London/Berlin. Nun ist geschehen, was als Undenkbar galt: Queen Elizabeth II., Großbritanniens ewige Monarchin, ist tot. Die 96 Jahre alte Königin starb am heutigen Donnerstag, am 8. September 2022, im 71. Jahr ihrer Regentschaft auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral. Elizabeth II. war an ihrem letzten Tag im engsten Kreise ihrer Familie und umsorgt von ihrem Ärzte-Team. Um exakt 18:30 Uhr (Ortszeit London) gab der Buckingham Palast das friedliche Ableben der Queen bekannt.
Etliche Journalisten hatten sich bereits am Nachmittag schwarze Krawatten gebunden – vermutlich war zu diesem Zeitpunkt die offizielle Nachricht vom Tode der Königin mit Rücksicht auf die royale Familie noch zurückgehalten worden. Denn Familienmitglieder – unter ihnen Elizabeths Kinder Prinz Charles, Prinzessin Anne, Prinz Andrew und Prinz Edward sowie die Enkel Prinz William und Prinz Harry – waren zuvor mit verschiedenen Maschinen nach Nordschottland geflogen, um auf Schloss Balmoral Abschied von ihrer Mutter und Großmutter zu nehmen.
Früher am Tag hatte der Buckingham Palast mitgeteilt, dass sich die Ärzte-der Queen Sorgen um die Gesundheit der Monarchin machten. Ein Palastsprecher hatte erklärt: „Nach einer weiteren Bewertung heute Morgen sind die Ärzte der Königin besorgt um die Gesundheit Ihrer Majestät und haben empfohlen, dass sie unter medizinischer Beobachtung bleibt“. Die Queen fühle sich aber wohl und bleibe auf ihrem Landsitz Schloss Balmoral, so die Dosis Zuversicht.
Elizabeth Alexandra Mary Windsor, so ihr voller Name, war als Königin Zeitzeugin eines Jahrhunderts und die am längsten amtierende Monarchin der Welt. „Sie war doch immer da“, schrieb die Brüssel-Korrespondentin der Augsburger Allgemeinen Katrin Pribyl heute in ihrem Nachruf. „Elizabeth II. erlebte als Monarchin mehr als ein halbes Dutzend Päpste und 16 Premierminister mit – von Winston Churchill bis zur heutigen Regierungschefin Liz Truss. Auf eine völlig irrationale Weise gab es nie die Option, dass die Queen sterben könnte.“ Nun, zwei Tage nach der Ernennung der neuen britischen Premierministerin Truss auf Schloss Balmoral, verstarb die „Unsterbliche“. Die Ernennung der Politikerin der Conservative Party war ihre letzte Amtshandlung gewesen.
Truss bezeichnete die Monarchin am heutigen Donnerstagabend in ihrer kurzen Rede vor dem Amtssitz „Downing Street 10“ als „Fels“, auf dem „das moderne Großbritannien errichtet wurde“. Der Tod der Queen sei ein „riesiger Schock für die Nation und die Welt“. Das Land sei unter ihrer Herrschaft gewachsen und gediehen. „Ihretwegen ist Großbritannien heute das großartige Land, das es ist.“ Dafür sei Elizabeth II. von den Menschen im Vereinigten Königreich und auf der ganzen Welt geliebt worden.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem britischen Königshaus kondoliert. In seiner Fernsehansprache sagte das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland am heutigen Donnerstag:
„Mit tiefer Trauer habe ich die Nachricht vom Tod Ihrer Majestät Königin Elizabeth II. vernommen.
Königin Elizabeth II. ist eine Frau, die ein Jahrhundert geprägt hat, im Vereinigten Königreich und darüber hinaus weltweit. Sie hat Zeitgeschichte erlebt und Zeitgeschichte geschrieben. Ihre Majestät genoss auf der ganzen Welt höchstes Ansehen und Respekt.
Bei uns hier in Deutschland wurde sie bewundert und verehrt. Millionen Deutsche fühlen sich heute in Trauer und herzlicher Anteilnahme mit den Menschen im Vereinigten Königreich verbunden. Ihre natürliche Autorität, ihre immense Erfahrung, ihre vorbildliche Pflichterfüllung werden uns in lebendiger Erinnerung bleiben. Ihr Tod ist ein tiefer Einschnitt, das Ende einer Epoche.
