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Berlin. Der Bundestag hat am 7. Mai die SPD-Abgeordnete Eva Högl zur neuen Wehrbeauftragten des Parlaments gewählt. Dem gemeinsamen Wahlvorschlag von CDU/CSU und SPD – unterzeichnet von Ralph Brinkhaus (Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion), Alexander Dobrindt (Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag) sowie Rolf Mützenich (Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion) – stimmten an diesem Donnerstag 389 Abgeordnete zu, 171 Abgeordnete enthielten sich, vier Stimmen waren ungültig. Für die Wahl war die Kanzlermehrheit von 355 Stimmen erforderlich. Auf den Gegenkandidaten, den bayerischen AfD-Abgeordneten Gerold Otten, entfielen 92 Stimmen.

Die 51-jährige Juristin Eva Högl aus dem Wahlkreis Berlin-Mitte gehört dem Bundestag seit 2009 an. Seit Dezember 2013 ist sie Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Mit der Wahl, die sie annahm, tritt sie die Nachfolge von Sozialdemokrat Hans-Peter Bartels an, dessen Amtszeit als Wehrbeauftragter jetzt im Mai endet.

Der amtierende Bundestagspräsident Wolfgang Kubicki (FDP) gratulierte Högl zur Wahl und wünschte der SPD-Politikerin „jeden Erfolg und alles Gute“ im neuen Amt.

SPD-Fraktionschef Mützenich verteidigt seine Personalentscheidung

Große Verstimmungen hatte es im Vorfeld der Wahl wegen der Nominierung Högls gegeben (siehe hier und hier). Vielerorts war damit gerechnet worden, dass der parteiübergreifend geschätzte bisherige Amtsinhaber Bartels eine zweite Amtszeit würde antreten können. SPD-Fraktionschef Mützenich hatte am Ende jedoch seine Personalwahl durchgedrückt.

In einem Interview mit dem Ereignis- und Dokumentationskanal phoenix sagte Mützenich jetzt, Högl sei „eine exzellente Juristin, die sich in den vergangenen Jahren sehr stark mit dem Beamten- und Soldatenrecht befasst und Verwaltungserfahrung“ habe. Sie habe sich außerdem – so der SPD-Fraktionsvorsitzende weiter – in den jeweiligen Untersuchungsausschüssen große Verdienste erworben. Er begrüße es, dass eine „aktive Parlamentarierin“ wie Eva Högl für dieses Amt zur Verfügung stehe. Von den zwölf bisherigen Wehrbeauftragten seien elf ins Amt gekommen, als sie Mitglieder des Bundestages waren, argumentierte Mützenich.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten räumte im phoenix-Interview allerdings auch ein, in der umstrittenen Entscheidung eventuell unglücklich gehandelt zu haben: „Ich bin mir sicher, dass ich in den nächsten Tagen nochmals viel darüber nachdenken werde, welche Fehler ich möglicherweise gemacht habe. Personalentscheidungen gehören aber glaube ich gerade in diesem Bereich zu den schwierigsten, und man muss am Ende diese Entscheidung auch selbst treffen, auch wenn man andere vorher einbezogen hat“, sagte Mützenich.

Er würdigte auch die gute Arbeit des derzeitigen Amtsinhabers Hans-Peter Bartels. Er habe sich ausdrücklich bei Bartels in der Fraktionssitzung bedankt, versicherte Mützenich. Es gehe nicht darum, dass er irgendwas schlecht gemacht habe. „Das habe ich nie in Zweifel gezogen.“ Allerdings ließ Mützenich auch durchblicken, wie er und mit ihm andere in der SPD-Führung das Amt des Wehrbeauftragten wahrnehmen. „Es wird kein militärischer Ratschlag von Seiten der Wehrbeauftragten erwartet, sondern es geht ganz konkret insbesondere darum, zu helfen, dass die Innere Führung funktioniert“, meinte Mützenich.

Högls Vorgänger Bartels war in den vergangenen fünf Jahren auch ein geschätzter Wegbegleiter der Bundeswehr, weil er sich zur richtigen Zeit und in der richtigen Weise auch zu komplexen verteidigungspolitischen Fragen geäußert hatte. Auch die Rüstungs- und Beschaffungspolitik waren immer wieder ins Visier seiner Kritik geraten. Kurzum: Bartels verstand sich während seiner Amtszeit weit mehr als nur als „Anwalt der Soldaten“ oder „Kummerkasten der Truppe“.

„Umfassende sicherheitspolitische Vorbildung“ für das Amt nicht notwendig?

