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Brüssel/Berlin. Nach der Mission ist vor der Mission: Am 31. März endet offiziell die europäische Marinemission EU NAVFOR Med – Operation „Sophia“. Bereits seit einem Jahr stellen die beteiligten Nationen für „Sophia“ keine Schiffe mehr. Nur noch Flugzeuge und Hubschrauber patrouillierten über dem Einsatzgebiet zwischen Süditalien und Libyen. Gescheitert war der EU-Einsatz vor allem an der Frage, welche Länder die aus Seenot geborgenen Flüchtlinge aufnehmen könnten. Italien hatte sich zuletzt geweigert, seine Häfen für Gerettete zu öffnen. Auch der Versuch, die Mitgliedstaaten der EU auf einen Verteilmechanismus festzulegen, scheiterte letztendlich vor allem am Widerstand der Osteuropäer. Nun folgt die Rückkehr mit Marineschiffen ins Mittelmeer. Nach monatelangen Debatten einigte sich die Außenminister der Gemeinschaft auf die neue Mission EU NAVFOR Med – Operation „Irini“.

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und die französische Agence France-Presse (AFP) am gestrigen Donnerstag (26. März) übereinstimmend berichteten, löst die Mission mit dem Namen „Irini“ die bisherige Operation „Sophia“ offiziell ab. Mit der „Irini“-Mission soll das von den Vereinten Nationen gegen Libyen verhängte Waffenembargo mit Schiffen, Flugzeugen und per Satellit überwacht werden.

Grundsätzlich hatten sich die Außenminister der 27 EU-Staaten bereits Mitte Februar auf den neuen Militäreinsatz geeinigt. Österreich und Ungarn hatten das Vorhaben jedoch immer wieder blockiert, weil sie befürchteten, die neue Mission könnte – wie zuvor „Sophia“ – eine größere Zahl Flüchtlinge aus dem Mittelmeer bergen und nach Europa bringen.

Die Entscheidung für „Irini“ lässt sich auch einer offiziellen Erklärung von Josep Borrell, dem Außenbeauftragten der Europäischen Union, entnehmen. In dem am heutigen Freitag veröffentlichten Statement des Spaniers zur Lage in und um Libyen wird die neue Operation ausdrücklich namentlich erwähnt. Im schriftlichen Verfahren muss nun die Einigung von den Regierungen der 27 EU-Länder noch bestätigt werden.

Überwachung des gegen Libyen verhängten Waffenembargos

An der Frage, welche europäischen Länder aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufnehmen, scheiterte letztendlich – wie schon erwähnt – der maritime Teil der Vorgängermission „Sophia“. Ursprünglich sollte „Sophia“ Schmuggel und Menschenhandel im Mittelmeer eindämmen. Daneben wurden aber immer wieder auch Migranten vor dem Ertrinken bewahrt und an Bord genommen – das internationale Seerecht verpflichtet dazu (siehe auch unseren Text über die Verlängerung der maritime Sicherheitsoperation „Sea Guardian“).

Durch die Verlagerung in das östliche Seegebiet soll dies bei der neuen Mission „Irini“ umgangen werden. „Irini“ soll neben der Überwachung des Waffenembargos auch organisierte Kriminalität, die für Migration verantwortlich ist, scharf beobachten. Außerdem will die EU weiter die libysche Küstenwache und Marine ausbilden.

Die Europäische Union hatte sich nach dem Berliner Libyen-Gipfel im Januar dazu bereiterklärt, die Überwachung des Waffenembargos zu übernehmen. Das Embargo gilt seit 2011, ist aber weitgehend unwirksam. Die libyschen Konfliktparteien werden nach wie vor mit Waffen und Munition versorgt – unter anderem aus Ägypten, den Arabischen Emiraten und aus der Türkei. In der deutschen Hauptstadt hatten sich 16 Länder beim Gipfel darauf verständigt, zumindest das Eingreifen von außen in den Libyen-Konflikt endlich zu stoppen.

