Berlin/Paris/Düsseldorf/München. Der Rüstungskonzern Rheinmetall strebt eine Beteiligung an der deutsch-französischen Wehrtechnikgruppe KNDS an. Hinter dem Kürzel „KNDS“ verbergen sich die beiden Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann (Deutschland) und Nexter Systems (Frankreich), die sich im Sommer 2015 zusammengeschlossen hatten. Die Rheinmetall AG bestätigte am gestrigen Montag (26. November) in einer Presseerklärung entsprechende Verhandlungen mit den Eigentümern von Krauss-Maffei Wegmann. KMW, das seinen Firmensitz in München hat, bezeichnet sich selbst als „Marktführer in Europa für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge“.
In der knappen Ad-hoc-Mitteilung aus der Düsseldorfer Konzernzentrale heißt es: „Die Rheinmetall AG bestätigt Gespräche mit der Wegmann Unternehmens-Holding GmbH & Co. KG über einen möglichen Erwerb von deren Beteiligung an der KMW + Nexter Defense Systems N.V. (KNDS) und damit mittelbar an der Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG (KMW) oder sonstige Formen der Kooperation mit KNDS und/oder KMW.“
Ob die Transaktion rechtlich durchführbar und wirtschaftlich darstellbar sei, werde derzeit vom Vorstand der Rheinmetall AG geprüft, so die Erklärung weiter. Dies alles hänge von einer Vielzahl politischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Faktoren ab.
Seit mehr als drei Jahren ist das deutsche Familienunternehmen KMW über die Holding KNDS mit dem französischen Staatskonzern Nexter verbunden (siehe hier). Wie das Handelsblatt mit seinen ausgezeichneten Verbindungen zu Kennern der Branche am gestrigen Montag berichtete, sei das übergeordnete Ziel der derzeitigen Aktivitäten in Düsseldorf und München „ein Zusammenschluss der beiden deutschen Panzerhersteller Rheinmetall und KMW“.
Über das deutsch-französische Fusionsprojekt „KNDS“ urteilt Handelsblatt-Autor Martin Murphy: „Wirklich ausgezahlt hat sich dieser Deal nicht. Nexter und KMW werden getrennt geführt; wirtschaftlichen Nutzen hat dem Vernehmen nach keine Seite aus dem Zusammenschluss gezogen. Statt des Werts ist das Misstrauen gewachsen. Sorgsam achteten die Franzosen darauf, dass Technik aus Deutschland aus den Nexter-Fahrzeugen ferngehalten wird. Der Frust innerhalb der KMW-Eigentümer wuchs daher mit der Zeit, wie es in deren Umfeld heißt.“
Wie die Tageszeitung Die Welt heute (27. November) ergänzt, erzielte die Rüstungsholding KNDS im vergangenen Jahr rund 2,7 Milliarden Euro Umsatz. Laut Daten des Bundesanzeigers, die das Blatt nennt, entfallen davon etwa 1,34 Milliarden Euro auf KMW.
Besonders interessant ist der Rheinmetall-Vorstoß vor dem Hintergrund aktueller rüstungspolitischer Weichenstellung. So hat sich Ursula von der Leyen am 19. November in Brüssel am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens mit ihrer französischen Amtskollegin Florence Parly auf die nächsten Schritte zur Entwicklung gemeinsamer Waffensysteme verständigt.
Bereits Ende 2018 soll beim Projekt „Kampfpanzer nächste Generation“, das unter deutscher Führung stehen wird, ein weiterer Meilenstein erreicht werden – das „Statement of Requirements“ für eine Konzeptstudie. Von den deutschen Firmen Rheinmetall sowie KMW im Verbund mit Nexter wird dazu nun bis Mitte 2019 ein Vorschlag erwartet, wie weitere Studien und Forschungs- und Entwicklungsvorhaben initiiert werden können (beide Ministerinnen waren außerdem in Brüssel übereingekommen, dass Dassault und Airbus in einer Studie über ein gemeinsames Konzept für ein Luftkampfsystem zusammenarbeiten sollen; ein entsprechender Vertrag soll unter französischer Führung von beiden Ländern Anfang 2019 unterzeichnet werden).
Der Kampfpanzer der nächsten Generation, den beide Länder gemeinsam entwickeln und bauen wollen, soll einmal den deutschen Leopard und den französischen Leclerc ablösen. Projektvision dabei ist ein „Main Ground Combat System“ (MGCS), ein Hightech-Kampfpanzer plus Begleitfahrzeuge.
Mit der Ankündigung, Rheinmetall und KMW-Nexter – also KNDS – zur Abgabe von entsprechenden Dokumenten aufzufordern, wird auch ein klares Signal an die beiden deutschen Panzerproduzenten ausgesandt: Erwartet wird, vielleicht auch nur für diesen einen großen deutsch-französischen Rüstungsauftrag, ein nachhaltiger Zusammenschluss! Es bleibt die spannende Frage, wie der französische Staat die Fusionsbemühungen von Rheinmetall insgesamt bewertet. Im heutigen Welt-Beitrag schreibt Wirtschaftsredakteur Gerhard Hegmann: „Im Kern bekäme das staatliche Rüstungsunternehmen Nexter [mit Rheinmetall] einen neuen deutschen Partner in der Dachgesellschaft KNDS. Branchenkenner gehen davon aus, dass Nexter jedoch ein Vorkaufsrecht auf KMW-Anteile hätte, also Frankreich diese deutsche Transaktion kippen könnte.“
Die beiden Aufnahmen zeigen die Konzernzentrale der Rheinmetall AG in Düsseldorf, Sitz der Management-Holding des Konzerns.
(Foto: Rheinmetall Group)