Berlin/Hamburg. Die Negativnachrichten um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr reißen nicht ab. Auch die deutsche Marine gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Erst am Sonntag vor zwei Wochen (11. Februar) warnte der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags in BILD am SONNTAG vor zusätzlichen Einsätzen der Teilstreitkraft. Hans-Peter Bartels forderte: „Es sollte keine neue maritime Mission für NATO, EU oder Vereinte Nationen mehr dazukommen.“ Seine Begründung: „Der Marine gehen die einsatzfähigen Schiffe aus.“ Eine aktuelle Bereitschaftsübersicht hatte am 6. Februar bereits Ralf Brauksiepe, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, geliefert.
Brauksiepe beantwortete eine Schriftliche Frage des FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Sauter. Sauter wollte wissen, welche Schiffe der Klassen F123, F124, F125 und K130 sowie Unterseeboote der Klasse 212A der deutschen Marine derzeit einsatzbereit sind. Der Parlamentarier fragte auch nach, „wie der tatsächliche Grad der Einsatzbereitschaft der genannten Klassen im Vergleich zur geplanten [Einsatzbereitschaft ist]“.
Zum Begriff „Grad der Einsatzbereitschaft“ erläuterte Brauksiepe: „Der Grad der Einsatzbereitschaft bezieht sich jeweils auf den Verfügungsbestand eines Waffensystems. Der Verfügungsbestand ist der Bestand, der der Truppe tatsächlich zur Verfügung steht. Er ergibt sich aus dem Gesamtbestand der Bundeswehr abzüglich der Einheiten, die sich etwa zu Instandsetzungsmaßnahmen bei der Industrie oder in einer Werft befinden. Die Differenz zwischen Verfügungsbestand und einsatzbereiten Geräten ergibt sich beispielsweise aufgrund von durchzuführenden Materialerhaltungsmaßnahmen.“
Danach machte der Staatssekretär folgende Angaben: „Von den vier Fregatten der Klasse 123 stehen der Marine derzeit drei zur Verfügung, die alle materiell einsatzbereit sind. Von den drei Fregatten der Klasse 124 stehen der Marine aktuell zwei zur Verfügung; beide sind materiell einsatzbereit.“
Zu den neuesten und ältesten Fregatten der Bundeswehr führte Brauksiepe aus: „Von den vier Fregatten der Klasse 125 befinden sich zwei in der Erprobungsphase der Industrie, die beiden Folgeeinheiten sind noch im Bau. Von den beiden derzeit noch in Dienst befindlichen Fregatten der Klasse 122 steht eine zur Verfügung und ist auch materiell einsatzbereit.“
Zu den Korvetten und Ubooten unserer Marine gab Brauksiepe an: „Von den fünf Korvetten der Klasse 130 stehen aktuell drei zur Verfügung, die alle materiell einsatzbereit sind. Momentan steht der Marine von den sechs Ubooten der Klasse 212A keine Einheit zur Verfügung, da für alle Boote in Folge sowohl planmäßiger Materialerhaltungsmaßnahmen als auch außerplanmäßiger Instandsetzungen Werftliegezeiten notwendig sind. Nach derzeitiger Planung ist hier vom zweiten Quartal 2018 an mit einer Verbesserung der Situation zu rechnen.“
Von zusätzlichem Ungemach bei den deutschen Unterseebooten berichtet die BILD am SONNTAG in ihrer aktuellen Ausgabe. In einer Vorabmeldung am heutigen Samstag (24. Februar) heißt es unter Berufung auf „Marinekreise“: „Fünf von sechs Bundeswehr-Ubooten der modernen Klasse 212 sind nicht einsatzfähig.“ Die fünf Boote würden derzeit in der Werft repariert, ein Boot sei auf technischer Erprobungsfahrt.
Weiter schreibt die Sonntagszeitung: „Bei zwei Booten weisen die Batterien bereits nach sechs Jahren im Dienst irreparable Schäden auf. Diese sind nach Ansicht der Marine nicht durch die Besatzung zu verantworten. Eigentlich sollten die Batterien mindestens acht Jahre halten. Die Lieferzeit für eine Batterie beträgt rund ein Jahr.“
Zum Schluss noch ein Blick nach Hamburg. Hier verließ am Donnerstag dieser Woche (22. Februar) die dritte Fregatte der Klasse 125, die „Sachsen-Anhalt“, die Werft zu ihrer ersten Seefahrt. Bei dieser planmäßigen Werftprobefahrt werden rund zwei Wochen lang die schiffstechnischen Systeme und Anlagen (darunter die Antriebsanlage), das Manövrierverhalten sowie der schiffstechnische Betrieb getestet.
Die Werftprobefahrt der „Sachsen-Anhalt“ führt von Hamburg über die Elbe in die Nordsee. Nach Absolvierung des Erprobungsprogramms wird die neue Fregatte nach Hamburg zurückzukehren. Neben technischem Fachpersonal des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, dem Erprobungsteam der Arbeitsgemeinschaft „ARGE F125“ und Mitarbeitern weiterer beteiligter Unternehmen sind auch Mitglieder der zukünftigen Besatzung der Marine an Bord. Die „Sachsen-Anhalt“ (F224) ist nach der „Baden-Württemberg“ (F222) und der „Nordrhein-Westfalen“ (F223) das dritte Schiff der Fregattenklassen F125. Die „Rheinland-Pfalz“ (F225) komplettiert das Fregattenquartett.
Die „ARGE F125“ setzt sich aus ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) als dem federführenden Unternehmen und der Bremer Fr. Lürssen Werft zusammen. Die Fertigung der Vorschiffe mit entsprechender Vorausrüstung erfolgte auf den Werftstandorten der Fr. Lürssen Werft in Bremen und Wolgast. Die Fertigung der Hinterschiffe, der Zusammenbau der Schiffshälften sowie die weitere Endausrüstung findet unter Leitung von TKMS auf der Hamburger Werft Blohm+Voss statt.
Zu unserer Bildsequenz:
1. Infografik zur aktuellen Einsatzbereitschaft der Fregatten, Korvetten und Uboote der deutschen Marine (Stand: 6. Februar 2018). Das Hintergrundfoto zeigt den Marine-Bordparka kurz nach seiner Einführung im Jahr 2009.
(Foto: Heinke Mauderer/Deutsche Marine; Infografik © mediakompakt 02.18)
2. und 3. Die Fregatte „Sachsen-Anhalt“ am 22. Februar 2018 beim Verlassen der Werft in Hamburg und auf ihrem Weg zur Nordsee.
(Fotos: TKMS)
Kleines Beitragsbild: Die „Sachsen-Anhalt“ am 22. Februar 2018 in Hamburg kurz vor Beginn der planmäßigen Werftprobefahrt.
(Foto: TKMS)