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Berlin. Im Zeitraum 2016 bis 2018 wurden insgesamt zwölf Fälle unmittelbarer Gewalt gegen Soldaten in Uniform außerhalb militärischer Einrichtungen durch die Dienststellen der Bundeswehr gemeldet. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage des Bundestagsabgeordneten Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) hervor.

Erst am 2. September hatten in Berlin-Neukölln zwei Unbekannte einen türkischstämmigen Obergefreiten, der in Dienstuniform unterwegs war, attackiert und verletzt (wir berichteten). Offenbar handelte es sich bei diesem Angriff um eine fremdenfeindliche Tat. Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz der Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

Lindner, Obmann von Bündnis 90/Die Grünen im Verteidigungsausschuss und Sprecher seiner Fraktion für Sicherheitspolitik, wollte von der Bundesregierung wissen, „zu wie vielen Angriffen, Fällen von Beleidigungen oder anderen Straftaten gegenüber Angehörigen der Bundeswehr, die in der Öffentlichkeit Dienstkleidung (Uniform) getragen haben, es in den letzten drei Jahren“ gekommen ist. Dabei erkundigte sich der Politiker auch nach der „Art der Vorfälle“. Ihm antwortete der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung Peter Tauber.

Sicherheitsrelevante Vorkommnisse und Verdachtsfälle

In Taubers Antwort vom 18. September wird zunächst erklärt, wie derartige Vorfälle überhaupt erfasst werden. Wir erfahren: „In der Bundeswehr werden sogenannte sicherheitsrelevante Vorkommnisse im Rahmen der militärischen Sicherheit erfasst. Darunter fallen unter anderem auch Gewaltanwendungen und/oder Handlungen gegen […] Soldaten in Uniform oder Bundeswehreigentum (wie zum Beispiel Fahrzeuge, Kasernen). Hier werden im speziellen Übergriffe von Tätern außerhalb der Bundeswehr (keine Angehörigen der Bundeswehr) aufgenommen.“

Unabhängig davon, so Tauber weiter, würden im Meldewesen „Innere und Soziale Lage der Bundeswehr“ ebenfalls Ereignisse wie Angriffe, Beleidigung oder andere Straftaten gegenüber Angehörigen der Bundeswehr in Uniform erfasst. Die erfassten Ereignisse seien allerdings „nicht zwingend deckungsgleich“ mit dem Meldeaufkommen aus dem Bereich der sicherheitsrelevanten Vorkommnisse. Dies habe damit zu tun, dass im Meldewesen „Innere und Soziale Lage der Bundeswehr“ Verdachtsfälle nach Einschätzung der zuständigen Vorgesetzten – insbesondere aufgrund der Meldung eines Beteiligten oder Betroffenen – gemeldet würden.

Sachbeschädigung, Beleidigung, Bedrohung und Körperverletzung

Nach Auskunft des Staatssekretärs ergibt sich demnach im Bereich der militärischen Sicherheit folgendes Bild: Im Jahr 2016 wurden durch die Dienststellen der Bundeswehr vier Vorfälle unmittelbarer Gewalt gegen Soldaten in Uniform außerhalb militärischer Einrichtungen gemeldet, im Jahr 2017 ein Vorfall und im Jahr 2018 sieben Vorfälle. Für das Jahr 2019 wurden bislang fünf Fälle gemeldet.

Das Lagebild im Meldewesen „Innere und Soziale Lage der Bundeswehr“ sieht im Detail folgendermaßen aus:
im Jahr 2016 gab es vier Verdachtsmeldungen (drei Meldungen davon mit Verdacht auf Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit sowie eine Meldung mit Verdacht auf Beleidigung und Sachbeschädigung);
im Jahr 2017 gab es sieben Verdachtsmeldungen (davon fünf Meldungen mit Verdacht auf Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit sowie zwei Meldungen mit Verdacht auf Beleidigung beziehungsweise Bedrohung);
im Jahr 2018 gab es vier Verdachtsmeldungen (davon drei Meldungen mit Verdacht auf Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit sowie eine Meldung mit Verdacht auf Beleidigung und Sachbeschädigung).

Das Jahr 2019 schlägt bisher im Meldewesen „Innere und Soziale Lage der Bundeswehr“ mit insgesamt 13 Verdachtsmeldungen zu Buche (elf Meldungen davon mit Verdacht auf Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit sowie zwei Meldungen mit Verdacht auf Beleidigung beziehungsweise Bedrohung).

Alles in allem wurden im Zeitraum 2016 bis 2019 (Stand 18. September) 28 Verdachtsmeldungen aufgenommen. Auffällig ist die Zunahme der Vorfälle in diesem Jahr im Vergleich zu 2018 um das Dreifache – mit aktueller Tendenz hin zu mehr Gewalt gegen Uniformierte der Bundeswehr.

Ebenfalls im Visier der Täter: Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte

Das Thema „Gewalt gegen Funktionsträger der Gesellschaft und des Staates“ gewinnt gegenwärtig medial, politisch und wissenschaftlich immer mehr an Bedeutung. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht von Übergriffen auf Polizisten berichtet wird. Immer öfter werden auch Angehörige der Feuerwehr sowie Rettungskräfte attackiert. Der Gesetzgeber hat deswegen in der Vergangenheit bereits mehrfach die entsprechenden Paragrafen verschärft. Inzwischen gibt es auch etliche Studien, die das Phänomen der Gewalt gegen Uniformierte und Retter untersuchen.

So haben die beiden Wissenschaftler Matthias Rau und Fredericke Leuschner in ihrer 2018 veröffentlichten Bestandsaufnahme „Gewalterfahrungen von Rettungskräften im Einsatz“ festgestellt, dass beispielsweise Körperverletzungsdelikte im Laufe der vergangenen sechs Jahre (2012 bis 2017) „über alle Berufsgruppen hinweg“ – bei Polizeibediensteten, Rettern und Angehörigen der Feuerwehren – angestiegen sind. Es muss befürchtet werden, dass auch die Bundeswehr zunehmend Ziel von Gewalttätern wird …

Trauen sich Soldaten bald nicht mehr in Uniform auf die Straße?

Bereits im vergangenen Jahr hatte Staatssekretär Tauber den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages darüber informiert, dass im Jahr 2017 insgesamt 87 Straftaten gegen die Bundeswehr erfasst worden sind (siehe hier). Diese reichten von Sachbeschädigungen über Sabotageakte und Brandanschläge bis hin zu Gewalttaten gegen Personen. Im Einzelnen handelte es sich um sechs Angriffe gegen Bundeswehrangehörige (etwa beim Tragen der Uniform in der Öffentlichkeit), sechs Brandanschläge, fünf Sabotageakte und 70 weitere Gewalttaten gegen Sachen.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Marcus Faber hatte diese gesellschaftliche Entwicklung und beklagt und gefordert: „Wenn unsere Soldaten bereit sind, in […] Auslandsmissionen ihr Leben zu riskieren, müssen wir dafür Sorge tragen, dass sie im eigenen Land keiner Gewalt ausgesetzt sind. Es kann doch nicht angehen, dass sich Bundeswehrangehörige in Uniform nicht mehr auf die Straße trauen.“ Fabers Warnung bleibt hochaktuell!


Unser Symbolbild entstammt einer zweiteiligen Reportage des Senders RTL II über den Berufsalltag deutscher Polizisten.
(Bild: RTL II)


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