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Berlin/Kahramanmaras (Türkei). 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 989 Tage lang seit Herstellen der Einsatzbereitschaft am 28. Januar 2013 – der deutsche Schutzschild für die türkische Stadt Kahramanmaras im Rahmen der NATO-Mission „Active Fence Turkey“ war perfekt. Fast drei Jahre lang sorgten hier an der Grenze zum Bürgerkriegsland Syrien die Flugabwehrraketensysteme der Bundeswehr für Sicherheit. Zu 99,89 Prozent – so die Angabe des Einsatzführungskommandos – hatte sich das Waffensystem Patriot dabei im aktiven Status befunden. Am gestrigen Donnerstag (15. Oktober) endete nun der operative Beitrag Deutschlands zur „Active Fence“-Mission. Auch die USA ziehen ihre Patriot-Spezialisten ab. Nur noch spanische Raketen verbleiben vorerst in der Türkei.

Das Kabinett Merkel hatte Anfang August dieses Jahres beschlossen, den deutschen Bündnisbeitrag an „Active Fence“ nicht über das geltende Bundestagsmandat hinaus – 31. Januar 2016 – zu verlängern. Mit Schreiben vom 14. August hatte die Bundesregierung danach dann die Obleute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses über ihre Entscheidung informiert (siehe auch hier).

Schutz der türkischen Bevölkerung und des türkischen Staatsgebietes

Deutschland leistete seit dem 14. Dezember 2012, der ersten Mandatierung des Türkeieinsatzes der Bundeswehr durch den Bundestag, einen maßgeblichen Beitrag zur Verstärkung der Integrierten Luftverteidigung der NATO an der Südflanke der Allianz.

Für die beteiligten Kräfte der Bundeswehr ergaben sich hieraus folgende Aufgaben: Unterstützung der NATO zum Schutz der türkischen Bevölkerung und des türkischen Staatsgebiets, Mitwirkung an der luftgestützten Frühwarnung im Rahmen der Luftraumüberwachung im Bereich der türkisch-syrischen Grenze, Austausch und Abgleich gewonnener Lagebildinformationen. Hinzu kamen und kommen bis zum endgültigen Abzug Sicherung und Schutz der eigenen Kräfte.

Der Zustimmung des Bundestages zu „Active Fence Turkey“ und damit zur Entsendung der deutschen Patriot-Systeme nach Kahramanmaras im Südosten Anatoliens war ein Ersuchen der Türkei an die NATO sowie ein entsprechender Beschluss des Nordatlantikrates vom 4. Dezember 2012 vorausgegangen.

Spanien denkt ebenfalls über ein Ende seines Einsatzes in der Türkei nach

Nach Einschätzung der NATO ist die Bedrohung des türkischen Territoriums durch ballistische Raketen aus Syrien inzwischen als gering zu bewerten. Allerdings ist das Bündnis zunehmend besorgt über die Rolle Russlands bei den Kämpfen in Nachbarland.

So soll nach der zweifachen kurzzeitigen Verletzung des türkischen Luftraumes Anfang dieses Monats durch russische Kampfjets beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister am 8. Oktober in Brüssel die Patriot-Frage wieder aktuell gestellt worden sein. Wie Nachrichtenagenturen an diesem Donnerstag übereinstimmend aus der belgischen Hauptstadt berichteten, habe die Türkei an die USA und an Deutschland appelliert, ihre Patriot-Systeme doch noch im Land zu belassen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte danach gegenüber Pressevertretern die deutsche Entscheidung zum Abzug bekräftigt. Von der Nachrichtenagentur Reuters wird die Ministerin mit den Worten zitiert: „Es ist die Frage, welche Gefahr wie gebannt werden kann, und in diesem Kontext ist diese Entscheidung (zum Abzug) richtig.“

