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Berlin/Donauwörth/Dresden/Oberpfaffenhofen/Faßberg. Das Unternehmen Airbus Helicopters Deutschland GmbH soll in den kommenden zehn Jahren „die großen planbaren Instandhaltungsarbeiten“ an den Bundeswehr-Hubschraubern des Typs NH90 durchführen. Über den Leistungsvertrag, der nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein Auftragsvolumen von rund 290 Millionen Euro haben wird und nun noch abgeschlossen werden muss, entschied der Haushaltsausschuss des Bundestages am Mittwoch dieser Woche (15. Mai) in seiner 38. Sitzung. Das deutsche Heer hat mittlerweile für sein „Luftfahrzeugtechnisches Personal NH90“ eine neue modulare Ausbildungssystematik eingeführt. Dazu später mehr …

Der Vertrag mit Airbus Helicopters wird detailliert die standardisierten Instandhaltungsleistungen am Waffensystem NH90 beschreiben. Künftig sollen auf dieser Geschäftsgrundlage alle großen Inspektionsmaßnahmen an den Mehrzweckhubschraubern von dem Unternehmen, das seinen Sitz im bayerischen Donauwörth hat, übernommen werden.

Wie die künftigen Vertragspartner mitteilten, sollen die vereinbarten Leistungen am Standort Dresden erbracht werden. Das Verteidigungsministerium erklärte dazu, dass diese schon jetzt getroffene Standortentscheidung „einen Beitrag zur Entlastung der bereits vorhandenen und stark ausgelasteten Instandhaltungskapazitäten der Airbus Helicopters GmbH“ leisten könnte. Mit dem Wechsel nach Dresden könnten so die freigewordenen „Kapazitäten am Standort Donauwörth innerhalb des Projekts ,NH90‘ für weitere Nach- und Umrüstungen beziehungsweise für andere Projekte – insbesondere Kampfhubschrauber Tiger – verwendet“ werden, so das Ministerium weiter.

Beide Seiten weisen auch darauf hin, dass mit Vertragsschluss ein erster Schritt zur Umsetzung eines „Performance Based Logistics“-Ansatzes erreicht werden wird (Anm.: zum Begriff „Performance Bases Logistics“ – kurz PBL – siehe Erklärung am Ende unseres Beitrags).

Bessere Planung und kürzere Instandhaltungszeiten

Die Serviceleistungen sollen von Airbus Helicopters in festgelegten Zeitabständen und innerhalb einer vereinbarten Durchlaufzeit „als standardisierte Inspektionspakete“ erbracht werden. Im Rahmen der Inspektions- und Wartungsarbeiten sollen die NH90 nach 600 Flugstunden beziehungsweise sechs Einsatzjahren schließlich auch weitgehend zerlegt werden. Der künftige Vertrag werde auch Arbeiten regeln, die „bei Bedarf“ anfallen könnten – etwa die Bauzustandspflege, unvorhergesehene Beanstandungen oder Störbehebungen.

Das Verteidigungsministerium erhofft sich von der Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters Deutschland, dass sich „die Dauer der entsprechenden Instandhaltungsmaßnahmen absehbar verkürzt und für die Bundeswehr besser planbar wird“. Gleichzeitig werde eigenes Personal spürbar entlastet. Die Heeresflieger könnten die Entlastung und die deutlich erhöhte Planbarkeit nutzen, „um sich stärker auf ihre Einsatzverpflichtung und die Erhöhung der Einsatzfähigkeit zu konzentrieren“.

Wie wir berichteten (siehe hier), gibt es mit RUAG MRO International im bayerischen Oberpfaffenhofen einen weiteren Anbieter für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten am NH90. RUAG hat erst vor Kurzem nach eigenen Angaben erfolgreich die erste Inspektion eines NH90-Transporthubschraubers der Bundeswehr abgeschlossen.

