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Berlin. Die Bundesregierung hat am gestrigen Mittwoch (18. Oktober) die Verlängerung von sieben Auslandsmissionen der Bundeswehr beschlossen. Die Bundestagsmandate dafür wären teils Ende dieses Jahres, teils Ende Januar 2018 ausgelaufen. Die Einsätze wurden zunächst nur um drei Monate bis Ende März beziehungsweise Ende April 2018 verlängert. Über die künftige Ausgestaltung wird die nächste Bundesregierung entscheiden. Mit diesem Beschluss soll – vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments – sichergestellt werden, dass die deutschen Soldaten auch in der Zeit der Regierungsbildung ihre Aufgaben weiter wahrnehmen können. Der neue Bundestag, der erstmals am 24. Oktober zusammentritt, soll der Regierungsvorlage zufolge dann im November oder Dezember mit den Stimmen der alten Regierungsparteien CDU/CSU und SPD zustimmen.

Das Kabinett hat die Beteiligung der Bundeswehr an den NATO-geführten Einsätzen in Afghanistan und im Mittelmeer, an der internationalen Allianz gegen die Terrorbewegung „Islamischer Staat“ (IS) sowie an zwei Afrikamissionen der Vereinten Nationen (VN) verlängert. Außerdem wird die Bundeswehr länger an MINUSMA in Mali teilnehmen und auch ihre Ausbildungsunterstützung im Nordirak fortsetzen können.

Die Mandatsverlängerungen gehörten mit zu den letzten Amtshandlungen der amtierenden Bundesregierung, die gestern zu ihre finalen Sitzung vor der Konstituierung des neuen Bundestages zusammengekommen war. Die erste Sitzung des neu gewählten Parlaments soll am 24. Oktober im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes um elf Uhr beginnen.

Zwei NATO-Missionen und Anti-IS-Einsatz „Counter Daesh“

Folgende fünf Bundeswehreinsätze wären zum 31. Dezember 2017 ausgelaufen und sind jetzt zunächst bis Ende März 2018 verlängert worden: Beteiligung an der „Resolute Support Mission“ der NATO in Afghanistan, Beteiligung an der NATO-Mission „Sea Guardian“ im Mittelmeer, Unterstützung der Anti-IS-Koalition „Counter Daesh“ in Nahost sowie Teilnahme an den VN-Missionen UNAMID in der sudanesischen Provinz Darfur und UNMISS im Südsudan.

An der Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission „Resolute Support“ nimmt Deutschland seit dem 1. Januar 2015 teil. Die Mission löste damals zum Jahreswechsel ISAF ab. ISAF – in der Langfassung „International Security Assistance Force“ – war eine Sicherheits- und Wiederaufbaumission hauptsächlich unter NATO-Führung, die vom 22. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2014 dauerte. Mit Stand 16. Oktober (gilt für alle nachfolgenden aktuellen Stärkeangaben) nehmen 954 Bundeswehrangehörige an „Resolute Support“ teil, die Mandatsobergrenze beträgt 980 deutsche Soldaten. Die USA drängen ihre Partner in Afghanistan auf eine Truppenaufstockung.

Die maritime Sicherheitsoperation „Sea Guardian“ ist auf dem Bündnisgipfel in Warschau, der am 8. und 9. Juli 2016 stattfand, ins Leben gerufen worden. Sie ist die Nachfolgemission der „Operation Active Endeavour“ im Mittelmeer. „Sea Guardian“ soll einen Beitrag zur Seeraumüberwachung, zur Bekämpfung des Terrorismus und zum Kapazitätsaufbau im Mittelmeerraum leisten. Die gewonnenen Lagebildinformationen werden auch der EU-Operation „Sophia“ und dem ständigen maritimen NATO-Einsatzverband in der Ägäis zur Verfügung gestellt. Beide haben den Auftrag, Schleusernetzwerke aufzuklären. Die Einsatzobergrenze der Bundeswehr liegt für die Operation momentan bei 650 Soldaten.

Am internationale Auslandseinsatz „Operation Inherent Resolve“ im Kampf gegen den IS – auch als „Counter Daesh“-Einsatz bekannt – beteiligt sich Deutschland seit Dezember 2015. Letztmalig hat der Bundestag das Mandat an dieser Anti-IS-Mission am 10. November 2016 verlängert. An „Counter Daesh“ können weiterhin bis zu 1200 deutsche Soldaten teilnehmen, derzeit sind es 284. Bestandteile der Mission sind Aufklärungsflüge unserer Tornado-Jets und Luftbetankung mit A310 MRTT von der jordanischen Muwaffaq Salti Air Base nahe Al Azraq aus. Vom türkischen Konya aus beteiligt sich die Bundeswehr weiterhin an AWACS-Aufklärungsflügen der NATO.

Unter Flagge der Vereinten Nationen in Afrika

Um drei Monate verlängert wurden auch UNAMID (African Union/United Nations Hybrid Operation in Darfur) und UNMISS (United Nations Mission in the Republic of South Sudan), die beide zum 31. Dezember 2017 ausgelaufen wären.

Bei UNAMID ist der Kernauftrag die Unterstützung des Darfur-Friedensabkommens. Dabei geht es um die Überwachung des Waffenstillstands zwischen Regierung und Rebellen in Sudan. Die Mandatsobergrenze liegt weiterhin bei 50 deutschen Soldaten, momentan sind neun Bundeswehrangehörige zu UNAMID abkommandiert.

