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Garching. Die Bundeswehr-Liegenschaft „Garching-Hochbrück“ im Norden Münchens trägt seit dem 6. November 2019 den Namen „Christoph-Probst-Kaserne“. Der Standort ist die Heimat des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Die Soldaten und Zivilbediensteten hatten sich 2016 in einer Abstimmung mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Liegenschaft nach dem Widerstandskämpfer und Mitglied der „Weißen Rose“ zu benennen.

Christoph Probst, geboren am 6. November 1919 in Murnau am Staffelsee, war Student der Medizinwissenschaften. Während des Zweiten Weltkriegs diente er in einer Studentensanitätskompanie der Luftwaffe im Range eines Sanitätsfeldwebels. Am 22. Februar 1943 wurde er vom nationalsozialistischen Regime wegen seiner Tätigkeit in der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl hingerichtet. Die „Weiße Rose“ hatte im Sommer 1942 Flugblätter gegen Hitler und das nationalsozialistische Schreckensregime verbreitete (siehe auch unseren früheren Beitrag).

Oberstapotheker Dr. Thomas Zimmermann, Leiter des Zentralen Instituts, begrüßte zu dem Festakt am 6. November zahlreiche Gäste, darunter auch Vincent Probst, den einzigen noch lebende Sohn des Widerstandskämpfers. Auch Enkel und ein Urenkel von Christoph Probst, der an diesem Tag 100 Jahre alt geworden wäre, waren zur Namensgebung in die Liegenschaft „Hochbrück“ gekommen.

Die militärischen und zivilen Angehörigen des Instituts hatten sich in der Abstimmung für Probst wegen dessen Aufrichtigkeit, Mut und Zivilcourage entschieden.

Richtungweisende Erinnerungskultur der Streitkräfte

In seinem Grußwort sprach Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, Kommandeur Gesundheitseinrichtungen und Stellvertretender Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, von einer richtungweisenden Erinnerungskultur, die mit der Namensgebung einhergehe. Er bezeichnete Christoph Probst als „ein Vorbild und einen moralischen Kompass“ für alle Bundeswehrangehörige. Schoeps lobte zudem ausdrücklich den Austausch zwischen der Dienststelle der Bundeswehr und der Familie Probst, welcher letztlich dazu geführt habe, eine „sinnstiftende Benennung der Liegenschaft“ zu ermöglichen.

Katharina Versluis-Probst, eine Enkelin des Namensgebers, machte in ihrer Rede noch einmal deutlich, dass der Mut und die Entschiedenheit, mit der ihr Großvater gegen das NS-Regime gehandelt habe, bis heute von großer Bedeutung sei. Sie sagte: „Christoph Probst wird noch gebraucht. Heute, Morgen und lange Zeit.“

Der Ein- und Ausmarsch der Truppenfahne und Ehrenposten, begleitet von der Musik des Blechbläsersextetts des Heeresmusikkorps Veitshöchheim, bildeten an diesem Mittwoch einen würdevollen Rahmen für die feierliche Enthüllung des Kasernenschildes.

Flammender Appell gegen die NS-Willkürherrschaft

Christoph Probst hatte nach dem Untergang der 6. Armee in Stalingrad, die im Zeitraum 31. Januar bis 2. Februar 1943 alle Kampfhandlungen eingestellt hatte, einen leidenschaftlichen Text für ein Flugblatt verfasst. Darin hatte er die von den anglo-amerikanischen Staaten geforderte bedingungslose Kapitulation Deutschlands als einzigen ethisch legitimen Ausweg befürwortet. Aus dem Probst-Entwurf: „Sollen dem Sendboten des Hasses und des Vernichtungswillens alle Deutsche geopfert werden? Ihm, der die Juden zu Tode marterte, die Hälfte der Polen ausrottete, Russland vernichten wollte, ihm, der euch Freiheit, Frieden, Familienglück, Hoffnung und Frohsinn nahm (…). Das soll, das darf nicht sein! Hitlers Regime muss fallen!“

Dieser Aufruf war von der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ als Grundlage für ihr siebtes Flugblatt ausgewählt worden. Später fiel der Entwurf der Gestapo in die Hände. Probst wurde verhaftet. Während der Gerichtsverhandlung am Volksgerichtshof im Münchner Justizpalast bat der junge Familienvater wegen seiner drei Kinder und seiner Frau, die noch am Kindbettfieber litt, um Gnade. Doch Roland Freisler, den der Journalist Helmut Ortner in seinem 1993 erschienenen gleichnamigen Buch „Hinrichter“ und „Mörder im Dienste Hitlers“ nennt, gab sich wie immer unbarmherzig. Am 22. Februar 1943 wurden Christoph Probst und die Geschwister Sophie und Hans Scholl zum Tode verurteilt. Nur vier Stunden später starben sie.

Rund 42 Jahre später, am 25. Januar 1985, stellten die Fraktionen des Deutschen Bundestags fest, dass die „als ,Volksgerichtshof‘ bezeichnete Institution kein Gericht im rechtsstaatlichen Sinne, sondern ein Terrorinstrument zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Willkürherrschaft“ gewesen war.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Das historische Foto zeigt Christoph Probst, der am 22. Februar 1943 gemeinsam mit Hans und Sophie Scholl von den Nazis im Todestrakt des Gefängnisses Stadelheim in München ermordet wurde. Die Geschwister Scholl bildeten gemeinsam mit Probst den Kern der „Weißen Rose“, der 1942 gegründeten Widerstandsgruppe Münchner Studenten. Zum engsten Kreis zählten auch Willi Graf, Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber, die kurze Zeit später sterben mussten.
(Bild: Kultur- und Tagungszentrum Murnau)

2. Bei der feierlichen Namensgebung in der Bundeswehr-Liegenschaft am 6. November 2019 spielte das Blechbläsersextett des Heeresmusikkorps Veitshöchheim.
(Foto: Vivien Angeli/Bundeswehr)

3. Generalstabarzt Dr. Stephan Schoeps bei seiner Ansprache. Er bezeichnete Christoph Probst als „ein Vorbild und einen moralischen Kompass“ für die Bundeswehr.
(Foto: Vivien Angeli/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Nach der Enthüllung des Kasernenschildes – rechts neben dem Schild Vincent Probst, der einzige noch lebende Sohn des NS-Widerstandskämpfers Christoph Probst.
(Foto: Vivien Angeli/Bundeswehr)


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