Neue Ausbildungssystematik für das „Luftfahrzeugtechnische Personal NH90“

Und nun zur neuen Ausbildungssystematik des Heeres beim „Luftfahrzeugtechnischen Personal NH90“. Bislang wurden für luftfahrzeugtechnische Instandhaltungsmaßnahmen am Hubschrauber NH90 verschiedene Fachkräfte benötigt. Die Spezialisten stammten aus den Sachgebieten „Luftfahrzeugelektronik“, „Luftfahrzeugavionik“ oder „Luftfahrzeugwaffenelektronik“.

Jetzt ist erstmals ein Angehöriger des Transporthubschrauberregiments 10 „Lüneburger Heide“ in Faßberg dazu berechtigt, aufgrund der neuen Ausbildungssystematik in allen drei Bereichen eingesetzt zu werden. Der Soldat – ein Hauptfeldwebel der sechsten Staffel des Regiments aus dem Bereich „Luftfahrzeugavionik“ – hatte „mit Abschluss der luftfahrzeugtechnischen Professionalisierung die Kompetenz erworben, selbstständig und eigenverantwortlich Tätigkeiten des sogenannten ,Anforderungsniveaus 3‘ durchzuführen“.

Dazu Oberstleutnant Thomas Zrenner vom Faßberger Verband, der zur Division Schnelle Kräfte gehört: „Hinter der Bezeichnung ,Anforderungsniveau‘ verbirgt sich die bislang bekannte ,Meisterebene‘ oder ,Ausbildungshöhe 6‘, wenngleich die synonyme Verwendung nicht ganz treffend ist. Die modulare Ausbildung des luftfahrzeugtechnischen Personals für den Hubschrauber NH90 des Heeres wurde im Januar 2018 an der VI. Inspektion des Internationalen Hubschrauberausbildungszentrums hier am Standort Faßberg umgestellt. Die Heeresfliegertruppe verabschiedete sich damit von der Vielzahl der Sachgebiete des Mechanikerpersonals, hin zu den beiden beherrschenden Fachrichtungen ,Luftfahrzeugmechanik‘ und ,Luftfahrzeugavionik‘.“

Die VI. Inspektion hatte übrigens am 7. März 2019 das Jubiläum „Zehn Jahre luftfahrzeugtechnische Ausbildung NH90 am Fliegerhorst Faßberg“ feiern können.

Künftig mehr Handlungskompetenz vereint in einer Fachkraft

Im Transporthubschrauberregiment 10 haben es darüber hinaus fünf Luftfahrzeugmechaniker mit „Anforderungsniveau 2“ geschafft, ihre Professionalisierung in der Fachrichtung „Luftfahrzeugmechanik“ erfolgreich abzuschließen. Damit ist es nun möglich, dieses Fachpersonal gezielter einzusetzen. Zrenner erläutert: „Bei Instandhaltungsaufgaben ohne Nachprüfungen erwarten wir nun durch die modulare Ausbildung weniger Personalkoordinierungsmaßnahmen, weniger Wartezeiten auf Fachpersonal sowie insgesamt einen flüssigeren Workflow.“

Die neue Ausbildungssystematik biete künftig – so der Offizier weiter – nicht nur dem Einsatzverband, sondern vielmehr der gesamten Heeresfliegertruppe große Vorteile bei der Verwendung des luftfahrzeugtechnischen Personals in Grundbetrieb, Übung und Einsatz. Oberstleutnant Zrenner bringt es abschließend auf den Punkt: „Durch mehr Handlungskompetenz vereint in einer Person wird insgesamt weniger Personal gebunden und damit die Durchhaltefähigkeit – ganz im Sinne der Einsatzbereitschaft – erhöht.“ Diese Entwicklung werde vom Regiment in Faßberg nicht zuletzt vor dem Hintergrund des ab 2021 vorgesehenen Afghanistaneinsatzes im Rahmen von „Resolute Support“ sehr begrüßt.


