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Feldkirchen/Koblenz. Im Zeitraum 3. bis 17. Juli trainieren im niederbayerischen Feldkirchen bei Straubing die Sanitätsdienste der Bundeswehr und der Chinesischen Volksbefreiungsarmee die enge Zusammenarbeit in einem Einsatz der Vereinten Nationen. Die erste deutsch-chinesische Übung dieser Art fand im Herbst 2016 in Chongqing im Südwesten Chinas statt. Was ist das Besondere an der binationalen Übung „Combined Aid“?

An „Combined Aid 2019“ in der Gäubodenkaserne in Feldkirchen nehmen 91 Sanitätssoldaten aus China und 120 Angehörige des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr teil (wir berichteten). Personal des hier stationierten Sanitätslehrregiments sowie Angehörige des Sanitätsregiments 2 aus dem Standort Koblenz unterstützen die Übungsteilnehmer.

Verantwortlich für die deutsch-chinesische Übung „Combined Aid 2019“ ist Oberstarzt Dr. Kai Schmidt. Der Exercise Director vermittelt uns Eindrücke in diese ungewöhnliche militärische Kooperation (das Interview führte Oberstleutnant Matthias Frank vom Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes).

Cholera, Sprengfalle und ein schweres Busunglück

Herr Dr. Schmidt – welche Aufgaben haben Sie als Exercise Director „Combined Aid 2019“?
Oberstarzt Dr. Kai Schmidt: Ich bin der deutsche Exercise Director, es gibt natürlich mein Pendant auf chinesischer Seite. Wir haben uns gemeinsam – also „combined“ – auf die Übung vorbereitet. Dazu gab es mehrere Treffen in China und in Deutschland, um das Übungsszenario zu entwickeln. Darüber hinaus bin ich für die Durchführung und Organisation von „Combined Aid 2019“ in Zusammenarbeit mit dem Standort Feldkirchen verantwortlich. Zu meinen Aufgaben gehört es außerdem, erster Ansprechpartner für unsere Gäste zu sein und die Übung auch gegenüber der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Welches Szenario wird von den chinesischen und deutschen Sanitätskräften in Feldkirchen geübt?
Schmidt: Wir befinden uns in einem fiktiven Einsatz der Vereinten Nationen. In einem Flüchtlingslager treten schlimme Durchfallerkrankungen auf, die sich schließlich als Cholera erweisen. Dazu kommt neben einer Sprengfalle noch ein schweres Busunglück, so dass die beiden im Einsatzgebiet dislozierten Sanitätsdienste der chinesischen und der deutschen Streitkräfte zusammenwirken müssen. Möglichst vielen Menschen soll so geholfen werden.
Die chinesische Seite hat eine ihrer Stärken im Bereich der Infektiologie und Präventivmedizin. Unser Sanitätsdienst ist unter anderem sehr erfahren bei der chirurgischen Versorgung von schwerverwundeten Menschen. Diese Stärken werden in die Übung eingebracht, so dass zwei parallele Handlungsstränge ablaufen. Beide Seiten – die deutschen sowie die chinesischen Übungsteilnehmer – werden aufgrund des anspruchsvollen Szenarios äußerst gefordert. Am Schluss werden die jeweiligen Ressourcen gebündelt und chinesische und deutsche Sanitäter versorgen die Erkrankten und Verletzten in gemischten Teams „combined“.

Vom wehrmedizinischen Symposium zur gemeinsamen San-Übung

Eine „deutsch-chinesische Übung“ – das hört sich zunächst doch kurios an. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?
Schmidt: Vor mehr als 15 Jahren haben wir damit begonnen, die wissenschaftliche Expertise der beiden Sanitätsdienste zu bündeln. Auf der Ebene des Verteidigungsministeriums organisierten wir zunächst deutsch-chinesische wehrmedizinische Symposien. Diese fanden im jährlichen Wechsel in Deutschland und in China statt. Das war ein theoretischer Austausch zwischen Experten im Bereich der Wehrmedizin. Etwa zehn Jahre später haben die Inspekteure der beiden Sanitätsdienste die Idee entwickelt, die Theorie in die Praxis umzusetzen und eine gemeinsame Übung abzuhalten. Im Jahr 2016 waren dann 38 Bundeswehrsoldaten bei der Übung „Combined Aid 2016“ in China. Damals haben wir ein Szenario nach einem Erdbeben geübt. Diese intensive Kooperation findet nun in Deutschland bei „Combined Aid 2019“ ihre Fortsetzung.

