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Belek (Türkei)/Brüssel (Belgien). Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz. So war es mit der ISAF-Mission der NATO in Afghanistan, der „Resolute Support“ folgte. Und „Resolute Support“ soll auch noch nicht das Ende des westlichen Militärengagements am Hindukusch sein. Die Außenminister der 28 Mitgliedstaaten des Bündnisses haben jetzt bei ihrem Treffen im türkischen Badeort Belek beschlossen, mit einer neuen Mission längerfristig in Afghanistan zu bleiben. Diese Folgemission soll nach Auskunft von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg von einem zivilen Repräsentanten geführt werden, aber auch militärische Elemente umfassen. Von einer erneuten Verlängerung wäre auch die Bundeswehr betroffen, die im Moment (Stand 11. Mai) mit 808 Soldaten an „Resolute Support“ beteiligt ist.

Die Frühjahrsberatungen der Außenminister – erstes Treffen der Bündnispartner außerhalb von Brüssel seit 2011 – fanden am 13. und 14. Mai im „Susesi Resort Hotel“ in Belek nahe Antalya statt. Gastgeber war der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu.

Im Fokus der Tagung standen neben dem Schwerpunktthema „Afghanistan“ vor allem der Ukrainekonflikt und das Verhältnis der NATO-Mitgliedstaaten zu Russland. Am zweiten Tag ging es im Format des NATO-Rates hauptsächlich um Fragen sicherheitspolitischer Herausforderungen im Süden und Osten der Bündnispartner (speziell um die Lage in Libyen und im Jemen). Eine große Rolle spielten auch die Anpassung des Verteidigungsbündnisses an die veränderte internationale Sicherheitslage insgesamt und die Erwartungen an den NATO-Gipfel 2016 in der polnischen Hauptstadt Warschau.

Ein weiterer zentraler Punkt war die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der Allianz und der Europäischen Union. Zeitweise nahm die Hohe Vertreterin der EU, Federica Mogherini, an den Beratungen in der Türkei teil.

Erbitterte Gefechte zwischen nationalen Sicherheitskräften und Aufständischen

In einer Pressekonferenz äußerte sich NATO-Chef Stoltenberg später dann zu den Afghanistan-Beschlüssen der Außenminister. Zunächst jedoch gab er eine kurze Lageeinschätzung ab: „Afghanistan ist und bleibt auf dieser Welt ein gefährlicher Ort. Seit Jahresbeginn liefern sich afghanische Militär- und Polizeieinheiten mit dem Feind erbitterte Gefechte. Dabei zeichnen sich die Regierungskräfte durch enormen Mut und Entschlossenheit aus und erzielen wichtige Erfolge. Aber die afghanischen Soldaten und Polizisten brauchen auch weiterhin Training, Beratung und Unterstützung – dies leistet unsere Mission ,Resolute Support‘ seit Jahresbeginn für das Land.“

Die Außenminister hätten sich in Belek nun darauf geeinigt, dass die NATO auch nach dem Ende ihres derzeitigen Einsatzes in Afghanistan dort eine Präsenz aufrechterhalten wird. Das Bündnis wolle damit den afghanischen Militär- und Polizeikräften, die dieses Jahr bereits schwere Verluste erlitten hätten und derzeit gegen eine Offensive der radikalislamischen Taliban im Norden des Landes kämpften, den Rücken stärken, erklärte der Generalsekretär.

Der Folgeeinsatz werde unter ziviler Führung stehen und sowohl Soldaten als auch Zivilisten umfassen, kündigte Stoltenberg weiter an. Er solle der Beratung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitsbehörden dienen. Der Einsatz werde voraussichtlich kleiner sein als die aktuelle „Resolute Support Mission“, an der sich momentan mehr als 13.000 Soldaten aus 42 Nationen beteiligen (NATO-Angaben, Stand Mai). Bis zum Herbst will das Bündnis einen Plan für das neue Afghanistanprojekt ausarbeiten.

Langsamerer Abzug der US-Truppen vom Hindukusch

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits am 7. Februar bei der 51. Münchner Sicherheitskonferenz angedeutet, dass der Einsatz der NATO und damit der Bundeswehr am Hindukusch über 2016 hinaus verlängert werden könnte.

Aus ihrer damaligen Rede: „Die Lebensqualität der Afghaninnen und Afghanen hat sich im Vergleich zu 2001 verbessert. Die Wirtschaftslage hat sich über die Jahre ordentlich entwickelt. Eine rege Zivilgesellschaft ist ebenso entstanden wie eine breite Medienlandschaft. Wir haben vor allem unser wichtigstes Ziel erreicht: Von Afghanistan geht heute keine internationale terroristische Bedrohung mehr aus. Dennoch übersehen wir nicht, dass die alltägliche Sicherheitslage für die Menschen in Afghanistan alles andere als befriedigend ist. Auch sind Korruption und Drogenwirtschaft nicht ausreichend eingedämmt. Und ein echter Versöhnungsprozess steht weiter aus. Deshalb müssen wir jetzt alles daransetzen, das Erreichte zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dafür brauchen wir ein vernünftiges Maß an Realismus, fortdauerndes Engagement und strategische Geduld. Das alles ist eher eine Generationenaufgabe als eine Aufgabe weniger Jahre. Der afghanische Sicherheitssektor wird auch über 2016 hinaus substanzielle internationale Unterstützung benötigen und nicht nur finanzielle. Die Rahmenbedingungen hierfür werden wir in den kommenden Monaten gemeinsam mit unseren internationalen Partnern und mit der afghanischen Regierung schaffen.“

Die US-Regierung kam inzwischen übrigens dem Wunsch des afghanischen Staatspräsidenten Ashraf Ghani nach, der um einen verzögerten Abzug amerikanischer Truppen vom Hindukusch gebeten hatte. Angesichts der weiterhin instabilen Sicherheitslage in Afghanistan werden die USA ihre Truppen bis Ende dieses Jahres bei rund 9800 Soldaten belassen, so Präsident Barack Obama am 24. März bei einem Staatsbesuch Ghanis in Washington (wir berichteten). Eigentlich sollte die Zahl der amerikanischen Soldaten in Afghanistan noch im Laufe dieses Jahres auf 5500 sinken.

An dem Treffen der NATO-Außenminister in der Türkei nahm auch der Befehlshaber der Mission „Resolute Support“, US-General John F. Campbell, teil.


Zu unserer Bildauswahl:
1. Frühjahrstreffen der NATO-Außenminister am 13. und 14. Mai 2015 in Belek bei Antalya, Türkei – Blick in den großen Tagungssaal.

2. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der afghanische Außenminister Salahuddin Rabbani zu Beginn ihrer bilateralen Gespräche.

3. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein belgischer Amtskollege Didier Reynders in einer Sitzungspause.
(Fotos: NATO)

Kleines Beitragsbild: Eingangsbereich des Hauptquartiers der „Resolute Support Mission“ in Kabul, Afghanistan. Angetreten sind Soldaten der Sicherungskräfte.
(Foto: RSM)


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