Die VN-geführte Mission UNMISS dient zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur Sicherung von Hilfslieferungen im Südsudan. Zum Missionsauftrag gehört außerdem die Beobachtung der Menschenrechtssituation im Land. Darüber hinaus unterstützt UNMISS die Umsetzung eines ausgehandelten Waffenstillstandsabkommens. Die Mandatsobergrenze liegt weiterhin bei 50 Soldaten der Bundeswehr, aktuell sind 16 Deutsche dort im Einsatz.

Deutscher Beitrag zur Stabilisierung der Krisenregion

Die beiden Bundestagsmandate für die Bundeswehr, die am 31. Januar 2018 ausgelaufen wären und nun ebenfalls um weitere drei Monate verlängert wurden, sind MINUSMA und die Ausbildungsunterstützung Irak.

Die VN-Mission MINUSMA (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) soll mithelfen, Mali zu stabilisieren. Für die Bundesregierung hat MINUSMA eine besondere Bedeutung, da damit auch die Fluchtursachen in der Sahelregion bekämpft werden sollen. Die Bundeswehr wirke unmittelbar unterstützend bei den vernetzten europäischen Bemühungen und dem umfassenden internationalen Ansatz zur Stabilisierung der Region mit, so ein Hauptargument für die deutsche Beteiligung. Die Mandatsobergrenze liegt bei 1000 Bundeswehrangehörigen, im Augenblick sind 1034 deutsche Soldaten Teil von MINUSMA.

Vorübergehender Stopp bei der Ausbildungsunterstützung im Nordirak

Im Nordirak bildeten Soldaten der Bundeswehr bislang seit Januar 2015 im Raum Erbil kurdische Peschmerga für den Kampf gegen die Terrormiliz IS aus. Die Bundeswehr wirkt so mit am nachhaltigen Fähigkeitsaufbau der Sicherheitskräfte in der Region Kurdistan-Irak. Die Mandatsobergrenze liegt bei 150 deutschen Soldaten. Seit dem 13. Oktober ist der Einsatz jedoch wegen schwerer innerirakischer Konflikte vorübergehend ausgesetzt. Zwischen der irakischen Armee und den Kurden waren Gefechte ausgebrochen, nachdem die kurdische Seite ihre Unabhängigkeitspläne vorangetrieben hatte. Die irakische Zentralregierung ist gegen eine Abspaltung der autonomen Kurdenregion.

Die Bundeswehr will die Ausbildung der Peschmerga in den kommenden Tagen wieder aufnehmen. Wie Generalinspekteur Volker Wieker nach Spiegel-Informationen den Verteidigungsexperten im Bundestag mitgeteilt hat, habe er nach Gesprächen mit den Kurden und der zentralirakischen Regierung den Eindruck, dass „eine akute Verschlechterung der Bedrohungs- und Sicherheitslage nicht zu erwarten“ sei.

Union bezeichnet Kabinettsentscheidung als „Signal der Verlässlichkeit“

Abschließend noch zwei Stimmen zur vorläufigen Verlängerung der sieben Einsatzmandate. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Henning Otte bezeichnete die Kabinettsentscheidung als „Signal der Verlässlichkeit“ an Deutschlands Partner. „Wir machen damit deutlich, dass Deutschland auch in der Übergangsphase bis zur Bildung einer neuen Regierung klar zu seinen sicherheitspolitischen Verpflichtungen steht“, erklärte Otte.

Die Unionsfraktion gehe davon aus, dass der Bundestag die Mandatierung in den kommenden Wochen „problemlos“ bestätigen werde. Der CDU-Politiker über das weitere Prozedere: „Dadurch, dass die Mandate nur um jeweils drei Monate verlängert werden, machen wir der künftigen Koalition keine Vorgaben. Gleich nach Amtsantritt der neuen Bundesregierung hat sie und haben wir Gelegenheit, die Mandate abermals zu beraten.“

Opposition kritisiert Fortführung der Einsätze und spricht von „blinder Routine“

Die Linke kündigte an, allen Anträgen zur Verlängerung der Bundeswehrmandate im Bundestag widersprechen zu wollen. Keiner der Einsätze trage zur Lösung der Probleme bei, aber viele eskalierten die Situation noch. Es könne nicht sein, dass die Bundeswehr nach mehr als fünfzehn Jahren Krieg immer noch in Afghanistan stationiert sei, beklagte die Fraktion.

Christine Buchholz, Fraktionssprecherin für Verteidigungspolitik, forderte in einer Presseerklärung: „Es darf kein ‚Weiter so‘ geben. Bundeswehreinsätze müssen beendet, nicht unbesehen fortgeführt werden. Die alte Bundesregierung aus Union und SPD führt auf den letzten Metern im Hauruckverfahren sieben Bundeswehreinsätze fort, damit die Jamaika-Koalition ohne Unterbrechung die Militarisierung der deutschen Außenpolitik fortsetzen kann. Was die alten Regierungsparteien Kontinuität nennen, ist vielmehr blinde Routine.“


Unser Symbolbild „Bundeswehr weltweit im Einsatz“ entstand am 12. Januar 2016 in der Familienbetreuungsstelle in Seedorf mit Mutter und Kind.
(Foto: David Hecker/Bundeswehr)


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