Der Verteidigungsminister Spaniens, Pedro Morenés Eulate, machte bei der Sitzung in Brüssel deutlich, dass sein Land vermutlich ebenfalls die Patriot-Kräfte aus der Türkei abziehen werde. Es mache keinen Sinn mehr, alleine – ohne Deutschland und die USA – den ursprünglichen NATO-Auftrag erfüllen zu wollen. Dafür sei der insgesamt zu überwachende Sektor nun einfach zu groß. Der Politiker: „Wir werden keinesfalls die einzig verbleibende Patriot-Einheit in der Türkei stellen, das wäre absolut ineffektiv.“

Bundeswehr hat ihren Auftrag „in vollem Umfang erfüllt“

Nun ist der deutsche Einsatzauftrag zum Schutz der Provinzmetropole Kahramanmaras, die etwas mehr als eine Million Einwohner hat, und des türkisch-syrischen Grenzgebiets in dieser Region abgeschlossen. Den Befehl zum Abschalten der Patriot-Systeme gab am 15. Oktober in der Gazi-Kaserne Oberst Josef Ipfelkofer, der Kontingentführer. Er dankte den angetretenen Frauen und Männern: „Unseren Auftrag, die türkische Luftverteidigung zu verstärken und die Bevölkerung zu schützen, haben wir in vollem Umfang erfüllt.“

An der besonderen Zeremonie, der Beendigung des deutschen operativen Einsatzes bei „Active Fence Turkey“, nahm auch der Kommandierende General des Luftwaffentruppenkommandos, Generalmajor Helmut Schütz, teil.

Im Laufe der vergangenen 989 Einsatztage in Kahramanmaras waren hier mehr als 2500 Bundeswehrangehörige stationiert gewesen. Wie das Einsatzführungskommando in Potsdam betonte, hat die hohe Einsatzbelastung bei „Active Fence Turkey“ hauptsächlich die Flugabwehrraketenverbände der deutschen Luftwaffe, die das im Schichtdienst eingesetzte Fachpersonal stellten, getroffen. Aktuell gibt es in der letzten deutschen Patriot-Einsatzstaffel in Kahramanmaras bereits einige Soldaten, die addiert mehr als 360 Einsatztage in der Türkei geleistet haben.

Gesamte deutsche Rückverlegung soll bis zum 31. Januar 2016 abgeschlossen sein

Mit dem Abschalten der Patriot-Systeme am 15. Oktober endete für die Bundeswehr in der Türkei zwar der Kern des Einsatzauftrages. Der Dienst geht hier aber noch weiter. Nun beginnen der Rückbau der errichteten Stellungen und die Sichtung des gesamten Wehrmaterials auf Vollzähligkeit. Auch die Patriot-Lenkflugkörper müssen für den Rücktransport in die Heimat vorbereitet werden.

Mit der Rückverlegung des gesamten Materials beginnt dann das letzte Kapitel dieses erfolgreichen Bundeswehr-Auslandseinsatzes. Soldaten, die jetzt nicht mehr unbedingt vor Ort sein müssen, sollen noch vor Weihnachten zurück in die Heimat fliegen können. Die Rückverlegung und damit der gesamte deutsche Bündnisbeitrag für „Active Fence Turkey“ sollen bis zum Ende des laufenden Bundestagsmandats am 31. Januar 2016 abgeschlossen sein.


Zu unseren Aufnahmen:
1. Einsatzstellungen der deutschen Patriot-Systeme, im Hintergrund Kahramanmaras. Die Aufnahme wurde am 24. April 2015 gemacht.
(Foto: NATO HQ AIRCOM über Bundeswehr)

2. Fachpersonal der Bundeswehr an einem Patriot-Startgerät. Das Bild entstand am 5. Mai 2015 in Kahramanmaras.
(Foto: NATO HQ AIRCOM über Bundeswehr)

3. Soldaten des spanischen Kontingents der NATO-Mission „Active Fence Turkey“ am 17. Juli 2015 in Adana. Die Spanier hatten die Niederländer hier erst am 26. Januar 2015 abgelöst.
(Foto: Javier Lizón)

Kleines Beitragsbild: Patriot-Gerät der Bundeswehr in Kahramanmaras.
(Foto: NATO HQ AIRCOM über Bundeswehr)


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