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Nordholz/Hultsfred (Schweden). Das Beschaffungsprojekt „Skeldar V-200“ erreicht momentan seine entscheidende Phase. Im südschwedischen Hultsfred findet derzeit die Bedienerausbildung für das unbemannte Luftfahrzeug Sea Falcon, das auf Basis der Hubschrauberdrohne Skeldar V-200 beruht, statt. Kapitän zur See Thorsten Bobzin, Kommandeur des Marinefliegerkommandos in Nordholz, berichtete am vergangenen Freitag (24. April) auf Twitter: „Die Ausbildung für drei Marineflieger-Techniker und drei -Bediener am künftigen Sea Falcon kommt voran.“

Nach anfänglich gemeinsamer Einweisung habe man gruppenweise die ersten Simulator-Missionen geflogen, so Bobzin weiter. Die Ausbildung in Hultsfred bringe die Deutsche Marine einen großen Schritt näher zur vorgesehenen Einsatzprüfung auf einer der Korvetten.

Wie wir berichteten (siehe hier), wurden die entsprechenden Verträge für dieses Beschaffungsvorhaben „Vordringlicher Bedarf Marine-Unmanned Aircraft System“ (VorMUAS) im August vergangenen Jahres unterzeichnet, es handelt sich um ein System mit zwei Luftfahrzeugen. In der Ausschreibung hat der Auftraggeber festgelegt: „Ziel […] ist die Beschaffung eines maritimen taktischen unbemannten Drehflügler-Luftfahrzeugsystems zur bildgebenden Aufklärung. Das System muss auf Korvetten der Klasse K130 eingerüstet werden können, auf deren Schiffdeck bei bis 20 kn Wind und Sea State 3 landen und automatisch starten, mindestens fünf Stunden Flugzeit aufweisen, ausschließlich den Kraftstoff Kerosin (F-44) nutzen, eine Nutzlastkapazität von mindestens 13 kg für einen EO/IR-Sensor besitzen und über eine Bodenkontrollstation zur Fernführung verfügen. Das System hat eine Prüfung auf Nichtverlassen des Vorgesehenen Einsatzgebiets zu bestehen.“

Erster Schritt in die bordgebundene Fliegerei mit unbemannten Systemen

Mit dem Sea Falcon macht unsere Marine den ersten Schritt in die bordgebundene Fliegerei mit unbemannten Systemen. Als erste Einheit wird die Korvette „Braunschweig“ ein unbemanntes fliegendes System (UAS) vom Typ Skeldar V-200 bekommen. Mit Hilfe dieses Drehflügel-UAS sollen Radarkontakte in einer Entfernung von bis zu 40 NM (nautische Meilen; entspricht 74,08 Kilometer) aufgeklärt und identifiziert werden können.

Im „Jahresbericht 2019“ (Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland) des Marinekommandos finden sich einige interessante Aussagen der Führung zum neuen Sea Falcon. So lesen wird dort: „Die Fähigkeiten des Systems sind vor allem hinsichtlich der luftfahrtrechtlich Zulassung noch eingeschränkt. Dennoch wird das Projekt wertvolle Erkenntnisse für alle Folgesysteme bringen. Dies betrifft nicht nur operationelle Aspekte, sondern mindestens ebenso betriebliche Themen.“

Die Entscheidung zugunsten eines Drehflügel-UAS sei aufgrund der potentiell größeren Nutzlastkapazität getroffen worden, erklärt die Marineführung weiter. Neben den jetzt gewählten optischen Sensoren ließe sich zukünftig eine Vielzahl anderer Nutzlasten zum Teil auch gleichzeitig realisieren. Der Sea Falcon sei nicht bewaffnungsfähig – für ein Folgesystem sei dies ebenfalls nicht geplant.

Gesamtprojekt „Aufklärung und Identifizierung im maritimen Einsatzgebiet“

Das Projekt „VorMUAS“ gilt als vorgezogener Teil des Gesamtvorhabens „Aufklärung und Identifizierung im maritimen Einsatzgebiet“ – kurz AImEG. Bezeichnung und Abkürzung stammen aus der Feder des Koblenzer Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). In der öffentlichen Ausschreibung vom 2. August 2019 gab das BAAINBw unter dem Punkt „Gesamtmenge beziehungsweise Gesamtumfang“ an: „Voraussichtlich drei Gesamtsysteme AImEG […] mit voraussichtlich drei weiteren Rüstsätzen.“ In der Antwort der Bundesregierung vom 6. März 2018 auf eine entsprechende Anfrage der Linken zur Drohnen-Thematik findet sich noch die Angabe: „Mit dem Projekt ,Aufklärung und Identifizierung im maritimen Einsatzgebiet‘ sollen zusätzlich insgesamt drei Systeme mit je zwei Luftfahrzeugen beschafft werden.“

In einem weiteren Twitter-Beitrag am 29. April verrät der Kommandeur der Marineflieger: „Die endgültige Zahl steht noch nicht fest. In diesem Projekt [VorMUAS] geht es um ein System, bestehend aus einem Bodensegment plus zwei Sea Falcon. In einem zeitnahen Folgeprojekt ist derzeit beabsichtigt, aufbauend auf den Erfahrungen acht weitere Systeme nach gleichen Vorgaben zu beschaffen.“

Zulassungsprozess beim Luftfahrtamt der Bundeswehr in Köln-Wahn läuft

Im Januar dieses Jahres veröffentlichte die Zeitschrift Europäische Sicherheit & Technik (ESuT) einen Fachbeitrag von Oberregierungsrat Martin Krükel, Referent im Referat L 5.2 „Taktische UAS“ des BAAINBw, zum Thema „Sea Falcon“. Wie Krükel mitteilte, war Anfang des Jahres „die vorbereitende Einrüstung der Korvette ,Braunschweig‘ weitgehend abgeschlossen. Das System sei produziert, der Abnahmeprozess beginne in Kürze. Zudem laufe der Zulassungsprozess beim Luftfahrtamt der Bundeswehr. Insgesamt sei der Abschluss des Vorhabens für das zweite Halbjahr 2020 vorgesehen, so der Referent im Januar.

Krükel schloss seinen Fachbeitrag für ESuT: „Von zentraler technischer Bedeutung ist die automatische Start- und Landefähigkeit. Die geforderte Technologie hierfür ist eine funkgesteuerte Positionierung des Sea Falcon über dem Landedeck. Sie ist zwar marktverfügbar, konnte aber beispielsweise bei der Präzisionslandefähigkeit bei hohem Wellengang noch nicht abschließend getestet werden.“ Das vorläufige Fazit fällt insgesamt positiv aus. Der Experte des Koblenzer Bundesamtes: „Bisher wurde gezeigt, dass die Fähigkeit zur bildgebenden Aufklärung mittels unbemanntem Drehflügler-Luftfahrzeugsystem für die Korvetten K130 machbar und technisch beherrschbar ist.“


Zu unserem Bildmaterial:
1. Ausbildung der Marineflieger-Techniker an der Hubschrauberdrohne Sea Falcon im schwedischen Hultsfred.
(Foto: Deutsche Marine)

2. Das unbemannte Luftfahrzeug Skeldar V-200 bei einem Erprobungsflug hoch über der Korvette „Erfurt“.
(Foto: UMS Skeldar AG)

Kleines Beitragsbild: Hubschrauberdrohne Sea Falcon auf Basis Skeldar V-200.
(Foto: Deutsche Marine)


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