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Berlin. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat in seiner 61. Sitzung am gestrigen Mittwoch (18. Oktober) Beschaffungs- und Entwicklungsprojekte für die deutschen Streitkräfte in Höhe von mehr als 4,4 Milliarden Euro bewilligt. Verteidigungsminister Boris Pistorius bezeichnete die Entscheidung der Haushälter als „klares Zeichen gelebter Zeitenwende“. Über die Details der Ausschussentscheidungen berichtete das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) unmittelbar nach Beendigung der Sitzung in einer Pressemitteilung und einem Onlinebeitrag.

Das größte am Mittwochnachmittag durch den Haushaltsausschuss bewilligte Vorhaben betrifft mit rund vier Milliarden Euro aus dem Sondervermögen „Bundeswehr“ die Beschaffung des Flugabwehrsystems Arrow einschließlich der Lenkflugkörper Arrow 3.

Der Vertrag mit der israelischen Regierung (siehe auch hier) beinhaltet neben der Lieferung des Waffensystems und der Lenkflugkörper auch erste Ersatzteilpakete sowie die Ausbildung für das Bedienpersonal. Hinzu kommen weitere Unterstützungsleistungen und Baumaßnahmen in Deutschland. Das Arrow-Waffensystem besteht aus Gefechtsständen, Sensoren und Startgeräten mit Lenkflugkörpern. Es bildet den Kern der neuen Fähigkeit zur territorialen Flugkörperabwehr.

Aktuelle und künftige Sicherheitsanforderungen bei der Kommunikation

Weitere rund 162 Millionen Euro aus dem Sondervermögen wurden für die Entwicklung und Beschaffung neuer Multi-Kryptotelefone in einer robusten Version (insgesamt 1350 Einheiten/rund 70 Millionen Euro) zur anforderungsgerechten verschlüsselten Kommunikation, für die Beschaffung von Krypto- und Funkgeräten in den Richtfunkanlagen des Waffensystems Patriot (insgesamt 51 Geräte/rund 40,5 Millionen Euro) sowie für die Beschaffung von Empfängerkarten GPS M-Code für eine zuverlässige land- und seegebundene Satellitennavigation (insgesamt 9058 Empfängerkarten/rund 51,5 Millionen Euro) freigegeben.

Im Rahmen der Beschaffung der 1350 Kryptotelefone als Teil des Vorhabens „Kryptomodernisierung der Streitkräfte“ sollen die derzeit genutzten ISDN-basierten Kryptogeräte durch IP-basierte Multi-Kryptotelefone erneuert werden. Mit ihnen ist die verschlüsselte Kommunikation über das Internet möglich. Geplant sind außerdem Weiterentwicklungen für die Kommunikation im Bündnis bis hin zur Einstufung „NATO-Secret“. Diese Weiterentwicklungen sollen einmal als Software-Updates zur Verfügung werden.

Die neuen Krypto- und Funkgeräte für die Richtfunkanlagen des Waffensystems Patriot wird zwischen 2025 und 2027 an die Bundeswehr ausgeliefert. Mit dieser Beschaffungsmaßnahme wird Patriot in Deutschland auch weiterhin für die bodengebundene Luftverteidigung modernisiert.

Die Empfängerkarten GPS M-Code werden im Rahmen des Projekts „Land- und seegebundene robuste Navigation unter NAVWAR-Bedingung“ (kurz „LaSeRoNN“) von der US-Regierung gekauft und – wie bereits erwähnt – ebenfalls aus dem Sondervermögen „Bundeswehr“ finanziert. Die Karten werden zwischen 2025 und 2028 ausgeliefert und in die Navigationsgeräte von Fahrzeugen und Marineeinheiten integriert. Für die Bundeswehr erhöht sich damit die Fähigkeit, resilienter gegen Störversuche zu navigieren.

Weitreichende sonargestützte Aufklärung durch Unterwasserdrohnen

Aus dem Verteidigungsetat können mit der gestrigen Ausschussentscheidung außerdem mehr als 52,5 Millionen Euro für die Beschaffung und Integration von vier Unterwasserdrohnen (Long Range Autonomous Underwater Vehicle, LR-AUV) zur maritimen Aufklärung vertraglich gebunden werden. Zusätzlich besteht die Option für ein fünftes LR-AUV.

