Capellen (Luxembourg)/Schrobenhausen. Der Logistikdienstleister der NATO, die NATO Support and Procurement Agency (NSPA), hat die Firma COMLOG mit der Beschaffung von bis zu 1000 Patriot-Flugkörper GEM-T (GEM = Guidance Enhanced Missile) beauftragt. Die im oberbayerischen Schrobenhausen beheimatete COMLOG Gesellschaft für Logistik mbH ist ein Joint Venture der Unternehmen Raytheon/RTX Business und MBDA Missile Systems. Die Beauftragung durch NSPA an COMLOG erfolgte im Auftrag Deutschlands, der Niederlande, Rumäniens und Spaniens im Rahmen von ESSI, der „European Sky Shield“-Initiative. Der Vertrag hat einen Gesamtwert von umgerechnet 5,1 Milliarden Euro. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Finanzmittel für die Bundeswehr in seiner letzten Jahressitzung am 13. Dezember freigegeben.
Der zwischen NSPA und COMLOG geschlossene „Direct Commercial Sales“-Vertrag (DSC-Vertrag) sieht unter anderem vor, Komponenten zu qualifizieren, neue Zulieferer aufzunehmen sowie Testgeräte und Ersatzteile für den künftigen Fähigkeitserhalt zu beschaffen. Um die Produktion und die Auslieferung zu realisieren, will COMLOG nach Auskunft von MBDA „die Produktionskapazitäten für GEM-T-Flugkörper in Europa ausbauen“.
Der Flugkörper GEM-T, der als Patriot Advanced Capability 2 (PAC-2) für die Abwehr taktischer ballistischer Raketen weiterentwickelt wurde, ist ein Kernbestandteil für das einsatzbewährte Luftverteidigungssystem Patriot. Patriot wird von acht europäischen Staaten sowie der Ukraine zur Abwehr von gegnerischen Marschflugkörpern, ballistischen Raketen sowie feindlichen Drohnen und Flugzeugen eingesetzt.
Durch den NSBA/COMLOG-Vertrag erzielen die Patriot-Nutzerstaaten erhebliche Vorteile. Die gemeinsame Beschaffung im Sinne der Initiative „European Sky Shield“ bietet Größenvorteile und ermöglicht den Ausbau von Produktionskapazitäten, um der steigenden Nachfrage nach neuen Patriot-Flugkörpern GEM-T gerecht zu werden.
Die neuen Produktionskapazitäten für Patriot GEM-T in Europa sollen die Versorgungssicherheit erhöhen und dazu beitragen, die Bestände an Patriot-Flugkörpern aufzufüllen. Schlussendlich soll der Vertrag auch grundsätzlich die Zusammenarbeit zwischen den NATO-Partnern im Sinne des European Sky Shield stärken.
Stacy A. Cummings, General-Managerin der NSPA, sagte zu dem Beschaffungsvorhaben: „Der Vertrag zeigt, dass die NSPA die Staatenallianz befähigen kann, beteiligten Nationen wirksame und kosteneffiziente multinationale Lösungen zu liefern und gleichzeitig europäische Industriekapazitäten zu stärken.“ Durch die enge euro-atlantische Zusammenarbeit zwischen Bündnispartnern und Industrie habe die Agentur die Anforderungen bei der Vergabe dieses komplexen Auftrags „konsolidieren“ können. „Die Kundennationen profitieren von Größenvorteilen, reduzieren ihren logistischen Aufwand und erhalten adäquate Lösungen in einem bewährten rechtlichen Rahmen“, so die US-Expertin, die das NSPA-Amt seit September 2021 innehat.
Thomas Gottschild, Geschäftsführer MBDA Deutschland, äußerte sich wie folgt: „Der Auftrag stärkt industrielle und militärische Fähigkeiten in Europa. Das Auftragsvolumen ermöglicht MBDA den Aufbau einer Produktionslinie für Patriot-Flugkörper in Deutschland sowie die Fertigung wichtiger Subkomponenten. Die COMLOG-Kooperation für Patriot-Flugkörper ist derzeit die einzige ihrer Art außerhalb der USA. Insgesamt unterstützt der Auftrag die europäischen Patriot-Nutzerstaaten, schafft Arbeitsplätze in Deutschland und stärkt die Lieferkette für Munition.“
Thomas Laliberty, Präsident des Unternehmens Raytheon Land & Air Defense Systems, erklärte: „Raytheon und MBDA haben sich mit der NSPA, der US-Armee und einem breiten Netzwerk von Zulieferern in der Region zusammengetan. Wir bieten unseren europäischen Partnern ein GEM-T-Programm an, das den Bestand der NATO-Luftverteidigungsflugkörper erhöht, die Abschreckung durch die NATO stärkt und die Einsatzbereitschaft der Patriot-Luftverteidigungssysteme in Europa sicherstellt.“ Die gebündelte Beschaffung verbessere die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Patriot-Nutzern entscheidend, führt Laliberty weiter aus.
Besuchen Sie uns auf https://twitter.com/bw_journal
Die Aufnahme zeigt den Abschuss eines Patriot-Flugkörpers PAC-2 GEM-T. Medienberichten zufolge beträgt der deutsche Anteil an dem NSPA/COMLOG-Vertrag 500 Raketen im Wert von etwa drei Milliarden Euro. 100 Einheiten sind als Nachbeschaffung für die an die Ukraine gelieferten Patriot-Flugkörper bereits für 602,1 Millionen Euro fest bestellt worden.
(Bild: Raytheon RTX)
Kleines Beitragsbild: Taktisches Schießen auf der griechischen Insel Kreta – die Aufnahme vom 5. Oktober 2016 entstand beim Patriot-Schießen des Flugabwehrraketengeschwaders 1 „Schleswig-Holstein“ auf der „NATO Missile Firing Installation“, kurz NAMFI. An dem Taktischen Schießen nahmen auch die Niederländer teil.
(Foto: Nurgün Ekmekcibasi/Bundeswehr)