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Bonn/Berlin. Die Bundeswehr gewährt ausländischen Truppenteilen, deutschen Behörden oder Zivilisten seit Jahren schon gewisse logistische Leistungen. So gibt sie beispielsweise Betriebsstoffe ab oder nimmt Personen, die nicht Angehörige der Streitkräfte sind, bei ihren Flügen mit. Es ist festgelegt, dass für solche Leistungen stets ein kostendeckendes Entgelt in Rechnung zu stellen ist. In seinem Ergänzungsband zu den aktuellen „Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes“ kritisiert nun der Bundesrechnungshof, dass die Bundeswehr logistische Leistungen für Dritte immer noch nicht abrechnet und damit ihre früher gegebenen Zusagen an den Deutschen Bundestag nach wie vor nicht einhält.

Der 72 Seiten starke Ergänzungsband zu den „Bemerkungen 2019“ erschien am Donnerstag vergangener Woche (2. April). Ein Kapitel ist dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) gewidmet, zwei Missstände werden darin aufgegriffen.

Zum einen hält die Bonner Bundesbehörde dem Verteidigungsministerium vor, dass das Travelmanagement der Streitkräfte durch Organisationschaos erschwert werde und Beschäftigte in diesem Bereich über Gebühr belastet seien (siehe hier). Ein weiterer massiver Vorwurf betrifft den Bereich der logistischen Leistungen der Bundeswehr für Dritte. Darüber wollen wir jetzt berichten …

Mangelhafte Abrechnung bei der Betriebsstoffabgabe an Dritte

Der Bundesrechnungshof hatte bereits in den Jahren 2007 und 2014 in seinen „Bemerkungen“ über Mängel beim Abrechnungsprozess von Betriebsstoffabgaben berichtet. Er hatte festgestellt, dass die Bundeswehr die Abrechnung der Abgaben von Betriebsstoffen an Dritte nicht sicherstellte. Die Rechnungsprüfer hatten dabei mit allem Nachdruck auch auf Einnahme- und Zinsverluste hingewiesen.

Das BMVg hatte damals nach Veröffentlichung der „Bemerkungen“ dem Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zugesagt, die Abrechnung von Betriebsstoffabgaben an Dritte endlich zu optimieren.

Immer noch Außenstände in Höhe von rund 3,1 Millionen Euro

2016 prüfte der Bundesrechnungshof erneut, ob und wie die Bundeswehr sämtliche logistischen Leistungen für Dritte abrechnet. Es stellte sich heraus, dass das BMVg den Abrechnungsprozess immer noch nicht verbessert hatte. Dazu die Bonner Behörde: „Der Bundeswehr fehlte weiterhin ein hinreichender Überblick über die logistischen Leistungen für Dritte. Offene Forderungen reichten zurück bis in das Jahr 2009.“

Erneut sagte das Verteidigungsministerium dem Bundesrechnungshof eine Verbesserung seines Abrechnungsprozesses zu. Die offenen Forderungen würden „schnellstmöglich“ eingetrieben, hieß es.

Auf Nachfrage des Bundesrechnungshofes musste das Ministerium im Jahr 2019 einräumen, seine Zusagen erneut nicht umgesetzt zu haben. Für das Jahr 2017 waren noch logistische Leistungen für Dritte in Höhe von rund 0,85 Millionen Euro abzurechnen, für das Jahr 2018 weitere 1,65 Millionen Euro. Offene Forderungen von 0,60 Millionen Euro reichten zu diesem Zeitpunkt unverändert bis in das Jahr 2009 zurück. Einige Schuldner befinden sich mittlerweile in Insolvenzverfahren. Alles in allem geht es heute immer noch um Außenstände in Höhe von rund 3,1 Millionen Euro.

Drückt sich das Verteidigungsministerium um einen detaillierten Zeitplan?

In einer halbgaren Stellungnahme im Januar 2019 teilte das BMVg dem Bundesrechnungshof mit, „zunächst die Prozessoptimierung eingeleitet“ zu haben. Zuerst müsse man aber „die Abrechnungsprozesse analysieren“ und diese Untersuchungsergebnisse dann „in einem nächsten Schritt mit den Abrechnungsgrundlagen harmonisieren“. Die Vorbereitung der Gespräche und die Anpassung der Regelungen sei zeitaufwendig, mauerte das Ministerium. Einen detaillierten Zeitplan könne man nicht aufzeigen.

Im November vergangenen Jahres ergänzte das BMVg schließlich, dass die offenen Forderungen zu Betriebsstoffabgaben „größtenteils abgebaut“ werden konnten. Ein vollständiger Überblick über alle logistischen Leistungen für Dritte liege allerding noch immer nicht vor.

„Bundeswehr verstößt wissentlich gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen“

Man konnte nach diesem ministeriellen Zwischenbescheid an den Bundesrechnungshof förmlich zusehen, wie den verantwortlichen Prüfexperten der Hals anschwoll und dann der Kragen platzte. In den jetzt veröffentlichten Ergänzungen zu den „Bemerkungen 2019“ heißt es unmissverständlich: „Für den Bundesrechnungshof ist es nicht akzeptabel, dass das BMVg wiederholt dem Rechnungsprüfungsausschuss gegebene Zusagen nicht einhält. Die Bundeswehr hat nach wie vor keinen Überblick über die logistischen Leistungen für Dritte und rechnet diese daher nur unzureichend ab. Damit besteht das Risiko, dass Ansprüche gegen Dritte auf Erstattung nicht oder nur verspätet realisiert werden können. Die Bundeswehr verstößt wissentlich unverändert gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen. Danach sind Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben.“

Die Kritik der Behörde gipfelt schließlich in dem Vorwurf: „Der mangelnde Wille zur Umsetzung der Zusagen an das Parlament wird auch dadurch deutlich, dass das [Verteidigungsministerium] sich nicht mit einem Zeitplan bindet. Der Bundesrechnungshof bleibt bei seinen Empfehlungen und erwartet vom BMVg, schnellstmöglich einen Zeitplan vorzulegen. Es sollte angeben, bis wann offene Forderungen abgebaut, logistische Leistungen für Dritte abgerechnet und der Abrechnungsprozess verbessert werden.“


Das Symbolbild „Logistikleistungen für Dritte“ zeigt den Transporter „Spessart“ der Deutschen Marine im Oktober 2006 bei der Kraftstoffversorgung des amerikanischen Landungsschiffs „USS Saipan“.
(Foto: Patrick W. Mullen III/U.S. Navy)

Kleines Beitragsbild: Eingang des Bundesrechnungshofs an der Bonner Adenauerallee.
(Foto: Bundesrechnungshof)


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