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Berlin. Die Bundeswehr ist neben der britischen Armee die einzige europäische Armee, die weiter Minderjährige einstellt. Nachbarländer wie Spanien, Italien oder Polen haben in den letzten Jahren das Eintrittsalter in ihren Armeen auf mindestens 18 Jahre heraufgesetzt. Vor Kurzem wollte der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Die Linke) von der Bundesregierung wissen, wie viele Personen im Alter von 17 Jahren im Jahr 2016 ihren Militärdienst bei der Bundeswehr angetreten haben. Er erkundigte sich auch nach der Anzahl der Bewerber, die zum Zeitpunkt ihrer Einplanung gerade einmal 17 Jahre alt gewesen sind. Müller ist Vorsitzender der Bundestags-Kinderkommission.

Der freiwillige Eintritt in die Streitkräfte ist in Deutschland ab 17 Jahren erlaubt. Voraussetzung dafür ist allerdings die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten oder gesetzlichen Vertreters. In diesem Fall findet die Musterung bereits sechs Monate vor dem 17. Geburtstag des Bewerbers statt.

Nach Auskunft des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin der Verteidigung Markus Grübel vom 15. September wurden in diesem Jahr bislang 1199 Personen im Alter von 17 Jahren für eine militärische Laufbahn in der Bundeswehr eingeplant (Stand: 12. September). 1195 Personen im Alter von 17 Jahren haben im relevanten Zeitraum (1. Januar bis 12. September) ihren Dienst dann auch tatsächlich angetreten.

Ein Appell an Verteidigungsministerin von der Leyen

Diese aktuellen Zahlen dürften dem Zusammenschluss „Deutsches Bündnis Kindersoldaten“ überhaupt nicht gefallen. Anlässlich des Antikriegstages beziehungsweise Weltfriedenstages am 1. September hatte das Bündnis bereits an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen appelliert, das Eintrittsalter in die Bundeswehr auf 18 Jahre zu erhöhen.

Das „Deutsche Bündnis Kindersoldaten“ versammelt zehn Kinderrechts-, Friedens- und Entwicklungsorganisationen, die sich in Deutschland und Ländern in Asien, Lateinamerika und Afrika mit Anwaltschaftsarbeit und Projekten vor Ort gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten einsetzen. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem terre des hommes, UNICEF Deutschland, Kindernothilfe, World Vision oder missio.

Seit 1999 arbeitet die Initiative eng mit weiteren internationalen Organisationen wie „Child Soldiers International“ und der „Watchlist on Children and Armed Conflict“ zusammen.

Vertragsstaat der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen

Ralf Willinger von terre des hommes und Sprecher des Bündnisses kritisiert: „Das Jugendschutzgesetz gilt in der Bundeswehr nicht, es gibt keinerlei besondere Schutzmaßnahmen für Minderjährige gegen Übergriffe oder sexuellen Missbrauch, es werden noch nicht einmal Daten dazu von der Bundeswehr erhoben.“ Die Bundesregierung müsse diese Missstände schnell beheben, indem sie das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anhebe. Sie sei als Vertragsstaat der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN) zu besonderem Schutz aller unter 18-Jährigen verpflichtet, mahnt Willinger.

„Armeen wie die afghanische, die burmesische, die kongolesische oder die somalische haben sich in VN-Aktionsplänen dazu verpflichtet, keine unter 18-Jährigen mehr zu rekrutieren“, berichtet Frank Mischo von der Kindernothilfe. Diese Armeen würden sich jedoch nicht daran halten. Sie rechtfertigten dieses Fehlverhalten vielmehr auch mit Verweis auf die Minderjährigen in der Bundeswehr. „Die Bundesregierung fordert international die Einhaltung der 18-Jahre-Grenze ein, rekrutiert aber selber 17-Jährige“, so Mischo.


Unser Symbolbild zeigt Soldaten des Wachbataillons in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin. Die Aufnahme entstand am 24. Februar 2015 beim Truppenbesuch von Bundespräsident Joachim Gauck.
(Foto: Jana Neumann/Bundeswehr)


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