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Washington D.C./Berlin/Nordholz. Die Bundeswehr hat am gestrigen Mittwoch (30. Juni) die Beschaffung von insgesamt fünf Seefernaufklärern P-8A Poseidon des US-Herstellers Boeing in die Wege geleitet. Dies geschah während des Besuches von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in Washington D.C., die in der Hauptstadt von ihrem amerikanischen Amtskollegen Lloyd J. Austin begrüßt wurde. Vertreter des Koblenzer Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) unterzeichneten im Rahmen des Ministerbesuches für Boeing einen sogenannten „Letter of Offer and Acceptance“ (LOA).

Kramp-Karrenbauer teilte in Washington ihrem Gastgeber Austin mit, sie freue sich, dass nun der Kauf der fünf neuen Seefernaufklärer eingeleitet sei. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte in der Woche zuvor die Beschaffung der fünf Maschinen gebilligt und rund 1,43 Milliarden Euro freigegeben.

Die USA beginnen jetzt ihr sogenanntes „Foreign Military Sales“-Verfahren (FMS-Verfahren). Einer der nächsten Schritte ist, den eigentlichen Vertrag, der ein Finanzvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro hat, zu zeichnen. Das FMS-Verfahren soll die Auslieferung der fünf P-8A Poseidon beschleunigen. Die Flugzeuge werden dafür zunächst von der U.S. Navy gekauft. Die erste Maschine soll voraussichtlich 2024 an die U.S. Navy ausgeliefert werden, anschließend sollen die von Deutschland bestellten Missionspakete eingebaut werden. Alle fünf Poseidon sollen an Deutschland schließlich bis zum ersten Halbjahr 2025 ausgeliefert werden.

Boeing hatte bereits Mitte Juni eine Absichtserklärung mit der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH (ESG) und der Lufthansa Technik AG (LHT) unterzeichnet, um bei der Systemintegration, dem Training sowie bei der Wartung und Überholung für die deutschen P-8A kooperieren zu können.

Vorgängermaschinen P-3C Orion sollen bereits 2025 ausgemustert werden

Das ganze Beschaffungsvorhaben ist eng getaktet – bereits 2025 sollen auch die Vorgängermaschinen der Poseidon, die Seefernaufklärer P-3C Orion beim Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ in Nordholz, ausgemustert werden.

Der Kauf der neuen fünf Seefernaufklärer bei Boeing hat auch mit dem gescheiterten P-3C-Modernisierungsprogramm zu tun, mit dem die Deutsche Marine zu retten suchte, was nicht mehr zu retten war (siehe auch hier und hier). Auch das deutsch-französische Kooperationsprojekt „Maritime Airborne Warfare System“ (MAWS) wird nicht vor 2035 erwartet – wenn es denn überhaupt noch zum Zug kommt, denn die P-8A von Boeing kann locker 25 Jahre oder 25.000 Flugstunden durchhalten.

Zum Thema „Waffensystem P-3C Orion“ schrieb die Bundesregierung am 19. April in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion: „Derzeit sind vier der acht P-3C Orion […] wegen nicht wirtschaftlich instand zu setzender Schäden nicht weiter betreibbar. Ab dem Jahr 2023 werden voraussichtlich noch zwei Flugzeuge nutzbar sein.“ Mit Blick auf das Angebot von Boeing erklärte die Bundesregierung: „Die erforderlichen Fähigkeiten des Waffensystems P-8A Poseidon von Boeing entsprechen grundsätzlich denen der P-3C Orion. Ausschließlich das Waffensystem P-8A Poseidon könnte bei Abschluss eines ,Foreign Military Sales‘-Vertrages vor der Sommerpause des Jahres 2021 einen bruchfreien und zeitgerechten Fähigkeitsübergang sicherstellen. Die Möglichkeit des Betriebs für einen Interimszeitraum im Gesamtsystem der Bundeswehr unter Nutzung der vorhandenen Infrastruktur des Stützpunktes in Nordholz wäre gegeben.“

Entwickelt für den Einsatz unter härtesten maritimen Flugbedingungen

Die P-8A Poseidon sei ein einzigartiges Multimissionsflugzeug, das in der Lage sei, die modernsten Bedrohungssysteme aufzuspüren und wenn nötig zu bekämpfen, lobt Hersteller Boeing die militärische Version des Passagierflugzeugs 737 Next Generation in einem Online-Unternehmenstext. In der Produktbeschreibung heißt es weiter: „Die P-8A wurde für den Einsatz unter den härtesten maritimen Flugbedingungen entwickelt, einschließlich längerem Betrieb bei eisigen Temperaturen. Kürzere Transitzeiten bei bis zu 490 Knoten (rund 907 km/h), in einer maximalen Höhe von bis zu 41.000 Fuß (12.00 Meter), reduzieren das Operationsgebiet bei der Suche nach Ubooten, Schiffen oder Überlebenden bei Such- und Rettungseinsätzen. Die P-8A ist auch für Missionen in niedriger Höhe konzipiert und konnte ihre Fähigkeiten bereits im Einsatz unter Beweis stellen.“

Laut Boeing wird Deutschland zum achten Kunden dieses Flugzeugmodells – neben den USA, Australien, Indien, Großbritannien, Norwegen, Südkorea und Neuseeland. Mittlerweile sind dem Hersteller zufolge weltweit mehr als 130 Poseidon-Maschinen im Betrieb, die zusammen bereits rund 300.000 Flugstunden absolviert haben.

Boeing versichert am Schluss seines Pressetextes zudem: „Mit der Poseidon wird auch Deutschland in der Lage sein, bei NATO-Übungen im Nordatlantik und in der Nord- und Ostsee die volle Interoperabilität mit anderen P-8A-Betreiberländern zu nutzen. Die P-8A bietet wichtige Fähigkeiten zur Erfüllung der kollektiven Verteidigungsverpflichtungen Deutschlands im Rahmen seiner Bündnismitgliedschaft und seines Engagements für die Verteidigung und Sicherheit der EU, einschließlich des maritimen Bereichs.“

Fünf Maritime Patrol Aircraft plus umfangreicher Support

Wie das Bundesministerium der Verteidigung am gestrigen Mittwoch in einer Presseerklärung mitteilte, soll der Vertrag neben den fünf Flugzeugen auch Zusatzleistungen umfassen: darunter Ausstattung für Kommunikation und für unterschiedliche Missionsarten, einen Erstbedarf an Ersatzteilen, Prüfgeräte und Sonderwerkzeuge.

Ebenfalls am Projekt seien auch deutsche Zulieferer beteiligt, so der Ministeriumstext weiter. In enger Zusammenarbeit zwischen Boeing, den deutschen Firmen und der Deutschen Marine könnten so bedarfsgerecht technische Unterstützung, Ausbildung und Wartung angeboten werden.


Die beiden Computeranimationen zeigen jeweils eine P-8A Poseidon von Boeing mit deutschen Hoheitsabzeichen beziehungsweise Kennzeichnungen der Deutschen Marine.
(Bilder: Boeing)


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