menu +

Nachrichten


Piräus (Griechenland)/Potsdam/Berlin. Was gibt es Neues von der „Brandenburg“? Das Flaggschiff des ständigen maritimen NATO-Einsatzverbandes 2 (Standing NATO Maritime Group 2, SNMG 2) hatte am Ostermontag während des Auslaufmanövers aus dem Hafen von Piräus Grundberührung und wurde beschädigt. Später wurde die deutsche Fregatte mit Unterstützung der griechischen Marine in die Naval Base Salamis gebracht. Hier wartet die „Brandenburg“ nun zwar auf weitere Untersuchungen und Reparaturen, sie ist aber nach wie vor Führungsplattform des in der Ägäis operierenden NATO-Schiffsverbandes, der unter dem Kommando von Flottillenadmiral Axel Deertz steht. Die Fregatte hatte erst Ende März im Hafen von Souda Bay auf Kreta die „Sachsen“ als Flaggschiff der SNMG 2 abgelöst.

Fregattenkapitän Christian Scherrer, Kommandant der Fregatte „Brandenburg“, erläuterte am 19. April in einem Schreiben an „Angehörige und Freunde“ seiner Besatzung die Situation. Er bestätigte die Kollision in Piräus, die sich am Vormittag des 17. April ereignet hatte. Direkt nach Verlassen des Hafens habe man dann geankert. Die Bordtauchergruppe der „Brandenburg“ habe anschließend eine erste Schadensbegutachtung vornehmen können. Scherrer weiter: „Dabei haben wir festgestellt, dass sowohl unsere Ruderanlage als auch der linke Propeller [Schiffsschraube] bei der Berührung beschädigt wurden. Und zwar vor allem das Ruder so stark beziehungsweise in einem so ungewissen Zustand, dass ich entschieden habe, den Einsatz zunächst nicht fortzusetzen.“

Über Nacht sei die Fregatte dann vor Anker geblieben. Am Dienstag habe das Schiff schließlich mit Unterstützung der griechischen Marine und zwei Schleppern – „um kein weiteres Risiko einzugehen“ – in den Marinehafen Salamis einlaufen können (siehe auch hier).

Voraussichtlich keine Herauslösung aus dem NATO-Verband

Am 21. April war der Vorfall auch Thema in der Berliner Regierungspressekonferenz. Die zentrale Frage dort lautete: „Nachdem das deutsche Flaggschiff bei dem NATO-Einsatzverband in der Ägäis jetzt offenbar auf längere Zeit ausfällt – sind schon Entscheidungen getroffen worden, wie weiter verfahren wird? Schicken wir ein neues Schiff, oder muss der deutsche Einsatzkommandeur auf ein anderes Schiff umziehen?“

Oberst i.G. Boris Nannt gab dazu in seiner Funktion als Sprecher des Verteidigungsministeriums folgende Auskunft: „Ich hatte dazu [am heutigen Freitagmorgen] noch einmal nachgehorcht. Es sieht wohl so aus, dass es ein leichterer Schaden ist, der vor Ort instand gesetzt werden könnte. Ich weiß aber, dass die Untersuchungen noch nicht ganz abgeschlossen sind. Es sieht so aus, dass wir die Führung der Mission weiterhin von dem Schiff aus fortsetzen können. Wir sind noch mitten in Untersuchungen und in der Befundung, aber nach heutigem Stand ist der Schaden nicht so groß, dass das Schiff herausgelöst werden müsste.“

Mannschaft bleibt vorerst komplett an Bord der „Brandenburg“

Wie die Märkische Allgemeine dann am gestrigen Montag (24. April) berichtete, versuchen Experten derzeit wohl zu klären, wie es in dem Hafenareal von Piräus zu dem Unglück kommen konnte. Über den aktuellen Stand der Dinge in der Salamis Naval Base erfuhr die Zeitung: „Die Fregatte kann […] ihre Funktion als Einsatzzentrale der NATO-Mission in der Ägäis behalten. Meldungen und Befehle könnten weiter über das deutsche Schiff an den Flottenverband ergehen.“ Diese Information, so die Märkische, stamme von einem Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam.

Dieser habe auch darauf hingewiesen, dass die Mannschaft der „Brandenburg“ an Bord bleibe, selbst während der Dockphase. Allerdings müssten für die weitere Schadensbegutachtung und Reparaturen vermutlich Munition und Treibstoff entnommen werden (nach Angaben des Einsatzführungskommandos fassen die Schiffstanks mindestens 380.000 Liter). Noch sei unklar, ob die beschädigte Fregatte in ein militärisches oder in ein ziviles Dock geschleppt werden müsse. Auf jeden Fall würden die Arbeiten in einem Trockendock vorgenommen.

