Toulouse (Frankreich)/München/Manching. Das Unternehmen Airbus trauert um Professor Gero Madelung. Er starb am Donnerstag vergangener Woche (13. Dezember) im Alter von 90 Jahren. Madelung, Neffe des Luftfahrtpioniers Willy Messerschmitt, war über mehrere Jahrzehnte in führenden Positionen innerhalb der Vorgängerorganisationen von Airbus tätig. Bis zuletzt war er als Vorsitzender des Stiftungsrates der Willy-Messerschmitt-Stiftung, die in Kooperation mit Airbus das Willy-Messerschmitt-Museum in Manching betreibt, mit dem Konzern verbunden.
Airbus-Chef Tom Enders würdigte den Verstorbenen und dessen Lebenswerk: „Professor Gero Madelung hat die militärische Luftfahrt über Jahrzehnte geprägt. Sowohl als Ingenieur, aber auch in seinen Führungspositionen hat er sich sehr um unser Unternehmen verdient gemacht. Auch sein Anliegen, die Erinnerung an die deutschen Luftfahrtpioniere hochzuhalten, werden wir in seinem Sinne weiterführen.“
Die Luftfahrt verliere mit Madelung „einen glühenden Anhänger, treuen Bewunderer und engagierten Spiritus Rector und wir als Menschen einen stets bodenständig gebliebenen Gentleman und überzeugten Europäer“, so Enders weiter.
Gero Madelung wirkte seit seinem Eintritt im Jahr 1952 bei Messerschmitt an der Entwicklung zahlreicher europäischer Flugzeugprojekte maßgeblich mit. Dazu zählten – neben dem Strahltrainer HA-200, dem Überschalljäger HA-300 und dem Senkrechtstarter VJ 101 C – vor allem das trinationale Tornado-Programm. Dieses Programm wurde maßgeblich von Madelung, der von 1969 bis 1978 alleiniger Geschäftsführer der MBB-Beteiligungsgesellschaft Panavia Aircraft GmbH war, als „überzeugter Unterstützer dieser modernen, länderübergreifenden Kooperation“ (so Enders) vorangetrieben.
Als Vorsitzender der Geschäftsführung und späterem Aufsichtsratsmitglied der damaligen Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH/MBB GmbH (als Vorgängergesellschaft von Airbus) prägte Gero Madelung das Unternehmen entscheidend. Ende der 1980er-Jahre übernahm er an der Technischen Universität München den Stiftungslehrstuhl für Luftfahrttechnik.
Mit der Verleihung des Ludwig-Prandtl-Rings, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, reihte sich der Flugzeugbauer, Wissenschaftler und Manager 1991 in den erlesenen Kreis um Claude Dornier und Ludwig Bölkow ein.
Der Flugpionier Claude Dornier (1884 bis 1969) hatte im Laufe seines Lebens 68 Flugzeugtypen, viele davon nach revolutionärem Konzept, entwickelt. Zum Schluss hatte der Querdenker und Unternehmer einen Konzern mit rund 23.000 Beschäftigten geführt. Die deutsche Luftfahrt- und Technikgeschichte ist ohne den Namen „Dornier“ nicht denkbar.
Der Ingenieur Ludwig Bölkow (1912 bis 2003) war Gründer des Flugzeugherstellers Bölkow GmbH. Das Unternehmen wurde 1969 Teil des Technologiekonzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm, der bis 1989 existierte.
Ludwig Prandtl (1875 bis 1953) gilt als Pionier der modernen Strömungsmechanik. Seine Grenzschichttheorie überbrückte eine Jahrhunderte andauernde Kluft zwischen Theorie und Praxis auf diesem Gebiet. Prandtl hinterließ darüber hinaus bleibende Spuren in einer Fülle von ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen – von der Festigkeitslehre bis hin zur Erforschung der Turbulenz. Auch beim Aufbau neuer Institute hatte er sich einen Namen gemacht: Die Aerodynamische Versuchsanstalt in Göttingen, eine Vorläufereinrichtung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, geht auf Prandtls Initiative zurück. Zudem gründete er auch das Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung, das heute als Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation fortbesteht.
Der „Ludwig-Prandtl-Ring“ ist die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, vergeben für „hervorragende eigene Arbeiten in den Flugwissenschaften in all ihren Disziplinen“.
Unser Porträtbild zeigt Professor Gero Madelung Mitte der 1980er-Jahre.
(Foto: Airbus Deutschland)