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Berlin/Düsseldorf. Die Bundeswehr hat offenbar seit dem Jahr 2008 rund 200 Angehörige als Rechtsextremisten entlarvt und fast alle entlassen. Dies berichtet die Rheinische Post in ihrer Dienstagsausgabe (17. Oktober) und beruft sich dabei auf eine Aufstellung des Verteidigungsministeriums. 170 der 199 Personen mit bestätigtem Verdacht, Rechtsextremismus zu unterstützen, haben den ministeriellen Zahlen zufolge noch zu Zeiten der Allgemeinen Wehrpflicht gedient.

Bei fünf Rechtsextremisten stehe die Entlassung noch aus, schreibt die in Düsseldorf erscheinende Tageszeitung. Gegen die Betroffenen seien momentan gerichtliche oder truppendienstliche Verfahren anhängig. Als Konsequenz aus rechtsextremistischen Vorfällen hatte das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr den Militärischen Abschirmdienst (MAD) eingeschaltet, der seitdem jeden Bewerber durchleuchtet.

Inzwischen sind bereits mehr 16.000 Sicherheitsüberprüfungen gelaufen. Dabei habe es nach Angaben eines Sprechers – so die Rheinische Post – mehrere Fälle gegeben, in denen der Eintritt in die Bundeswehr und damit auch die Ausbildung an Kriegswaffen verwehrt worden sei (siehe auch hier). In den ersten drei Quartalen dieses Jahres habe der MAD insgesamt 151 rechtsextremistische Verdachtsfälle bearbeitet. Dabei sei in zwei Fällen der Verdacht bestätigt worden, schreibt das Blatt.

Arbeitsgruppe des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes

Das Thema „Rechtsextremisten in der Bundeswehr“ war auch Gegenstand einer Anfrage der Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen). Die Politikerin wollte von der Bundesregierung wissen, ob der jährliche Bericht der „Arbeitsgemeinschaft Reservisten“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst zur Analyse des extremistischen Gefahrenpotenzials in der Bundeswehr für 2018 bereits erstellt worden ist. Mihalic ergänzte: „Und wenn ja, was sind die wesentlichen Erkenntnisse?“

Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, wies in seiner Antwort darauf hin: „Die ,Arbeitsgemeinschaft Reservisten‘ erstellt keinen jährlichen Bericht zur Analyse des extremistischen Gefahrenpotenzials in der Bundeswehr. Die Analyse des extremistischen Gefahrenpotenzials ist nicht Gegenstand ihrer Arbeit.“

Ziel der Arbeitsgruppe der beiden Bundesämter sei es vielmehr, „angesichts der zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) wechselnden Zuständigkeiten bei Reservisten durch ständige und gegenseitige Unterrichtungen eine lückenlose Verdachtsfallbearbeitung im Bereich der Extremismus-Abwehr sicherzustellen“. Dazu bestehe eine beiderseits feste Zuordnung von Ansprechpartnern, erklärte Silberhorn. Anlassbezogen fänden zudem Sitzungen statt, bei denen zu den jeweiligen Verdachtsfällen Informationen ausgetauscht würden.

Ausschluss aus dem Reservistenverband „widerspruchslos hingenommen“

Regionale Schlagzeilen lieferte vor wenigen Tagen zum Rechtsextremismus-Thema der Verband der Reservisten der Bundeswehr. Offensichtlicht hatte die Organisation vier Mitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern ohne jeglichen Beweis ausgeschlossen. Eine Sprecherin des Verbandes räumte dies gegenüber dem Nordkurier ein (die Tageszeitung wird überwiegend in Ostmecklenburg, im südlichen Teil Vorpommerns sowie im Landkreis Uckermark im nördlichen Brandenburg vertrieben).

Wie die Zeitung am 5. Oktober berichtete, waren den Reservisten rechtsextremistische Aktivitäten vorgeworfen worden. Eine Verbandssprecherin habe allerdings eingeräumt, „diese Vorwürfe nur aus der Presse“ zu kennen. Über Informationen des Verfassungsschutzes, des Militärischen Abschirmdienstes oder anderer Sicherheitsbehörden verfüge man nicht. Die Anschuldigungen seien jedoch so schwer gewesen, dass das Präsidium für den Ausschluss gestimmt habe, um Schaden vom Verband abzuwenden. Die Sprecherin habe aber betont – so das Regionalblatt: „Die vier Betroffenen haben den Ausschluss widerstandslos hingenommen.“

Dehnen sich die alten rechtsextremistischen Netzwerke weiter aus?

Am 2. Oktober war zudem bekannt geworden, dass der SPD-Politiker Dirk Friedriszik, Mitglied des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, seine Mitgliedschaft im Reservistenverband gekündigt hat.

Zu den Hintergründen seiner Entscheidung erklärte der Berufssoldat, der im Landtag unter anderem Sprecher seiner Fraktion für Bundeswehr-Politik ist: „Der ehemalige Vorsitzende des Landesverbandes, Helge Stahn, hatte sich zum Ziel gesetzt, rechtsextremistische Mitglieder aus dem Verband zu entfernen. Doch dieser Kampf ging verloren und wird von seinem Nachfolger offenbar auch nicht fortgesetzt. Stattdessen existieren die alten Netzwerke von Rechtsextremisten weiter und dehnen sich auch aus.“

Er könne es deshalb mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, so Friedriszik in einem Pressestatement, dem Verband weiterhin anzugehören. Gleichzeitig wolle er aber festhalten, dass „selbstverständlich nicht alle Mitglieder des Reservistenverbandes Rechtsextreme“ seien. Doch offensichtlich hätten die demokratischen Kräfte die Geschicke des Verbandes nicht mehr in der Hand (siehe auch hier). Der Sozialdemokrat warnte: „Ich bedauere aufrichtig, dass die Unterwanderung des Landesverbandes durch Rechtsextreme nicht rechtzeitig unterbunden worden ist und fordere alle in Verantwortung stehenden Demokraten zur Wachsamkeit auf.“

Unsere beiden Symbolbilder illustrieren das Thema „Rechtsextremismus in Deutschland“.
(Bildmaterial: amk)

 


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