird, könne vom Dienstherrn auch als sinnvolles Personalauswahlinstrument angesehen werden.

Der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts verlange jedoch, so das BVerwG, dass „die für die Bestenauslese bei der Vergabe öffentlicher Ämter (nach Art. 33 Abs. 2 GG) maßgeblichen Vergleichsinstrumente vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst bestimmt werden“.

Die Richter des 1. Wehrdienstsenats pochten darauf, dass diese wesentliche Grundentscheidung vom Gesetzgeber „nicht allein dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen“ werden dürfe.

Gesetzlich geregelte Auswahlinstrumente stehen bereits zur Verfügung

Ebenso wenig könne die Verwaltung die Bedeutung gesetzlich vorgesehener Auswahlinstrumente durch reine Verwaltungsvorschriften einschränken, argumentierten die Richter weiter. Die Potenzialfeststellung sei gesetzlich nicht geregelt.

Der 1. Wehrdienstsenat führte auch aus, dass die Potenzialfeststellung auch nicht für eine Übergangszeit in den Auswahlverfahren für den Aufstieg zur Offizierin oder zum Offizier des militärfachlichen Dienstes weiter herangezogen werden könne. Dafür bestehe keine Notwendigkeit, weil die Bundeswehr von sich aus darauf bereits aus anderen Gründen in einem früheren Auswahljahrgang verzichtet habe.

Abschließend heißt es in der richterlichen Entscheidung über die Klage der Berufssoldatin: „Zudem bestehen für dieses Zulassungsverfahren mit der dienstlichen Beurteilung und der Personalentwicklungsbewertung nunmehr gesetzlich geregelte Auswahlinstrumente (§ 27a Abs. 1 und 3 SG) zur Verfügung, mit deren Hilfe über den Zulassungsanspruch der Soldatin nach Art. 33 Abs. 2 GG entschieden werden kann.“


Kompakt                           

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist das oberste Verwaltungsgericht der Bundesrepublik Deutschland. Sein Sitz ist in Leipzig. Es entscheidet über Streitigkeiten im Bereich des Verwaltungsrechts, soweit sie nicht einem anderen Gericht zugewiesen sind.

Das BVerwG ist neben dem Bundesgerichtshof, dem Bundesfinanzhof, dem Bundessozialgericht und dem Bundesarbeitsgericht einer der fünf obersten Gerichtshöfe des Bundes. Die obersten Gerichtshöfe stellen in Deutschland die oberste und damit letzte Instanz im jeweiligen Rechtszug dar und sind wesentlich dafür, dass Bundesrecht einheitliche Anwendung findet.


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Symbolbild „Offizier des militärfachlichen Dienstes“.
(Foto: nr; Bildausschnitt: mediakompakt)

Kleines Beitragsbild: Frontansicht des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig.
(Foto: Michael Moser Images/für BVerwG)


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