Unmittelbar nach der Wahl äußerten sich erste Gratulanten. So sagte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Henning Otte: „Umfassende sicherheitspolitische Vorbildung ist zum Ausfüllen dieses Amtes nichts zwingend notwendig. Aber Eva Högl muss nun beweisen, dass sie ein Herz für die Belange der Soldaten hat. Die Herausforderungen für die Bundeswehr sind groß. Der Wehrbeauftragte als Hilfsorgan des Deutschen Bundestags ist ein wichtiges Instrument bei der Gestaltung der Verteidigungspolitik. Wir danken dem scheidenden Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels, der in den vergangenen Jahren seinen Finger immer wieder in Wunde gelegt hat, insbesondere bei Fragen der Inneren Führung, aber auch was die Verstärkung bei der Ausrüstung und beim Haushalt angeht. Wir hoffen, diesen Weg mit Frau Högl genauso konstruktiv fortzusetzen.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner erklärte zur Wahl Högls: „Wir kennen und schätzen sie als erfahrene Parlamentarierin und haben keine Zweifel an ihrer Integrität. Wir wünschen uns, dass Frau Högl eine starke Anwältin und Fürsprecherin für die Anliegen der Soldatinnen und Soldaten wird. Sie sollte sich auch zur Aufgabe machen, den Modernisierungsprozess der Bundeswehr unterstützend zu begleiten. Gerade in einer Zeit, in der die Bundeswehr großen Herausforderungen gegenübersteht, ist das Amt des Wehrbeauftragten wichtiger denn je. Wir haben die Arbeit von Hans-Peter Bartels in diesem Amt stets geschätzt und bedauern sein Ausscheiden. Er hat sowohl von der Truppe als auch über Parteigrenzen hinweg zu Recht großen Zuspruch erfahren.“

Bartels-Nachfolgerin will „mit einem frischen Blick an die Bundeswehr rangehen“

Die neue Wehrbeauftragte sprach unmittelbar nach der Wahl ebenfalls mit dem Sender phoenix. Eva Högl sieht ihre zukünftige Rolle vor allem als „Anwältin der Soldatinnen und Soldaten“. Sie hoffe auf das Vertrauen der Truppe, sagte die Sozialdemokratin im phoenix-Interview. Als langjährige Abgeordnete – insbesondere aber als Juristin und Innen- und Rechtspolitikerin – bringe sie „viel mit, was ich in dem Amt der Wehrbeauftragten gut gebrauchen kann“. Denn es gehe „um die Grundrechte der Soldatinnen und Soldaten sowie um Innere Führung und unseren Rechtsstaat“. Sie freue sich sehr über ihre Wahl und die breite Zustimmung aus dem Bundestag. Es sei eine „Freude und Ehre, für dieses wichtige und verantwortungsvolle Amt vorgeschlagen zu werden“, daher habe sie auch nicht lange überlegt, als sie von Fraktionschef Rolf Mützenich gefragt wurde. „Ich habe sehr schnell, sehr gerne Ja gesagt, weil ich das ein wunderbares Amt finde, und es mir auch zutraue.“

Högl wehrte sich gegen Vorwürfe, es mangele ihr an verteidigungspolitischer Expertise. Es sei „ganz gut, mit einem frischen Blick an die Bundeswehr ranzugehen. Den bringe ich auf jeden Fall mit“, versicherte die Bartels-Nachfolgerin. Ein Wechsel des Politikfeldes sei im Bundestag und in der Politik allgemein nichts Ungewöhnliches. Sie wolle sich nun unter Hochdruck einarbeiten.

Die neue Wehrbeauftragte des Bundestages soll zu Beginn der Plenarsitzung am 28. Mai von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in ihrem Amt vereidigt werden.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Im Rahmen der Corona-Krise fand am 7. Mai 2020 im Deutschen Bundestag auch die Wahl der Wehrbeauftragten unter Einhaltung der Abstandsregel und freiwilligem Tragen von Schutzmasken in der Abgeordnetenlobby des Reichstagsgebäudes statt.
(Foto: Achim Melde/Deutscher Bundestag)

2. Nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses: Eva Högl, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Ihre Vereidigung soll am 28. Mai 2020 zu Beginn der Plenarsitzung stattfinden.
(Foto: Achim Melde/Deutscher Bundestag)

Kleines Beitragsbild: 7. Mai 2020 – Ankündigung weiterer Tagesordnungspunkte für diesen Sitzungstag auf der Videowand im Plenarsaal des Bundestages, darunter die Wahl der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages.
(Foto: Achim Melde/Deutscher Bundestag)


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