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Köln. Vor einem Jahr, am 24. Februar 2022, begann der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Bereits 2014 hatte Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektiert und einen blutigen Konflikt um die sogenannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk in der Ostukraine entfesselt. Wladimir Putins Truppen und Handlanger besetzen derzeit etwa 18 Prozent des ukrainischen Territoriums. Die Sicherheitsexpertin Ulrike Franke sieht den russisch-ukrainischen Krieg als „zentrale Weichenstellung für dieses und das nächste Jahrzehnt, in dem der Konflikt zwischen China und den USA dominieren wird“. Die Mitarbeiterin des European Council on Foreign Relations (ECFR) äußerte sich jetzt gegenüber der Kölnischen Rundschau

Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat nach offiziellen, bestätigten Angaben bisher etwa 8000 zivile Todesopfer gefordert, mehr als 13.000 Menschen wurden verletzt. Laut den Vereinten Nationen liegt die tatsächliche Opferzahl vermutlich jedoch viel höher.

Im Januar dieses Jahres waren rund 5,3 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht, mehr als 8 Millionen ukrainische Einwohner haben inzwischen das Land verlassen und Schutz vor allem in europäischen Staaten gesucht. Die humanitäre Lage in der Ukraine ist angespannt. Russische Angriffe richten sich zunehmend gegen die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur. Regelmäßig kommt es zu Ausfällen der Strom-, Wasser- und Heizversorgung. Auch Krankenhäuser werden angegriffen.

Bislang sind alle Versuche, den Krieg durch Verhandlungen zu beenden, gescheitert. Die gegen Russland verhängten Sanktionen des Westens könnten das Vorgehen Putins durch materielle und auf längere Sicht auch finanzielle Engpässe erschweren. Den Krieg stoppen konnten sie bislang allerdings noch nicht. Möglicherweise zeigen sich die Auswirkungen der westlichen Strafmaßnahmen auch erst viel später.


Ulrike Franke im Gespräch mit der Kölnischen Rundschau: Die Londoner Sicherheitsexpertin Ulrike Franke sieht den russisch-ukrainischen Krieg als „zentrale Weichenstellung für dieses und das nächste Jahrzehnt, in dem der Konflikt zwischen China und den USA dominieren wird“. Autokraten in aller Welt sähen genau hin, sagte Franke der Kölnischen Rundschau (Ausgabe am 24. Februar 2023): „Würde Russland diesen Krieg gewinnen, dann würde dies das Ansehen des Westens weltweit schwächen. Wenn Russland verliert, dann bedeutet das, das Internationale Recht wird durchgesetzt.“ Dann würde der nächste Autokrat es sich zweimal überlegen, ob er andere Staaten überfällt, meinte die Expertin vom Londoner European Council on Foreign Relations, kurz ECFR. Von einer Weltordnung, in der das Internationale Recht gelte, würden alle und nicht nur die westlichen Staaten profitieren.

Die Deutschen hätten sich Jahrzehnte lang eingeredet, dass militärische Macht nicht so wichtig sei, so Franke. „Wir waren da sehr auf Distanz, haben das anderen überlassen und müssen da grundsätzlich umdenken.“ Zudem beginne jetzt ein sehr schmerzhafter Lernprozess: „Russland unter Wladimir Putin kann kein Partner sein, da ist Wandel durch Handel aussichtslos.“

Franke betonte, die NATO habe „vom ersten Kriegstag an die Gefahr einer nuklearen Eskalation sehr stark berücksichtigt, dies prägte alle Entscheidungen“. Die Gefahr, dass Russland Atomwaffen einsetze, sei derzeit nicht hoch, „aber sie ist nie gleich Null“. Die Sicherheitsexpertin: „Das wird aber auch in den anderen Ländern so gesehen. In Deutschland wird das Thema aber stärker betont als anderswo, und vielleicht mehr als es angemessen ist.“ Putin nutze seine Atomwaffen als Drohung und als Schutzschild für sein Regime, ihr tatsächlicher Einsatz hätte für ihn dagegen „Verurteilung von quasi der ganzen Welt zur Folge“.


Randnotiz                                  

Die Kölnische Rundschau bildet seit ihrer Gründung im Jahre 1946 einen prägenden Bestandteil der Zeitungslandschaft im Großraum Köln/Bonn. Ihre gewachsene lokal-regionale Bindung und ihre umfassende Berichterstattung sichern der Zeitung und deren Lokalausgaben im Erftkreis, Kreis Euskirchen und Köln sowie als Bonner Rundschau, Rhein-Sieg Rundschau, Rhein-Ahr Rundschau, Bergische Landeszeitung und Oberbergische Volks-Zeitung die Wertschätzung einer breiten Leserschaft. Die Kölnische Rundschau gilt sie als konservatives Pendant zum eher linksliberal eingestellten Kölner Stadt-Anzeiger.

Dr. Ulrike Franke ist Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations/ECFR. Sie leitet die ECFR-Initiative „Technology and European Power“. Zu ihren Schwerpunkten gehören Fragen der deutschen und europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Zukunft der Kriegsführung und die Auswirkungen neuer Technologien (wie Drohnen und künstliche Intelligenz) auf Geopolitik und militärische Auseinandersetzungen.

Franke promovierte an der Universität Oxford (Bereich „Internationale Beziehungen“). In ihrer Doktorarbeit untersuchte sie den Einsatz von Drohnen durch westliche Streitkräfte. Sie hat einen BA-Abschluss des Pariser Institut d’Études Politiques (gewöhnlich Sciences Po Paris genannt) sowie einen MA-Abschluss von Sciences Po und der Universität St. Gallen.

Der European Council on Foreign Relations ist ein 2007 gegründeter pan-europäischer Thinktank mit Büros in Berlin, London, Madrid, Paris, Rom, Sofia und Warschau. Ziel des ECFR ist es nach eigener Aussage, „europäische Sichtweisen in nationale politische Diskurse einzubringen und Perspektiven für eine gemeinsame europäische Außenpolitik aufzuzeigen“. Mit seinen sieben Büros, einem Council mit mehr als 300 europäischen Persönlichkeiten und insgesamt fünf Forschungsprogrammen engagiert sich die Denkfabrik „für die erfolgreiche Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses“.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Symbolbild „Presselandschaft“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: Michael Gaida/freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)

2. Ulrike Franke, Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations/ECFR.
(Foto: ECFR)

Kleines Beitragsbild: Symboldarstellung „Zeitungen“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: kalhh/freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich; grafische Bearbeitung mediakompakt)


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