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Osnabrück/Berlin. Unsere Streitkräfte haben für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen im Zeitraum 1. Januar 2015 bis Stichtag 30. Juni 2016 insgesamt 428 Millionen Euro aufgewendet. Die Hälfte der Kosten – rund 214 Millionen Euro – entfielen dabei auf die ersten sechs Monate dieses Jahres. Hinzu kommen weitere Ausgaben in Höhe von etwa 7,4 Millionen. Darüber berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung, die beim Verteidigungsministerium angefragt hatte, am 16. September. Detailinformationen zum Thema „Flüchtlingshilfe der Bundeswehr“ liefert auch die am 9. September veröffentlichte Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke.

Momentan sind nach Angaben des Ministeriums noch 900 Soldaten und zivile Mitarbeiter der Bundeswehr der Flüchtlingshilfe zugeteilt. In Spitzenzeiten waren es mit gut 9000 Kräften zehn Mal so viele. Damit ist die Flüchtlingshilfe der bislang längste und – bei einer aktuellen Truppenstärke von knapp 177.000 Mann – personalaufwendigste Einsatz der Truppe im Inneren.

Die Amtshilfe in bislang 855 Fällen bis zum Stichtag 22. August 2016 entlastet vor allem Bundesländer (609 Fälle) sowie Kreis- und Bezirksverwaltungsbehörden (211). Im Augenblick laufen noch fünf Amtshilfemaßnahmen, bei denen 407 Soldaten eingesetzt sind.

Mit Stichtag 17. August 2016 waren davon 354 Bundeswehrangehörige im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) tätig. Sie arbeiteten beziehungsweise arbeiten dort als Bürosachbearbeiter im Asylverfahrenssekretariat, Führungsunterstützer und Anhörer. Ferner unterstützen sie in den Warteräumen sowie in der BAMF-Zentrale in verschiedenen Fachbereichen wie „Personal“ und „Lagezentrum“. Entscheidungen über Asylverfahren treffen die Angehörigen der Bundeswehr allerdings nicht.

Mehr als 46.000 Unterbringungsplätze in Bundeswehrliegenschaften

Wie das Verteidigungsministerium der Fraktion der Linken und später auch der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) weiter mitteilte, stellte die Bundeswehr (mit Stand vom 22. August 2016) den Gebietskörperschaften im Rahmen der Infrastruktur-Mitbenutzung in militärischen Liegenschaften 21.478 Unterbringungsplätze zur Verfügung. Zusätzlich werden aktuell noch auf 23 vorzeitig zurückgegebenen ehemaligen Bundeswehrliegenschaften 16.540 Plätze angeboten, mit den Wartezentren Erding und Feldkirchen sind zusätzliche 8500 vorhanden. Damit werden zurzeit alles in allem 46.518 Unterbringungsplätze durch die Truppe bereitgestellt.

Über die tatsächliche Belegung der bereitgestellten Gebäude und Flächen liegen dem Ministerium „keine Kenntnisse“ vor. Die Koordinierung der Belegung mit Flüchtlingen falle ausschließlich in die Zuständigkeit der mitnutzenden Gebietskörperschaften, erklärte dazu das Verteidigungsministerium.

„Bewältigung der Flüchtlingslage ist eine gesamtstaatliche Aufgabe“

Zu den bisher entstandenen Gesamtkosten für die Unterbringung und Verpflegung von Flüchtlingen im Jahr 2015 und im ersten Halbjahr 2016 in Höhe von 428 Millionen Euro merkt die Bundesregierung an: „Die Bewältigung der Flüchtlingslage ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Die Geltendmachung von Amtshilfekosten würde Länder und Kommunen zusätzlich belasten. Durch den Verzicht auf die Kostenerstattung trägt der Bund zu einer erheblichen finanziellen und administrativen Entlastung der Gebietskörperschaften bei.“

Für die vom Bund bereitgestellten Wartezentren wurden laut Ministerium Ausgaben für den Liegenschaftsbetrieb in Höhe von etwa vier Millionen Euro getätigt. Auf der anderen Seite wurden den zuständigen Stellen der Länder, Landkreise und Kommunen Abschläge in einer Größenordnung von mehr als zwei Millionen Euro für Liegenschaftsbetriebskosten auf der Basis abgeschlossener Mitbenutzungsverträge in Rechnung gestellt.