Gemeinsame Zielsetzung überwindet alle Sprachbarrieren

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Gästen aus China hier vor Ort in der Gäubodenkaserne?
Schmidt: Alle deutschen Übungsteilnehmer wurden im Vorfeld der Übung in interkultureller Kompetenz geschult, um unsere Gäste aus China besser verstehen zu können. Informationen zu fernöstlicher Mentalität, Verhaltensweisen oder auch Historie brachten dabei wertvolle Erkenntnisse. Ebenso haben sich die Chinesen auf uns und Deutschland vorbereitet. Natürlich ist der Umgang miteinander anders, als mit europäischen Partnern. Aber es gibt auf beiden Seiten, auch aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen, großes Verständnis für den anderen. Eine Herausforderung ist und bleibt die Sprachbarriere. Die chinesischen Schriftzeichen sind uns fremd, sodass wir uns nun bei diesem gemeinsamen Einsatz beider Sanitätsdienste „unter dem Dach der Vereinten Nationen“ auf Englisch verständigen. Aber nicht jeder Übungsteilnehmer spricht perfekt Englisch. Wir versuchen, das Verständigungsproblem mit Dolmetscher-Hilfe zu minimieren. Alle aber eint der gemeinsame Wille und das gemeinsame Ziel – das erlebe ich jeden Tag bei „Combined Aid 2019“ auf beiden Seiten und über alle Ebenen hinweg.

Beste Unterstützung durch Sanitätsregiment 2 und Sanitätslehrregiment

Ein Wort zu den Angehörigen des Sanitätsdienstes, die mit ihrem Einsatz diese Übung überhaupt erst möglich machen?
Schmidt: Wir sind eine Übungs- und Unterstützungstruppe aus verschiedenen Dienststellen des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Ein Großteil der Männer und Frauen kommt aus dem Führungsbereich des Sanitätsregiments 2 in Koblenz. Alle Teilnehmer tragen gemeinsam mit ihrer hochprofessionellen Einstellung dazu bei, dass dieses deutsch-chinesische Projekt gelingt. Das Sanitätslehrregiment in Feldkirchen ist ein besonders guter Gastgeber, der es uns allen hier sehr angenehm macht. Wenn ich morgens in die Gesichter der Beteiligten schaue, dann sehe ich neben all dem Stress, den eine solche Übung bereitet, auch immer eine gewisse Zufriedenheit und Freude an der gemeinsamen Leistung.

Und ihr persönliches Fazit?
Schmidt: Ich darf schon seit zehn Jahren in verschiedenen Verwendungen mit dem chinesischen Sanitätsdienst zusammenarbeiten. Die Kultur ist mir vertraut und viele der handelnden Personen auf chinesischer Seite kenne ich bereits seit längerer Zeit. Es ist fast wie ein großes Familientreffen. Wir entwickeln uns in dieser Übung – auch individuell – weiter. Die Beziehungen werden immer freundschaftlicher, jeder Tag mit unseren chinesischen Gästen bringt mir persönlich eine neue positive Erfahrung. Für ein Fazit ist es allerdings noch zu früh, die Übung „Combined Aid 2019“ läuft ja noch einige Tage …


Zu unserer Bildsequenz:
1. Oberstarzt Dr. Kai Schmidt und die chinesische Delegationsleitung in der Gäubodenkaserne kurz vor der offiziellen Eröffnung von „Combined Aid 2019“ – letzte gemeinsame Überprüfung der Übungseinrichtungen.
(Foto: Dirk Bannert/Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst)

2. „Combined Aid 2019“ hat begonnen – deutsches und chinesisches Sanitätspersonal versorgt gemeinsam „Verletzte“.
(Fotos: Dirk Bannert/Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst)

3. Enge Zusammenarbeit – trotz unterschiedlicher Sprachwelten – auch im IT-Bereich.
(Foto: Minh Vu/Bundeswehr)


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