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Niederstetten. Nach mehr als fünf Jahrzehnten Flugbetrieb mit der Bell UH-1D folgte jetzt beim Such- und Rettungsdienst der Bundeswehr „Land“ ein einschneidender Generationenwechsel. Die neue Maschine für die SAR-Kräfte des Deutschen Heeres heißt LUH SAR (LUH: Light Utility Helicopter/Leichter Unterstützungshubschrauber; SAR: Search and Rescue/Suchen und Retten). Basis des neuen Rettungssystems ist einer der modernsten Drehflügler der Bundeswehr, die H145 von Airbus Helicopters. Drei Monate vor dem vereinbarten Liefertermin – am 10. Dezember 2019 – war bereits bei Airbus in Donauwörth der erste von insgesamt sieben SAR-Hubschraubern dieses Typs an das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr übergeben worden. Mittlerweile sind alle sieben H145 LUH SAR vom Werk ausgeliefert worden und die ersten Besatzungen einsatzbereit. Die lange und erfolgreiche Ära der Legende Bell UH-1D kann zu Ende gehen …

Am Montag vor einer Woche (6. Juli) nahm im baden-württembergischen Niederstetten, Heimat des Transporthubschrauberregiments 30, das erste von drei SAR-Kommandos den Dienst mit dem neuen Hubschrauber auf. Kommt nun eine Alarmierung, hebt nicht mehr die altehrwürdige Bell UH-1D von der Plattform ab, sondern die hochmoderne H145 von Airbus.

Die amerikanische Bell UH-1 „Iroquois“ – Spitzname „Huey“ – wurde seit 1956 in unterschiedlichen Versionen mehr als 16.000 Mal gebaut und ist damit der mit Abstand am meisten produzierte Hubschrauber der Welt. Etwa 7000 Maschinen setzte die US-Armee im Vietnamkrieg ein, nur knapp 2000 „Hueys“ wurden nach Ende des Krieges in Asien wieder zurück in die Heimat gebracht. Die Bundeswehr beschaffte den Hubschrauber als Bell UH-1D ab 1966. Die dafür notwendige Kaufentscheidung hatte das Bundesministerium der Verteidigung im April 1965 getroffen.

An 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr in Bereitschaft und im Einsatz

Während die amerikanischen Maschinen von der Firma Bell Helicopter (Sitz Fort Worth, Texas) hergestellt wurden, fertigte das deutsche Unternehmen Dornier (Oberpfaffenhofen) insgesamt 345 der 352 von der Bundeswehr betriebenen Hubschrauber in Lizenz. Das Wellenturbinentriebwerk wurde von MTU (München) in Lizenz produziert. Die ersten vier Bell UH-1D aus laufender US-Produktion erhielt die Bundeswehr Anfang 1966, drei der Maschinen gingen sofort an die Erprobungsstelle 61 in Manching (heute Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr 61, WTD 61). Am 17. August 1967 wurden von Dornier die erste „Lizenz-Bell“ übergeben – es sollten im Laufe der Jahre weitere 344 Maschinen für die Bundeswehr folgen.

Der momentan immer noch genutzte Leichte Mehrzweckhubschrauber Bell UH-1D wurde Anfang der 1970er-Jahre schließlich in Dienst gestellt. Die im SAR-Dienst „Land“ der Bundeswehr eingesetzten Bell UH-1D waren seitdem an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr in Bereitschaft oder im Einsatz, um Menschen in Not zu helfen. Die sieben neuen Hubschrauber des Typs H145 LUH SAR werden die „Huey“ nach und nach an den Standorten Niederstetten, Holzdorf/Schönewalde in Brandenburg und Nörvenich in Nordrhein-Westfalen ersetzen. Die drei Bundeswehrstandorte gehören zum Verantwortungsbereich der SAR-Leitstelle Münster. Alle SAR-Einheiten des Heeres unterstehen der 7. Staffel des Transporthubschrauberregiments 30. Die Marineflieger decken die zugewiesenen Seegebiete in der Ost- und Nordsee ab.

Umrüstung auf die neuen Maschinen soll bis Mitte 2021 abgeschlossen sein

Der neue SAR-Hubschrauber ist bereits seit Ende 2019 in Niederstetten stationiert. Bisher wurde dort mit ihm aber nur geübt; die realen Missionen flog bis vor Kurzem noch die Bell UH-1D. Jetzt startet der Nachfolger vom Standort in Baden-Württemberg aus in den Rettungseinsatz. Bis Mitte 2021 soll auch die Umrüstung auf die neuen Maschinen in Holzdorf/Schönewalde und Nörvenich abgeschlossen sein. Für die Wartung, Instandsetzung und logistische Betreuung der Hubschrauber an den drei SAR-Standorten „Land“ ist Airbus Helicopters zuständig.

Der Auftrag hat ein Gesamtvolumen von rund 138,5 Millionen Euro. 72,4 Millionen entfallen auf die eigentliche Beschaffung und die Ausbildung der Hubschrauberbesatzungen. Rund 66 Millionen soll das Servicepaket „Logistik, Wartung, Instandsetzung“, das sich über neun Jahre erstreckt, kosten. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte der Beschaffung der sieben SAR-Hubschrauber am 28. November 2018 zugestimmt (wir berichteten).

Zwei der modernsten Hubschraubermuster des Heeres künftig in Niederstetten

An der kleinen Feier in Niederstetten zur „Dienstübernahme“ durch den neuen Airbus-Hubschrauber nahmen unter anderem Generalleutnant Alfons Mais (Inspekteur des Heeres), Vizeadmiral Carsten Stawitzki (der für Bundeswehr-Ausrüstung verantwortliche Abteilungsleiter im Verteidigungsministerium; er war in Vertretung der Verteidigungsministerin gekommen), Generalmajor Andreas Hannemann (Kommandeur der Division Schnelle Kräfte), Brigadegeneral Andreas Pfeifer (Stellvertreter Hannemanns) sowie Brigadegeneral Ulrich Ott (General der Heeresflieger) teil.

Oberst Peter Göhringer, Kommandeur des Transporthubschrauberregiments 30, erinnerte bei der Feier daran, dass in Niederstetten neben dem SAR-Auftrag auch der Truppentransport mit dem Mittleren Transporthubschrauber NH90 auf dem Dienstplan steht. Göhringer: „Hier sind aktuell 22 der vorgesehenen 32 Maschinen an den Heeresfliegerverband ausgeliefert. Damit fliegen zukünftig zwei der modernsten Hubschraubermuster vom Flugplatz Niederstetten aus.“

Mehr Sicherheit für Besatzung und Passagiere durch redundante Systeme

Die H145 LUH SAR von Airbus Helicopters gilt derzeit in Fachkreisen als „Referenz für Rettungshubschrauber“ schlechthin. Die voll digitalisierten Maschinen verfügen unter anderem über einen Autopiloten, Hochleistungskameras, leistungsstarke Suchscheinwerfer, Ortungssysteme für Notsender, eine vollwertige medizinische Ausrüstung und eine neue Rettungswinde mit einem 90 Meter langem Seil.

Der SAR-Hubschrauber kann auch zur Waldbrandbekämpfung eingesetzt werden. Er ist mit Lasthaken ausgestattet, an denen Feuerlöschbehälter („Bambi Buckets“) angebracht werden können.

Die neue Maschine ist mit fast 1200 PS „bärenstark“. In ihrer Produktklasse ist sie weltweit einzigartig, weil sie beispielsweise die Hälfte ihrer Masse als Nutzlast tragen kann. Im Gegensatz zur Vorgängermaschine Bell UH-1D sind diverse Systeme der H145 LUH SAR doppelt vorhanden (redundant). Im Ernstfall bietet sie dadurch mehr Sicherheit für Besatzung und Passagiere.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Medienpräsentation des neuen SAR-Hubschraubers des Deutschen Heeres am 10. Dezember 2019 in Donauwörth bei Airbus Helicopters.
(Foto: Maximilian Schulz/Bundeswehr)

2. Symbolische Übergabe (von rechts nach links): Oberst Peter Göhringer (Kommandeur des Transporthubschrauberregiments 30), Wolfgang Schoder (Vorstandschef Airbus Helicopters Deutschland GmbH) und Ralph Herzog (Abteilungsleiter „Luft“ des Koblenzer Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr).
(Foto: Maximilian Schulz/Bundeswehr)

3. Die neue SAR-Maschine liegt stabil und sicher in der Luft.
(Foto: Maximilian Schulz/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Vorgänger (Bildhintergrund) und Nachfolger – die H145 LUH SAR von Airbus Helicopters wird nach und nach die Bell UH-1D im SAR-Dienst des Heeres ablösen.
(Foto: Stefan Schumann/Bundeswehr)


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