Hintergrund                           

Performance Based Logistics (PBL) ist ein Instrument der 2016 vorgestellten Militärischen Luftfahrtstrategie zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte. PBL soll zu einer Vereinfachung der Arbeitsteilung zwischen Industrie und Bundeswehr bei möglichst wirtschaftlicher Erbringung beitragen.
Nachfolgende Detailinformationen hierzu stammen aus einem Positionspapier des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) mit dem Titel „Performance Based Logistics für fliegende Waffensysteme der Bundeswehr im Inland“. Darin heißt es unter anderem:

Im Grundsatz bietet PBL einen Mechanismus an, um das Zielsystem des Auftraggebers (Verfügbarkeit, Einsatzbereitschaft, Versorgbarkeit) und das Zielsystem der Industrie (unter anderem Profitabilität) durch entsprechende Anreizsysteme in Übereinstimmung zu bringen. Die Industrie übernimmt in PBL mehr Verantwortung, soll aber neue Freiheitsgrade auch aktiv im Sinne des gemeinsamen Zielsystems nutzen können. Dies beinhaltet auch das Tätigen von Investitionen und die Forcierung von Innovationen, mit all ihren Risiken.

PBL bietet die Chance zur Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft, indem es die Leistungsseite (Performance) in den Mittelpunkt stellt.
PBL beschreibt das gewünschte logistische Leistungsergebnis, überlässt die Verantwortung, wie dieses Ziel erreicht wird, aber dem Auftragnehmer und knüpft seine Vergütung an die Erreichung dieses Ergebnisses – PBL stellt damit einen Paradigmenwechsel vom Aufwand- zum Ergebnis-orientierten Ansatz dar.
PBL setzt Investitions- und Innovationsanreize, die verfügbarkeits- und zuverlässigkeitssteigernd wirken sowie Lebenswegkosten senken.
PBL entlastet die Bundeswehr, indem es Aufgaben auf die Industrie überträgt (diese gewinnt dadurch Steuerungsautonomie, die sie zur eigenverantwortlichen Optimierung einsetzen kann).
PBL zielt auf einen Ausgleich von Chancen und Risiken für Bundeswehr und Industrie und erreicht durch Angleichung der Zielsysteme eine Win-win-Situation für beide Seiten (dazu ist die Industrie bereit, Verantwortung in PBL-Projekten, die durch die Bundeswehr zu identifizieren sind, zu übernehmen).
PBL ist kein Allheilmittel und kann nur dann seine Wirkung entfalten, wenn die Implementierungsvoraussetzungen beachtet werden – so sind beispielsweise die Einhaltung rechtlicher Vorgaben, die Etablierung von Steuerungs-, Kommunikations- und Controllingabläufen sowie Controllinginstrumenten und schließlich der Zugang und Austausch von Daten von grundlegender Bedeutung.
PBL wird bereits erfolgreich – wie nationale und internationale Beispiele belegen – eingesetzt.
PBL empfiehlt sich als erfolgsversprechender Ansatz zur Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft im Rahmen der Agenda „Nutzung“.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Mehrzweckhubschrauber NH90 vom Transporthubschrauberregiment 10 Faßberg. Das Foto wurde am 7. Juli 2016 während einer dynamischen Vorführung am „Tag der Schulen 2016“ beim Jägerbataillon 1 in Schwarzenborn gemacht.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)

2. Der Kommandeur des Transporthubschrauberregiments 10 „Lüneburger Heide“, Oberst Olaf Bölting, überreicht den Fachkräften „Luftfahrzeugtechnisches Personal NH90“ nach Ende der Ausbildungsgänge die entsprechenden Zertifikate.
(Foto: Carsten König/Technisches Ausbildungszentrum der Luftwaffe)

Kleines Beitragsbild: NH90 in der Abenddämmerung. Die Aufnahme stammt vom 25. März 2015.
(Foto: Anthony Pecchi/Airbus Helicopters)


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