Die Systeme werden zur weitreichenden sonargestützten Unterwasseraufklärung in Wassertiefen bis 300 Metern, zur Seeminenabwehr, zur Erstellung von Unterwasserlagebildern und -karten sowie zur Datensammlung eingesetzt. Sie sind nicht mit Waffen versehen und können aufgeklärte Minen nicht selbst räumen. Sie werden im Verbund mit den Minenjagdbooten der „Frankenthal“-Klasse (MJ332) eingesetzt. Darüber hinaus können die Unterwasserdrohnen dazu genutzt werden, Ausspähversuche anderer Staaten aufzudecken. Die festbeauftragten vier Systeme sollen in den Jahren 2024 und 2025 geliefert werden.

Streitkräftegemeinsame verbundfähige Funkgeräteausstattung

Ebenfalls genehmigt wurde die Beschaffungsmaßnahme „Streitkräftegemeinsame verbundfähige Funkgeräteausstattung“ (SVFuA). Die damit verbundene Haushaltsmittelbindung von mehr als 130 Millionen Euro erfolgt sowohl über den Verteidigungshaushalt als auch über das Sondervermögen „Bundeswehr“.

Die Funkgeräte sollen zwischen 2023 und 2025 an die Bundeswehr ausgeliefert werden. Sie sind vor allem für vier Projekte vorgesehen: den Schützenpanzer Puma, das Gefechtsübungszentrum des Heeres (GÜZ), die Feuereinheiten des Flugabwehrsystems IRIS-T SLM und für die Gefechtsstände der Division, die die Bundeswehr der NATO ab 2025 bereitstellen will („Division 25“). Mit den Geräten erhält die Truppe nach und nach eine einheitliche Kommunikationsausstattung für Sprach- und Datenkommunikation bis zu den Einstufungen „Geheim“ und „NATO Secret“.

Refokussierung der Truppe auf die Landes- und Bündnisverteidigung

Darüber hinaus wurde vom Haushaltsausschuss die Nachbestellung von Panzerabwehrrichtminen des Typs DM22 (PARM DM22) mit einem Auftragsvolumen von fast 68 Millionen Euro zulasten des Einzelplans 60 („Ertüchtigungsinitiative“ der Bundesregierung) durch den Haushaltsausschuss bewilligt. Die Festbeauftragung umfasst insgesamt 2600 Stück.

Aus den Finanzmitteln der sogenannten „Ertüchtigungsinitiative“ werden ausgewählte Partnerstaaten Deutschlands mit militärischem Material, Ausrüstung und Ausbildung unterstützt. So auch die Ukraine, die in der Vergangenheit unter anderem auch deutsche Panzerabwehrminen erhalten hat. Der Ersatz für die Bundeswehr wird nun aus Mitteln der Initiative, die ein gemeinsam vom Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium verwalteter Haushaltstitel ist, finanziert.

Die Rahmenvereinbarung mit dem Hersteller der Panzerabwehrrichtminen sieht die mögliche Bestellung von weiteren 10.000 Exemplaren vor. Durch die Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung sind Panzerabwehrminen, mit denen das Vorrücken des Gegners verzögert werden kann, wieder wichtig geworden.

Bereits 40 sogenannte 25-Millionen-Euro-Vorlagen für den Ausschuss

Ressortchef Pistorius äußerte sich zu den vom Haushaltsausschuss genehmigten Beschaffungs- und Entwicklungsprojekten am Mittwoch wie folgt: „Wir investieren in die Fähigkeiten der Landes- und Bündnisverteidigung. Mit den aktuellen Entscheidungen des Haushaltsausschusses wird die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte weiter gestärkt. Ein klares Zeichen gelebter Zeitenwende. In diesem Jahr haben wir damit bereits insgesamt 40 sogenannte 25-Millionen-Euro-Vorlagen vorgelegt. Damit können wir Verträge im Gesamtvolumen von mehr als 26 Milliarden Euro abschließen. Über die parlamentarische Unterstützung freue ich mich.“

Diese Entscheidungen des Haushaltsausschusses bilden für den Auftraggeber „Bundeswehr“ die Grundlage für den Abruf von Haushaltsmitteln sowohl aus dem regulären Verteidigungshaushalt (Einzelplan 14) als auch aus dem Sondervermögen.


Unser Symbolbild „Haushaltsausschuss“ entstand während einer Sitzung des Gremiums am 18. Mai 2022 im Paul-Löbe-Haus des Parlaments.
(Foto: Werner Schüring/Deutscher Bundestag)


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