Verantwortung für mehr als 200 Menschen und ein 5500-Tonnen-Schiff

Zu großer Verärgerung bei der deutschen Marine hat ein Beitrag der BILD-Zeitung geführt, den das Blatt am 21. April in seiner Rubrik „Gewinner und Verlierer“ veröffentlichte. Unter „Verlierer“ urteilte dort ein unbekannter Autor: „Peinlich für die Deutsche Marine. Die Fregatte ,Brandenburg‘ ist im Hafen von Piräus mit einer Hafenmole zusammengestoßen. Ruderanlage und Schiffsschraube kaputt. Bereits die zweite Havarie dieser Art innerhalb weniger Wochen für die Marine. Wird Fregattenkapitän Christian Scherrer (42) jetzt kielgeholt? BILD meint: Maschinen stopp!“

Sichtlich erzürnt antwortete darauf jetzt Kapitän zur See Johannes Dumrese. Der Sprecher des Inspekteurs der Marine schrieb in einem Kommentar für den Newsletter Auf Kurs (Nr. 16): „Es gibt ganz bestimmt schönere Momente für einen Kommandanten, als eine Grundberührung mit der anvertrauten Fregatte erleiden zu müssen. Aber ist Fregattenkapitän Christian Scherrer deswegen ein Verlierer, so wie BILD meint? Ich frage mich, was Fregattenkapitän Christian Scherrer eigentlich getan hat, um coram publico lächerlich gemacht zu werden? Ich frage mich, ob ein Kommandant der U.S. Navy, Royal Navy oder der Marine Nationale von einer Zeitung des Landes öffentlich lächerlich gemacht würde? Ich frage mich, ob die Verfasser des Artikels überhaupt nur ahnen, was es bedeutet, für über 200 Menschen und für eine 5500-Tonnen-Fregatte Verantwortung zu übernehmen und tagtäglich zu tragen. Fregattenkapitän Scherrer muss Besatzung und Schiff in Einsätze bringen. Und noch viel wichtiger: Er will jedes einzelne Besatzungsmitglied gesund an Körper und Seele wieder nach Hause bringen! Das Schiff auch – selbstredend. Er und seine Besatzung geben jeden Tag ihr Bestes und das monatelang weit weg von zu Hause. Und für wen? Für uns! Dann passiert diesem Kommandanten einmal ein Missgeschick, über das er selbst sich bestimmt am meisten ärgert. Einmal! Und das macht ihn zum Verlierer? In der Marine sagen wir aus gutem Grunde ,Die besten Kommandanten stehen an Land‘.“

Über die (zeitlosen) Grundregeln journalistischer Arbeit

Eigentlich ist mit dieser Replik des Marineoffiziers alles gesagt. Wäre da nicht noch das Handwerkliche des BILD-Fünfzeilers, das wir noch rasch würdigen wollen.

Die boulevardeske Anprangerei des Blattes – anonym, billig und niederträchtig – erfüllt nicht einmal journalistische Mindestanforderungen. Hätte Sprachkritiker Wolf Schneider seine Freude an diesem Textblock? Sicherlich! Und zwar dann, wenn er immer noch auf der Suche nach abschreckenden Beispielen wäre (nach „Torheiten“, wie Schneider sagt, die „in der Sprache versteinert“ sind). Der Gründer der Hamburger Henri-Nannen-Schule und Autor so erfolgreicher Sachbüchern wie „Deutsch für Profis“ oder „Wörter machen Leute“ hätte wohl auf Anhieb in den fünf Sätzen sprachliche Schluderei entdeckt. Stößt man mit einer Hafenmole zusammen, oder rammt man sie? Heißt es „kielgeholt“? Oder nicht doch „gekielholt“? Wir glauben nicht, dass der unbekannte BILD-Autor sich nachträglich die Mühe machen wird, richtige Antworten zu finden.

Warum auch? Zeigt nicht bereits der Umstand, dass gut die Hälfte des BILD-Textes zusammenhanglos aus anderer Quelle „übernommen“ wurde, wie stümperhaft hier gewerkelt wurde? Werfen wir einen Blick in die Kieler Nachrichten vom 18. April. Hier finden wir Frank Behling’s Beitrag „Fregatte kollidiert mit Mole“. In seinem Text heißt es unter anderem: „Das […] Schiff ist […] im Hafen von Piräus mit einer Hafenmole zusammengestoßen.“ Kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor? Oder: „[Es ist] bereits die zweite Havarie dieser Art innerhalb weniger Wochen für die Marine.“ Aha, eine vertraute Zeile. Wir meinen: Peinlich für BILD!


Das Bild zeigt die Fregatte „Brandenburg“ am 14. April 2017 im Hafen von Piräus. Drei Tage später, beim Auslaufen ins Mittelmeer, wurde das Schiff der deutschen Marine durch eine Grundberührung ernsthaft beschädigt.
(Foto: Jaroslaw Jablonski/Wikipedia/unter Lizenz CC-BY SA 4.0; vollständiger Lizenztext:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en)

Kleines Beitragsbild: Fregatte „Brandenburg“ bei Nacht in einem Trockendock. Die Aufnahme wurde am 9. Dezember 2015 gemacht.
(Foto: Ivo Schneider/Wikipedia/unter Lizenz CC-BY 3.0; vollständiger Lizenztext:
https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN