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Berlin/Monrovia (Liberia). Die Bundeswehr nimmt in Afrika bereits an vier Missionen der Vereinten Nationen und an drei Missionen der Europäischen Union teil. Jetzt soll ein weiterer Auslandseinsatz auf diesem Kontinent folgen. Das Bundeskabinett hat am 29. April beschlossen, die UNMIL-Friedensmission in Liberia mit bis zu fünf bewaffneten Bundeswehrsoldaten zu unterstützen. Deutschland engagiert sich bereits seit 2003 für den Friedensprozess im Land an der westafrikanischen Atlantikküste und entsandte erstmals im Jahr 2004 Polizeikräfte zu UNMIL (United Nations Mission in Liberia). Das jetzt von der Regierung beantragte Mandat ist bis zum 31. Dezember 2016 befristet, der Bundestag muss noch zustimmen.

Derzeit dienen 519 Bundeswehrangehörige bei folgenden Missionen und Operationen in Afrika beziehungsweise am Horn von Afrika: UNMISS (United Nations Mission in South Sudan) in Südsudan; UNAMID (United Nations/African Union Mission in Darfur) im Sudan; MINUSMA (Mission multidimensionnelle intégrée des Nations Unies pour la stabilisation au Mali oder United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) im Senegal und in Mali; MINURSO (United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara) in der Westsahara; EUTM Mali (European Training Mission in Mali) in Mali; EUTM Somalia (European Training Mission for Somalia) in Somalia; European Union Naval Force Somalia – Operation Atalanta am Horn von Afrika und in den angrenzenden Seegebieten.

Bei der nun von der Bundesregierung beschlossenen Beteiligung an UNMIL in Liberia sollen bis zu fünf Bundeswehrsoldaten den Führungsstab der Friedensmission verstärken. Kommende Woche, zum 15. Mai, wird Deutschland dazu auf Bitten der Vereinten Nationen (VN) den stellvertretenden Befehlshaber bei UNMIL stellen. Die Zustimmung des Bundestages zu diesem neuen Auslandseinsatz der Bundeswehr erfolgt nach Paragraf 4 Absatz 3 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes. Danach ist ein vereinfachtes Zustimmungsverfahren möglich, wenn Einzelpersonal im Rahmen eines Einsatzes des Vereinten Nationen entsendet werden soll. Die einsatzbedingten Zusatzausgaben für die Beteiligung der Bundeswehr an der Mission UNMIL werden bis zum 31. Dezember 2016 nach Regierungsangaben rund 0,6 Millionen Euro betragen.

Die deutsche Polizei ist seit über zehn Jahren in der ältesten Republik des Kontinents im Einsatz. Sie hilft beim Wiederaufbau liberianischer Polizeikräfte nach demokratischen Standards.

Sicherheitskräfte und Zivilpersonal aus rund 60 Ländern

Die UNMIL-Mission war von den Vereinten Nationen am 19. September 2003 nach einem gut 14 Jahre dauernden Bürgerkrieg in Liberia beschlossen worden. Sie soll Zivilpersonen schützen und humanitäre Hilfsleistungen unterstützen. Daneben hilft UNMIL der Regierung von Liberia, die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen des Landes zu reformieren. Zum Aufgabenpaket gehören auch Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte.

UNMIL arbeitet im Rahmen des eigenen Mandats bei der Stabilisierung des Grenzgebiets auch mit der Parallelmission der Vereinten Nationen im Nachbarland Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire/United Nations Operation in Côte d’Ivoire, UNOCI) eng zusammen.

Liberia hat sich mit Beginn des VN-Einsatzes rasch stabilisiert. Die Truppenstärke der UNMIL-Mission von anfangs 15.000 Mann konnte bereits im dritten Einsatzjahr wieder reduziert werden. Zum Stichtag 31. März 2015 waren 5869 Soldaten beteiligt (4302 Militärangehörige, 126 Militärbeobachter und 1441 Polizeikräfte). Das Personal kommt aus rund 60 Ländern. Verstärkt wird das Friedenskontingent durch 383 Zivilbeschäftigte und 190 VN-Freiwillige verschiedener Nationen sowie etwa 860 Ortskräfte. Bislang verloren 190 Männer und Frauen in Ausübung ihres Dienstes bei UNMIL in Liberia ihr Leben.

Die Bundesregierung äußerte sich am 29. April in einem Pressetext zum weiteren „Fahrplan“ der Mission: „Sobald sich die Lage in dem noch immer fragilen Staat ausreichend verbessert hat, werden die liberianischen Behörden in eigener Verantwortung für die Sicherheit Sorge tragen. Dieses Ziel soll spätestens am 30. Juni 2016 erreicht werden.“ Insgesamt sei im Fall Liberia die Tragweite des Einsatzes deutscher Soldatinnen und Soldaten – im Vergleich zu anderen Einsätzen – als gering zu bewerten, was die Relevanz der Beteiligung an der Führung dieser wichtigen Mission der Vereinten Nationen nicht relativiere, urteilt die Regierung weiter.

Erste frei gewählte Präsidentin eines afrikanischen Landes

Liberia – neben Äthiopien das einzige Land Afrikas, das nie unter europäischer Kolonialherrschaft stand – ist heute vor allem bekannt durch die zwei langen und brutalen Bürgerkriege. Bei diesen blutigen Auseinandersetzungen, die (mit kurzen Unterbrechungen) von 1989 bis 2003 dauerten, kamen mehr als 270.000 Menschen ums Leben.

Im November 2005 war die damals 76-jährige in Harvard (USA) ausgebildete Wirtschaftsexpertin Ellen Johnson-Sirleaf zur neuen Präsidentin Liberias gewählt worden. Sie hatte als Kandidatin der Unity Party die Wahl mit knappem Vorsprung vor dem Ex-Fußballstar George Manneh Weah (Congress for Democratic Change) gewinnen können.

Johnson-Sirleaf, die ihr Amt am 16. Januar 2006 angetreten hatte, war damit die erste frei gewählte Präsidentin eines afrikanischen Staates. Allerdings war und ist sie um ihren Posten nicht zu beneiden. Die Infrastruktur Liberias war nach dem Bürgerkrieg völlig zerstört, jeder zehnte Bürger Flüchtling, die Möglichkeiten zur Schulbildung unzureichend, 80 Prozent der Einwohner von Arbeitslosigkeit betroffen, die Kriminalitätsrate hoch, ethnische Spannungen weit verbreitet, Korruption immens und das Land stark verschuldet.

Infrastruktur ist Schwerpunkt deutscher Entwicklungszusammenarbeit

Die Entwicklungszusammenarbeit mit Liberia konzentriert sich seit 2003 auf Stabilisierungspolitik. Seit der Wahl von Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf (sie erhielt am 8. November 2011 die Stimmenmehrheit für eine weitere Amtszeit von sechs Jahren) wurde der Übergang von Nothilfemaßnahmen zur strukturbildenden bilateralen Entwicklungszusammenarbeit eingeleitet. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich seit 20077 auf den Bereich „Förderung der Infrastruktur“.

Unter anderem ist Deutschland am Liberia Reconstruction Trust Fund beteiligt. Berlin fördert den Auf- und Ausbau des Verkehrssektors und unterstützt mit einem Reintegrations- und Wiederaufbauprogramm die Bevölkerung im Südosten des Landes. Flankiert wird dies durch Infrastrukturmaßnahmen im Bereich „Energie/Erneuerbare Energien“. Seit 2011 sind Liberia insgesamt 83 Millionen Euro zugesagt worden.

Helfer der Bundeswehr und des DRK im Kampf gegen Ebola

Schwer zu leiden hatte Liberia auch unter der Ebolafieber-Epidemie, die im März 2014 in mehreren westafrikanischen Ländern ausbrach. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) erkrankten im Verlauf der Seuche – einschließlich der Verdachtsfälle – bislang mehr als 24.700 Menschen an Ebolafieber, rund 10.700 Westafrikaner starben, unter ihnen fast 4500 Liberianer.

UNMIL hat bei der Eindämmung der Seuche in Liberia nach Einschätzung der Bundesregierung „herausragende Unterstützung“ geleistet. Deutschland selber hat mit Sondermaßnahmen zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie beigetragen. Im Einsatz waren unter anderem zahlreiche freiwillige medizinische und technische Helfer der Bundeswehr und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Ihr Einsatzschwerpunkt war die liberianische Hauptstadt Monrovia (wir berichteten).

Am Dienstag dieser Woche (5. Mai) ehrte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die am Ebola-Einsatz beteiligten Bundeswehrangehörigen in Berlin mit einem Empfang. Sie dankte den Frauen und Männern und sagte: „Ihre Einsatzbereitschaft geht über das normale Maß hinaus. Der Einsatz im Kampf gegen Ebola war absolutes Neuland für die Bundeswehr. Mit Ihrem Mut und Ihrer persönlichen Hilfsbereitschaft für Menschen in bitterer Not haben Sie gemeinsam mit den anderen Helfern und Organisationen aus Deutschland eine hervorragende Visitenkarte für unser Land abgegeben.“

Deutsche Luftwaffe transportierte fast 1000 Tonnen Hilfsgüter

Der Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums gab zum Empfang der Ministerin auch noch einmal die letzten Zahlen der deutschen Unterstützungsleistungen bekannt.

So hatten von Oktober 2014 bis März 2015 zwei Transall-Transportflugzeuge der deutschen Luftwaffe im Rahmen einer Luftbrücke auf 345 Flügen mehr als 800 Tonnen Hilfsgüter innerhalb der Krisenregion befördert. Zusätzlich waren Spenden- und Hilfsgüter im Volumen von 148 Tonnen durch die Bundeswehr von Deutschland nach Westafrika geflogen worden.

Angehörige des DRK und Freiwillige der Bundeswehr hatten in Monrovia eine im Aufbau befindliche Ebola-Behandlungseinrichtung übernommen. Diese war dann im Januar 2015 mit geringfügigen Änderungen zu einer „Severe Infection Temporary Treatment Unit“ (SITTU) für die erweiterte Behandlung von Infektionskrankheiten umgewidmet worden. Hier sind bislang weit mehr als 500 teils hochinfektiöse Patienten behandelt worden.

Darüber hinaus hatte das freiwillige Personal aus Deutschland das John F. Kennedy-Krankenhaus in Monrovia und die UNMIL-Sanitätseinrichtung mit fachlicher sowie materieller und personeller Hilfe unterstützt. Insgesamt waren im Ebola-Krisengebiet 224 Bundeswehrangehörige im Einsatz gewesen.

An dem Empfang im Verteidigungsministerium nahmen auch die DRK-Vizepräsidentin, Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg, und der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für den Kampf gegen die Ebola-Epidemie, Botschafter Walter Lindner, teil.


1. Feierliche Übernahme neuer Polizeioffiziere in den Dienst der nationalen Polizeikräfte Liberias. Die Aufnahme entstand am 1. April 2009 in Monrovia.
(Foto: Christopher Herwig/UNMIL)

2. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ehrte am 5. Mai 2015 die am Ebola-Einsatz beteiligten Helferinnen und Helfer der Bundeswehr mit einem Empfang im Bendlerblock in Berlin.
(Foto: Uwe Grauwinkel/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Angehöriger der UNMIL-Friedenstruppe im Februar 2009 in Liberias Hauptstadt Monrovia.
(Foto: Christopher Herwig/UNMIL)


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