Die Antwort der Bundesregierung an die Linken enthält auch einige interessante Angaben zum eingesetzten beziehungsweise überlassenen Bundeswehr-Material. So wurden bis jetzt für die Flüchtlingshilfe 2500 Feldkrankenbetten im Gesamtwert von 250.000 Euro zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen 14 mobile Röntgengeräte (860.000 Euro) und zehn Arztzimmer-Ausstattungen einschließlich zweier Behandlungsliegen (30.000 Euro). Den finanziell größten Posten machen 141 Einheitszelte „Typ 2“ inklusive der notwendigen Beleuchtungssätze aus – Kostenpunkt rund 3,4 Millionen Euro.

Die Materialaufstellung verzeichnet weiter 12.309 Betten (ohne Angabe des Gesamtwertes), 4500 Decken (keine Angaben), 80 Omnibusse (keine Angaben) sowie drei Sonderfahrzeuge „mobile Duschkapazitäten“ (900.000 Euro).

Immer noch kein fester Termin für eine Beendigung dieses Bundeswehreinsatzes

Eigentlich sollte die Flüchtlingshilfe in diesem Sommer enden (siehe dazu auch unseren früheren Beitrag). Nach Auskunft des Verteidigungsministeriums gegenüber der NOZ gibt es jedoch keinen festen Termin dafür. Die Unterstützung des BAMF werde dieses Jahr noch weiterlaufen, so eine Sprecherin des Ministeriums. Die Soldaten würden „schrittweise wieder zu ihren originären Aufgaben“ zurückkehren. Der Einsatz der Truppe habe „den Ländern und Kommunen Zeit verschafft, eigene personelle Kapazitäten aufzubauen sowie materielle Ressourcen und Strukturen zu stärken“, zitiert das Blatt die Sprecherin weiter.

Es gibt nicht wenige Stimmen, die vor einer Überbeanspruchung der Bundeswehr warnen. Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte beispielsweise der NOZ, die Truppe übernehme bei der Flüchtlingshilfe eindeutig Aufgaben ziviler Behörden. „Der hohe Bedarf an Unterstützung durch das Militär zeigt, wie sehr die Rotstiftpolitik der vergangenen Jahre die Kapazitäten der zivilen Behörden ausgedünnt hat“, kritisierte die Parlamentarierin.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Wartezentrum Erding, 12. Januar 2016 – Flüchtlinge werden auf die Unterkünfte im Bereich des Fliegerhorstes verteilt.
(Foto: Tom Twardy/Bundeswehr)

2. Das Hintergrundbild unserer Infografik entstand ebenfalls am 12. Januar 2016 und zeigt Flüchtlinge im Wartezentrum Erding bei ihrer Erstregistrierung.
(Foto: Tom Twardy/Bundeswehr, Infografik © mediakompakt 09.16)


Kommentare

  1. Donkieshot | 20. September 2016 um 16:50 Uhr

    Sind da nicht 410 Millionen von 428 Millionen Euro „eh da“-Kosten? Personal- und Infrastrukturkosten müssten doch eh bezahlt werden, ob Flüchtlinge da sind oder nicht.
    Welche Stoßrichtung hat diese „Information“? Gegen die LINKE oder gegen die Flüchtlinge?

    • Redaktion | 17. April 2017 um 01:59 Uhr

      Lieber Leser,
      … weder noch (gegen die LINKE oder gegen die Flüchtlinge). Bei uns steht die tendenzfreie Information im Mittelpunkt unserer Arbeit – ohne An- und Abführung. „Stoßrichtungen“ gibt es bei uns nicht, wir wollen sachlich bleiben!
      Ihr Christian Dewitz

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