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Berlin. Die Bundesregierung hat am gestrigen Mittwoch (19. April) einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung vorgelegt, der unter anderem eine schnellere Entfernung von Extremisten aus dem Dienst ermöglichen soll. Ziel ist – so die Begründung – durch eine rasche und effektive Ahndung von Dienstvergehen das Ansehen des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen in die Integrität der Verwaltung zu stärken. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius hat sich zu dem Thema geäußert …

In ihrem „Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ weist die Bundesregierung zunächst darauf hin, dass im Jahr 2021 in der Bundesverwaltung 373 Disziplinarmaßnahmen verhängt worden sind. Dazu heißt es: „Im Verhältnis zu der Gesamtzahl der rund 190.000 beim Bund tätigen […] Beamten kam es somit bei weniger als 0,2 Prozent zu disziplinarischen Folgen. Auch im Mehrjahresvergleich ist die Zahl der Disziplinarverfahren stabil auf einem niedrigen Niveau.“

Jedes Dienstvergehen beeinträchtige allerdings das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung, warnt die Bundesregierung. Besonders schwerwiegende Auswirkungen auf das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit hätten dabei „extremistische Handlungen“.

Die Verfassungstreuepflicht sei prägender Ausdruck des beamtenrechtlichen Treue- und Dienstverhältnisses, so die Regierung in ihrem Entwurf weiter. Beamte, die sich mit ihrem Verhalten offen in Widerspruch zu den Grundwerten der parlamentarischen Demokratie stellten, seien im öffentlichen Dienst untragbar. Deshalb sehe auch der Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vor, „Verfassungsfeinde schneller als bisher aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen, um die Integrität des Öffentlichen Dienstes sicherzustellen“.

Verfahren dauern derzeit im Durchschnitt rund vier Jahre

Wie nun die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf darlegt, können bis zum rechtskräftigen Abschluss eines auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichteten Disziplinarverfahrens in der Praxis momentan mehrere Jahre vergehen. Im geltenden Disziplinarklagesystem dauerten Verfahren im Durchschnitt knapp vier Jahre.

Dies sei insbesondere bei Personen, die die Bundesrepublik und ihre freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnten, nicht hinzunehmen – auch weil die Betroffenen während des gesamten Disziplinarverfahrens weiterhin einen beträchtlichen Teil ihrer Bezüge erhielten.

Statt Klage vor dem Verwaltungsgericht nun Verfügung durch Disziplinarbehörde

Durch die vorgesehene Änderung des Bundesdisziplinargesetzes soll das „langwierige Verfahren der Disziplinarklage durch umfassende Disziplinarbefugnisse der Disziplinarbehörden“ abgelöst werden. „Statt Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben zu müssen, sollen die Disziplinarbehörden künftig sämtliche Disziplinarmaßnahmen, einschließlich der Zurückstufung, der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts, durch Disziplinarverfügung aussprechen“, erklärt die Bundesregierung in ihrem Entwurf weiter.

Sie weist darauf hin, dass durch die Vorverlagerung des Ausspruches auch dieser statusrelevanten Disziplinarmaßnahmen auf die behördliche Ebene ein schnellerer Abschluss des Verfahrens möglich sei. Effektiver Rechtsschutz werde durch die Möglichkeit der nachgelagerten gerichtlichen Vollkontrolle der Disziplinarverfügung durch die Verwaltungsgerichte sichergestellt.

„Finanzielle Fehlanreize des geltenden Disziplinarklagesystems“ korrigieren

Zudem ziele der Gesetzentwurf auch darauf ab, „finanzielle Fehlanreize des geltenden Disziplinarklagesystems“ zu korrigieren. Bislang würden die Bezüge, die den Betroffenen bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entfernungsentscheidung gezahlten würden, nicht zurückgefordert. Für Beamte könne es daher von Interesse sein, den Abschluss des gerichtlichen Disziplinarverfahrens hinauszuzögern, um möglichst lange weiterhin Bezüge zu erhalten, kritisiert die Regierung.

Um diesen Fehlanreizen auch im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung zu begegnen, sollen künftig Beamte, die wegen eines Verstoßes gegen ihre Verfassungstreuepflicht aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, dem Gesetzentwurf zufolge die bis zur Bestandskraft fortgezahlten Bezüge zurückerstatten müssen.

Beteiligung der zuständigen Gewerkschaften und Interessenvertretungen

Die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften hatten bei diesem Gesetzentwurf im Rahmen der Beteiligung nach § 118 Bundesbeamtengesetz (BBG) bereits Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen (BDVR), der dbb beamtenbund und tarifunion (dbb), der Christliche Gewerkschaftsbund (CGB), der Deutsche Bundeswehr-Verband (DBwV) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben sich inzwischen zu dem Entwurf schriftlich geäußert.

Redaktioneller NACHBRENNER

Zum Thema „Extremisten im Staatsdienst“ äußerte sich am heutigen Donnerstag (20. April) auch Verteidigungsminister Boris Pistorius. Anlässlich der Bundestagsdebatte über den „Jahresbericht 2022“ der Wehrbeauftragten versprach er „mehr Tempo im Kampf gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr“. Dazu kündigte der Minister „eine baldige Änderung des Soldatengesetzes“ an. Pistorius versprach, man werde die Bedingungen verbessern, um diejenigen, die „nachweislich gegen unsere Verfassung arbeiten und sie ablehnen, schneller aus dem Dienst entfernen zu können“.

Der überwiegende Teil der Truppe stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes, versicherte der SPD-Politiker. Gleichzeitig wisse man aber auch, dass es „die anderen“ gebe. Pistorius gab bekannt, dass das Soldatengesetz „in Kürze – hoffentlich vor der Sommerpause, sonst gleich danach – eingebracht werden kann“.

Auch die Wehrbeauftragte sieht dringenden Handlungsbedarf. Eva Högl sagte zum Auftakt der heutigen Bundestagsdebatte: „Das Thema erfordert weiterhin unsere volle Aufmerksamkeit, konsequente Verfolgung und viel Prävention.“ Zwar sei die Zahl der Extremisten-Fälle im Jahr 2022 gesunken, die Verfahren dauerten allerdings immer noch viel zu lange. Sie hoffe sehr, dass die Änderung des Soldatengesetzes dieses Jahr beschlossen werde, um Entlassungen zu vereinfachen.


Unser Symbolbild „Pflicht zur Verfassungstreue – Deutschlandfahne über dem Reichstagsgebäude“ aus dem Bildangebot von Pixabay. Das Reichstagsgebäude ist der offizielle Sitz des Deutschen Bundestages.
(Foto: Felix Mittermeier/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)


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