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Hamburg. Internationale Konflikte und Krisen, Dauerprobleme der Bundeswehr, Rüstungsexporte sowie Abrüstungsbemühungen: Seit einem halben Jahrhundert berichtet die Hörfunk-Sendereihe „Streitkräfte und Strategien“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR) kritisch über Entwicklungen der Militär- und Sicherheitspolitik. 30 Jahre lang, von 1971 bis 2001, war Karl-Heinz Harenberg verantwortlicher Redakteur der Sendung. Er prägte „Streitkräfte und Strategien“ mit seinem kritischen Ansatz entscheidend. Der Autor dieses Beitrags ist dem Journalisten bei Veranstaltungen des Deutschen Bundeswehr-Verbandes in Bonn begegnet. Wie der NDR jetzt mitteilte, ist Harenberg im vergangenen Monat im Alter von 82 Jahren verstorben.

Premiere hatte die Sendereihe „Streitkräfte und Strategien“ am 8. Juli 1968. Begründer war der spätere stellvertretende NDR-Hörfunk-Chefredakteur Bernhard Wördehoff († 26. September 2002). Konzept war und ist es nach wie vor, Nachrichten und aktuelle Berichterstattung über außen- und sicherheitspolitische Themen durch diese Sendereihe zu vertiefen.

Nach Wördehoff war Karl-Heinz Harenberg 30 Jahre lang verantwortlicher Redakteur der Sendung. Seit 2001 leitet Andreas Flocken die Sendereihe redaktionell. Im Juli vergangenen Jahres hatten wir über das Jubiläum von „Streitkräfte und Strategien“ und das Format bereits ausführlich berichtet (siehe hier).

Sicherheitspolitische Debatten gesellschaftsfähig gemacht

Der Norddeutsche Rundfunk erinnerte jetzt in einem pointierten Nachruf an den sachkundigen und kritischen Journalisten Karl-Heinz Harenberg.

Dieser habe sich – so heißt es in der Würdigung der Kollegen – praktisch sein ganzes Berufsleben lang mit internationalen Konflikten und dem Zustand der deutschen Streitkräfte befasst. Die Sicherheitspolitik und die Bundeswehr seien bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2001 stets die Kernthemen gewesen. Harenberg, der selbst nie gedient hatte, habe die deutschen Streitkräfte wie nur wenige Journalisten sonst gekannt.

Als Harenberg 1971 die Verantwortung für die Sendereihe „Streitkräfte und Strategien“ übernahm, wollte er die sicherheitspolitische Debatten unter anderem über Atomwaffen, Rüstungsprojekte und Militärkonzepte nicht einem kleinen Kreis von Experten überlassen. Der Nachruf des NDR hält fest: „Er verschaffte auch anderen Meinungen und Gegenpositionen Gehör. Der Journalist stellte kritische Fragen, nahm kein Blatt vor den Mund.“

Claudia Spiewak, Chefredakteurin des NDR-Hörfunks und Programmchefin von NDR Info, adelt Harenberg: „Er war in bestem Sinne unbequem, ein Journalist mit Haltung. Er stand in hervorragender Weise für das, was man vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten darf: kritischen und unabhängigen Journalismus.“

Offizielle Positionen der Militär- und Sicherheitspolitik hinterfragt

Ob Nachrüstungsdebatte in den 1980er-Jahren, Kosovokrieg ohne Mandat der Vereinten Nationen oder die Abwicklung der NVA nach der Deutschen Einheit – die „Seele“ von „Streitkräfte und Strategien“ thematisierte immer wieder Ungereimtheiten und Widersprüche, hinterfragte offizielle Positionen der Militär- und Sicherheitspolitik. Manchmal sehr zum Ärger von Vertretern der Bundesregierung oder der Bundeswehr.

Der Nachruf nennt eine charakterisierende Begebenheit: „Harenbergs Thema vor dem Fall der Mauer waren auch immer wieder die regelmäßigen Großmanöver in Ost und West. So auch 1978 in seinem Interview mit Verteidigungsstaatssekretär Andreas von Bülow. Harenberg stellte den Sinn dieser massiven Übungen infrage. Das Interview sorgte für Unmut bei dem damaligen NATO-Oberbefehlshaber Alexander Haig. Der Amerikaner intervenierte bei Bundeskanzler Helmut Schmidt. Die Bundesregierung sei der NATO in Rücken gefallen, so Haigs Vorwurf.“

Was ebenfalls kennzeichnend für den geradlinigen Experten Harenberg ist, sind die Begegnungen mit General Wolfgang Altenburg. Der NDR: „Am Rande von NATO-Tagungen kam es gelegentlich vor, dass der damalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Wolfgang Altenburg, mit einem Sendemanuskript in der Hand, heftig mit Harenberg über bestimmte Textpassagen diskutierte. Altenburg hat Harenberg dann auch als einen ,schwierigen Journalisten‘ bezeichnet. Zugleich schätzte der Vier-Sterne-General den Redakteur, weil die von ihm betreute Sendereihe einen wichtigen Beitrag leiste zur Streitkultur über die Sicherheitspolitik.“ Ein Großer der „Community“ ist gegangen …


Die Aufnahme zeigt Karl-Heinz Harenberg im NDR-Studio zu seiner Zeit als verantwortlicher Redakteur der Sendereihe „Streitkräfte und Strategien“.


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