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Osnabrück/Berlin. Im ersten Halbjahr wurden bundesweit dreimal so viele Aufmärsche der extremen Rechten gezählt wie im Vorjahreszeitraum. Die von der Nazi-Szene veranstalteten Proteste stiegen von 35 auf 110 Veranstaltungen. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken hervor, über die am heutigen Mittwoch (16. August) die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet. Ebenfalls am heutigen Mittwoch wurde bekannt, dass es jetzt eine neue Regelung zur schnellen Entlassung von Extremisten bei der Bundeswehr geben wird.

Zunächst zu den Aufmärschen der Rechtsextremen. Als Grund für die Zunahme gelte – so schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) – die stark gestiegene Zahl an Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie die öffentliche Debatte um eine neue Flüchtlingskrise. Auch das Ende der Corona-Pandemie, die zwei Jahre lang Großveranstaltungen verhindert hatte, habe die Szene wieder beflügelt.

Dagegen sei die Zahl der Rechtsrock-Konzerte etwas zurückgegangen und im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 89 auf 71 gesunken.

Im Jahr der Flüchtlingskrise 2015 fast 600 Aufmärsche der extremen Rechten

Die Linken-Abgeordnete Petra Pau (Wahlkreis Berlin-Marzahn-Hellersdorf) zeigt sich besorgt über die gestiegenen Zahlen der Aufmärsche. Die Bundestagsvizepräsidentin, die unter anderem Mitglied im Bundestagsausschuss für Inneres und Heimat ist, sagte der NOZ: „Die Mobilisierungskraft der extremen Rechten steigt nun ein Jahr nach der Pandemie wieder enorm an.“ Die meisten Aufmärsche seien dabei aus Protest gegen Flüchtlingsunterkünfte entstanden und sogenannte „Nein zum Heim“-Demonstrationen gewesen.

Pau appellierte: „Es ist unser aller Pflicht zu verhindern, dass sich die extrem feindliche Stimmung gegen Geflüchtete auf einem ähnlichen Niveau wie Anfang der 1990er-Jahre und 2015 einpendelt.“ Die höchste Zahl an rechten Aufmärschen war im Jahr der Flüchtlingskrise 2015 mit 590 verzeichnet worden. Danach war der Trend rückläufig.

Künftig ist eine schnellere Entlassung aus der Truppe möglich und wahrscheinlich

Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes beschlossen, nach dem Extremisten (und – für die Freunde und Freundinnen des Genderns – auch Extremistinnen) künftig schneller aus den Streitkräften entlassen werden können. Es soll ein neuer spezifischer Entlassungstatbestand geschaffen werden, der an das Bundesverfassungsschutzgesetz anknüpft (siehe auch unseren früheren Beitrag).

Bundeswehrangehörige, die nachweislich verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen oder verfolgen, sollen unabhängig von ihrem Status durch den Verwaltungsakt aus dem Dienstverhältnis entfernt werden können.

Dabei erfolgt die Entlassung nun durch die Behörde selbst, nicht nach langwierigen Gerichtsverfahren. Das heißt, eine Entlassung kann künftig zügig umgesetzt werden. Der Rechtsschutz bleibt gewährleistet, da eine gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung möglich ist.

Wachsam bleiben, um im Einzelfall schnell und konsequent handeln zu können

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius erklärte dazu: „Unsere […] Soldaten stehen auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das ist wesentliche Voraussetzung für ihr Dienstverhältnis zum Staat. Gleichwohl sind wir wachsam, um im Einzelfall schnell und konsequent handeln zu können. Eine Entlassung erkannter […] Extremisten aus der Bundeswehr wird künftig ohne ein langwieriges gerichtliches Disziplinarverfahren möglich sein. Damit gibt uns der heute beschlossene Gesetzentwurf die Möglichkeit, die Bundeswehr vor verfassungsfeindlichen Strömungen zu bewahren – und dies bei Wahrung aller rechtsstaatlichen Grundsätze.“

Neben dem neuen Entlassungstatbestand wird – in Anlehnung an die Regelungen für […] Beamte – das Soldatengesetz dahingehend geändert, dass eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung zum Verlust der Rechtsstellung […] des Soldaten führt, ohne dass es eines weiterführenden Verwaltungsaktes bedarf. Diese Regelung wird für sämtliche […] Soldaten sowie frühere […] Soldaten eingeführt.

Zudem wird klargestellt, dass eine solche Verurteilung einer Berufung in das Dienstverhältnis […] eines Berufssoldaten sowie […] eines Soldaten auf Zeit von vornherein entgegensteht. Der Gesetzentwurf wird nun in das parlamentarische Verfahren eingebracht.


Zu unseren Symbolaufnahmen „Extremrechte“: Aufmarsch von Neonazis am 20. Juli 2019 in Kassel. Der Fotograf Kai Schwerdt in seiner Bildbeschreibung: „Etwa 120 Neonazis und Sympathisanten der faschistischen Kleinstpartei ,Die Rechte‘ folgten einem Aufruf zur Demonstration ,Gegen Pressehetze und Verbotsirrsinn‘ in Kassel. Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot und dem Protest von über 10.000 Gegendemonstranten, zog der Aufmarsch durch den weiträumig abgesperrten Stadtteil Unterneustadt. Journalisten wurden wiederholt von Rechtsradikalen bedrängt und an ihrer Arbeit gehindert. In seiner Rede beschimpfte Sven Skoda, Bundesvorsitzender der Partei, die Presse als ,Brunnenvergifter‘“. […]
(Fotos: Kai Schwerdt/Flickr/

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