Druck auf die Konfliktparteien und ihre Unterstützer aufrechterhalten

Außenminister Heiko Maas äußerte sich am gestrigen Donnerstag in einer Presseerklärung zur Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten: „Ich freue mich, dass wir heute in Brüssel eine Einigung über die neue Operation ,Irini‘ zur Umsetzung des Waffenembargos für Libyen erreicht haben. Das ist ein wichtiger Schritt in unseren Bemühungen, die Zuflüsse von Waffen und Kämpfern an die Konfliktparteien in Libyen zu stoppen und so die Vereinbarungen der Berliner Konferenz umzusetzen. Europa zeigt, dass es auch in der Krise handlungsfähig ist, wenn es um die Stabilität unserer Nachbarschaft geht.“

Bis zur vollständigen Umsetzung des Waffenembargos und einem dauerhaften Frieden in Libyen bleibe aber noch ein langer Weg zurückzulegen. Die Europäische Union habe jedoch mit ihrer Entscheidung bewiesen, dass sie in ihrem Engagement nicht nachlassen und den Druck auf die Konfliktparteien und ihre Unterstützer aufrechterhalten werde.

EU auch in Krisenzeiten außen- und sicherheitspolitisch handlungsfähig

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, äußerte in einem Pressestatement: „Es ist eine sehr gute Nachricht aus Brüssel, dass sich die 27 Mitgliedstaaten auf die Entsendung einer EU-Mission ins östliche Mittelmeer geeinigt haben, die das Waffenembargo gegen Libyen überwachen soll. Die Einigung zeigt, dass die EU – gerade auch in Zeiten der schweren Coronakrise – außen- und sicherheitspolitisch handlungsfähig ist.“

Rückblickend meinte Hardt zudem: „Die Berliner Libyen-Konferenz vom 19. Januar war ein wichtiger Schritt hin zu einer politischen Lösung und einer dauerhaften Befriedung des Bürgerkriegslandes, auch wenn der weitere Weg steinig bleibt. Wichtig ist, dass die beschlossenen Punkte, auf die sich die teilnehmenden Nationen verpflichtet haben und die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen indossiert wurden, konsequent umgesetzt werden. Die EU hat hierbei die Verantwortung für die Überwachung des Waffenembargos übernommen. Die geplante Mission ,Irini‘ soll dies leisten.“

Die neue EU-Mission werde von allen Mitgliedstaaten erneut Ressourcen benötigen, gab der CDU-Politiker zu bedenken. Die Deutsche Marine sei zwar insgesamt gut aufgestellt. Aber auch sie benötige deutlich mehr und neues Material. Daher müsse der Verteidigungshaushalt auch in den kommenden Jahren konsequent aufwachsen, um beispielsweise ein neues Fregatten-Bauprogramm zu verwirklichen. Hardt kritisierte in diesem Zusammenhang: „Die von Finanzminister Olaf Scholz vorgelegten Eckwerte für den Verteidigungshaushalt der kommenden Jahre sind aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion nicht hinnehmbar und international nicht vermittelbar. Wir werden auf eine deutliche Erhöhung drängen.“


Zu unserem Bildmaterial:
1. Der Außenbeauftragte der Europäischen Union Josep Borrell äußerte sich am 26. März 2020 unmittelbar nach der Tagung der Außenminister, die im Rahmen einer Videokonferenz stattgefunden hatte, zur Coronakrise und zu aktuellen EU-Themen. Borrell ist seit dem 1. Dezember 2019 Amtsnachfolger der Italienerin Federica Mogherini, die von 2014 bis 2019 EU-Außenbeauftragte war.
(Videostandbild: Quelle Council of the European Union)

2. Die Presseerklärung des Außenbeauftragten vom 27. März 2020 mit dem Hinweis auf die neue EU NAVFOR Med – Operation „Irini“.
(Bildmontage: mediakompakt)

Kleines Beitragsbild: Die Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ im November 2016 als Teil des europäischen Marineverbandes „Sophia“ im Mittelmeer. Kommandant beim damaligen Einsatz unter EU-Flagge war Fregattenkapitän Christian Schultze.
(Foto: EU NAVFOR Med – Operation „Sophia“)


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