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Berlin/Osnabrück. Die zähe Bildung einer neuen Bundesregierung erfüllt auch den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, mit Sorge. Der SPD-Politiker fordert jetzt die Einrichtung eines Verteidigungsausschusses im Parlament noch vor einer Regierungsbildung. In einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (Ausgabe vom heutigen Mittwoch) sagte er: „Die Bundeswehr ist laut Grundgesetz eine Parlamentsarmee. Wenn es nun monatelang keinen Verteidigungsausschuss geben sollte, wäre die Kontrolle durch das Parlament eingeschränkt – und die Bundeswehr wäre eine Art amputierte Parlamentsarmee.“

Nach Einschätzung des Wehrbeauftragten könnte die Übergangszeit ohne neue Regierung noch Monate dauern, im Fall von Neuwahlen auch länger. „Es darf nicht sein, dass die Bundeswehr ein halbes Jahr kein direktes parlamentarisches Gegenüber hat“, warnte Bartels.

Die Arbeit des Verteidigungsausschusses ist zumeist von einer gewissen Brisanz, deshalb tagt er auch hinter verschlossenen Türen. Dahinter geht es um die Sicherheit des Landes, der Verbündeten und nicht zuletzt um die der Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Eine wesentliche Aufgabe besteht in der parlamentarischen Kontrolle des Verteidigungsministeriums und seines nachgeordneten Bereichs. In diesem Zusammenhang spielt das Gremium eine wichtige Rolle bei der Verabschiedung des Verteidigungsbudgets sowie bei der Beschaffung von Ausrüstung und Material für die Truppe. Die Ausschussmitglieder wollen darüber hinaus rechtzeitig über alles informiert werden, was mit den aktuellen Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu tun hat. Von besonderer Bedeutung für sie sind auch Entwicklungen, Verhandlungen und Entscheidungen im NATO-Bündnis oder im Bereich der EU. Der Verteidigungsausschuss interessiert sich zudem für alle besonderen Vorfälle in den Streitkräften.

Soldaten von der momentanen Situation besonders betroffen

In seinem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung kritisierte Bartels auch, dass viele Soldaten in Auslandseinsätzen in Ungewissheit ihren Dienst versehen müssen, weil der Bundestag die Auslandseinsätze im Moment nur kurzzeitig verlängern kann. „Für das ganze Land ist die Lage nicht einfach, aber die Soldaten sind besonders betroffen“, so Bartels.

Der neue Bundestag hat am gestrigen Dienstag und heutigen Mittwoch über die übergangsweise Verlängerung von insgesamt sieben Auslandsmissionen der Bundeswehr beraten. Die Drei-Monats-Verlängerung soll die Zeit bis zur Regierungsbildung überbrücken (wir berichteten). Die sieben Anträge der Bundesregierung wurden nach erster Lesung zur weiteren Beratung an den inzwischen eingerichteten Hauptausschuss überwiesen.

Bei den Auslandseinsätzen in Zukunft Schwerpunkte setzen

Folgende fünf Bundeswehreinsätze laufen zum 31. Dezember dieses Jahres aus und sollen jetzt zunächst bis Ende März 2018 verlängert werden: Beteiligung an der „Resolute Support Mission“ der NATO in Afghanistan, Beteiligung an der NATO-Mission „Sea Guardian“ im Mittelmeer, Unterstützung der Anti-IS-Koalition „Counter Daesh“ in Nahost sowie Teilnahme an den Missionen UNAMID in der sudanesischen Provinz Darfur und UNMISS im Südsudan der Vereinten Nationen.

Die beiden Bundestagsmandate für die Bundeswehr, die am 31. Januar 2018 auslaufen und nun ebenfalls um weitere drei Monate verlängert werden sollen, sind MINUSMA in Mali und die Ausbildungsunterstützung Irak.

Wehrbeauftragter Bartels geht davon aus, dass die neue Bundesregierung über die 13 aktuellen Auslandseinsätze der Bundeswehr ohnehin neu entscheiden und sie gegebenenfalls reduzieren wird. Er selber schlug vor: „Man kann durchaus diskutieren, ob wir zu einer etwas kleineren Zahl von Einsätzen kommen können, indem wir Schwerpunkte setzen.“ So stelle sich die Frage, ob ein deutscher Beitrag wie in Somalia (European Union Training Mission, EUTM) mit sieben Soldaten wirklich sinnvoll sei.

Derzeit sind 3706 Soldaten der Bundeswehr unmittelbar zu Auslandseinsätzen abkommandiert, unter ihnen 308 Frauen, 228 Reservisten und 51 freiwillig Wehrdienst Leistende.


Unsere Aufnahme vom 11. Juni 2016 zeigt den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, bei der Veranstaltung „Tag der Bundeswehr“ in Schlieben, Brandenburg.
(Foto: Jonas Weber/Bundeswehr)


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