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Wilhelmshaven/Koblenz. Nach monatelanger Verzögerung hat die Bundeswehr die erste Fregatte der neuen Klasse 125 (F125) übernommen. In einem offiziellen Akt übergab am gestrigen Dienstag (30. April) die Industrie-Projektgruppe „ARGE F125“ die Fregatte „Baden-Württemberg“ an das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Das Übergabezeremoniell fand im Marinestützpunkt Wilhelmshaven statt. Dort war das Schiff, von der Werft in Hamburg kommend, am Morgen eingelaufen. Die Indienststellung der „Baden-Württemberg“ ist nach Informationen der Wilhelmshavener Zeitung für den 17. Juni geplant.

In Wilhelmshaven unterzeichneten Vertreter der „ARGE F125“ (ARGE = Arbeitsgemeinschaft) und der Bundeswehr die Abnahmedokumente. Für das Koblenzer Bundesamt waren dies Projektleiter Marc Steffens und der Leiter der Abnahmekommission Daniel Kasemann, die Industrieseite repräsentierte ARGE-Projektleiter Christian Rogge. Auch Vertreter der deutschen Marine nahmen an der Übergabe des Typschiffes der Klasse F125 teil – so unter anderem alle fünf Kommandanten der zukünftigen Besatzungen „Alpha“ bis „Echo“.

Die Indienststellung der „Baden-Württemberg“ war ursprünglich für 2017 vorgesehen. Zur Beseitigung schwerwiegender Mängel wurde sie jedoch Ende 2017 an die Industrie zurückgegeben. Medienberichten zufolge gab es Probleme vor allem bei der Software, aber auch bei Hardware-Komponenten. Der SPIEGEL beispielsweise berichtete im Januar 2018, dass „Defekte am Radar, beim Wasseraufbereitungssystem und bei der Lebensmittelkühlung“ aufgetreten seien. Bereits im Mai 2017 hatte die Nachrichtenagentur Reuters „schweren Konstruktionsmängel“ an der Fregatte gemeldet. In einem internen Report habe das Verteidigungsministerium, so Reuters, unter anderem eine „Neigung (Krängung) des Schiffes von 1,3 Grad nach Steuerbord“ dokumentiert.

Intensive Vorbereitungen auf die Einsatzprüfung der neuen Fregatte

Nach der Abnahme und bis zur Indienststellung werden Hersteller und Nutzer die „Baden-Württemberg“ mit weiteren Seefahrten technisch auf ihre Einsatzprüfung vorbereiten. Dazu gehöre – so schreibt das Presse- und Informationszentrum der Marine jetzt in einem Onlinebeitrag – die Endvermessung der abstrahlprüfpflichtigen IT-Geräte. Dies sei „ein Baustein zur Einbindung des Schiffes in den ordnungsgemäßen Betrieb im IT-System der Bundeswehr.“ Parallel dazu werde das Schiff mit seinen IT-Anlagen vom Erprobungsnetzwerk in den Kommunikationsverbund der Streitkräfte wechseln.

Zur Vorbereitung auf die Einsatzprüfung gehörten auch sicherheitstechnische Prüfungen, unter anderem der Bootsaussetzvorrichtungen sowie der Überdruckanlage. Diese zum Teil jährlich erforderlichen Prüfungen würden nun bereits vor der Einsatzprüfung durchgeführt, erklärt die Marine.

Nach der Abnahme der Fregatte durch das Koblenzer Bundesamt soll von der Industrie offenbar auch noch eine Mängelliste bearbeitet werden. Im Onlinetext der Marine heißt es verklausuliert: „Zudem werden nach der Abnahme durch die ,ARGE F125‘ Restpunkte abgearbeitet, für die zwischen Bundeswehr und ,ARGE F125‘ eine Erledigung nach der Abnahme des Schiffes, in Verbindung mit entsprechenden finanziellen Einbehalten, vereinbart wurden.“

Mit deutlich reduzierter Besatzung bis zu zwei Jahre im Einsatzgebiet

Das Presse- und Informationszentrum der Teilstreitkraft betont in seinem Beitrag abschließend noch einmal, dass der Bundeswehr mit der „Baden-Württemberg“ eines der modernsten und technologisch führenden Marineschiffe zur Verfügung stehen werde. Die von Grund auf neu konzipierten Schiffe der Klasse F125 seien in der Lage, die hohen Anforderungen – resultierend aus weltweiten und langdauernden Einsätzen – zu erfüllen.

Die Marine erklärt: „Durch einen gesteigerten Automatisierungsgrad und reduzierte Wartungsanforderungen wurde es möglich, die Besatzungsstärke von rund 200 bei den ältesten Fregatten der Klasse 122 auf nun 126 Marinesoldaten deutlich zu reduzieren. Gleichzeitig können die Schiffe bis zu zwei Jahre in ihrem Einsatzgebiet verbleiben. So lassen sich die sonst sehr langen Transitzeiten vom Heimathafen bis zur ,Mission Area‘ erheblich verringern. Neben der hohen Automatisierung wird diese lange Stehzeit auch möglich durch das Mehrbesatzungsmodell, welches vorsieht, dass sich zwei Stammbesatzungen pro Fregatte während des laufenden Einsatzes ablösen.“

Die „ARGE F125“ besteht aus den Unternehmen ThyssenKrupp Marine Systems (Hauptsitz Kiel) und der Fr. Lürssen Werft (Bremen). Die Fertigung der Vorschiffe mit entsprechender Vorausrüstung erfolgte auf den Werftstandorten der Fr. Lürssen Werft in Bremen und Wolgast. Die Fertigung der Hinterschiffe, der Zusammenbau der beiden Schiffshälften, die weitere Endausrüstung sowie die Inbetriebnahmen und Erprobungen fand unter Leitung von ThyssenKrupp Marine Systems auf der Hamburger Werft Blohm+Voss statt.

Zum Bauprogramm „F125“ gehören neben dem Typschiff „Baden-Württemberg“ noch die drei Fregatten „Nordrhein-Westfalen“, „Sachsen-Anhalt“ und „Rheinland-Pfalz“ (wir berichteten in der Vergangenheit bereits mehrfach über die neue Klasse – beispielsweise hier oder hier).


Die Aufnahme zeigt die Fregatte „Baden-Württemberg“ am 14. August 2017 in Kiel.
(Foto: Matthias Süßen/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de)

Kleines Beitragsbild: Die „Baden-Württemberg“ am 19. September 2017 bei einer magnetischen Vermessung an der Wilhelmshavener Wiesbadenbrücke, einer Landzunge im Großen Hafen der Stadt. Am Kopfende der Wiesbadenbrücke befindet sich die 1962 errichtete Magnetische Messstelle zur Überprüfung und Regulierung von MES-Anlagen. MES (Magnetischer Eigenschutz), auch „Mineneigenschutz“ genannt, ist eine aktive Maßnahme zur Verringerung der magnetischen Signatur eines Schiffes, damit magnetische Zündmechanismen von Seeminen oder Torpedos nicht auslösen.
(Foto: Ein Dahmer/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de)


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