Die vergangenen sieben Jahrzehnte hat Königin Elizabeth II. als Regentin gewirkt und die Politik des Vereinigten Königsreichs in guten wie in schweren Tagen begleitet. Erst im Juni dieses Jahres hat sie ihr Platin-Jubiläum begangen – unter der großen und freudigen Anteilnahme Ihres Landes und von Millionen Menschen weltweit, auch in Deutschland.
Ihre Majestät hat die Geschicke Ihres Landes behutsam und doch allenthalben spürbar mitbestimmt, sein Ansehen gemehrt, ihm mit selbstloser Disziplin ein Leben lang gedient. Sie hat die Einheit des Landes repräsentiert und verkörperte Kontinuität und Gewissheit in Zeiten, in denen das Vereinigte Königreich gewaltige Veränderungen durchlebt hat.
Wie der furchtbare Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine uns schonungslos vor Augen geführt hat, sind Frieden und Freiheit in Europa keine Selbstverständlichkeit. Königin Elizabeth II. hat aber auch erlebt, dass Krieg in Europa überwunden werden kann. Und sie hat selbst dazu beigetragen, die Wunden des Krieges zu heilen. Großbritannien hat Deutschland die Hand zur Versöhnung gereicht – und die Hand der Versöhnung war auch die Hand der Königin.
Der Staatsbesuch Ihrer Majestät Königin Elizabeth II. im Jahr 1965 ist eines der wichtigsten und wirkmächtigsten Symbole für die nach dem Krieg entstandene britisch-deutsche Freundschaft. Für die junge Bundesrepublik Deutschland war diese Reise ein unschätzbar wichtiges Signal der Versöhnung nach zwei verheerenden Weltkriegen, nach der großen Schuld, die mein Land auf sich geladen hatte. Auch ihre folgenden Besuche und Staatsbesuche, später auch im wiedervereinten Deutschland, werden wir Deutschen in dankbarer Erinnerung behalten. Deutschland trauert um die Königin. Wir bleiben ihrem Vorbild von Freundschaft, Frieden und Humanität verpflichtet.
Meine Frau und ich sind zutiefst dankbar für die Begegnungen, und wir behalten sie in ehrender Erinnerung. Wir sind ihr dankbar, dass sie unserem Land stets freundschaftlich verbunden war.
Mein Mitgefühl und das der deutschen Bevölkerung gilt auch besonders ihrer Familie. Ich wünsche Ihnen in diesen Tagen Kraft, Gottes Segen und eine glückliche Hand für die große Aufgabe, die jetzt auf Sie, ihren Sohn, übergegangen ist.“
Der neue König heißt Charles III., das bestätigte der Palast in London offiziell, nachdem ihn bereits die Premierministerin Truss so genannt hatte. Charles und seine Frau Camilla waren angesichts des schlechter gewordenen Gesundheitszustands der Queen nach Schottland gereist, wo die Königin auf Schloss Balmoral den Sommer verbracht hatte. Am Freitag (9. September) will das neue Königspaar nach London zurückkehren.
Wann genau die offizielle Krönung von Charles III. stattfinden wird, ist derzeit noch ungeklärt. Bis zu der Zeremonie könnte es noch eine ganze Weile dauern. Durch die Regentschaft des neuen Königs rückt dessen ältester Sohn William zum Thronfolger auf. Nummer zwei der Thronfolge ist nun Williams neunjähriger Sohn George.
Zu unserem Bildmaterial:
1. und 2. Queen Elizabeth II. besuchte die Bundesrepublik Deutschland offiziell fünf Mal: 1965, 1978, 1992, 2004 und 2015. Bei ihrer letzten Staatsvisite empfing sie am 24. Juni 2015 der damalige Bundespräsident Joachim Gauck mit militärischen Ehren in Berlin. Unsere beiden Fotos zeigen die Königin des Vereinigten Königsreichs Großbritannien und Nordirland beim Abschreiten der militärischen Ehrenformation des Wachbataillons der Bundeswehr. Das Wachbataillon begrüßt Elizabeth II. mit 21 Salutschüssen aus der Feldhaubitze.
(Fotos: Jane Hannemann/Bundeswehr)
Kleines Beitragsbild: Trauerband aus dem Onlineauftritt der Britischen Botschaft in Berlin vom 8. September 2022.
(Bildschirmfoto und Bildmontage: mediakompakt)