Berlin/Bonn. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestag, der CDU-Abgeordnete Helge Braun, fordert mehr Geld für die Verteidigung und eine klare Priorisierung der Ausgaben für die Bundeswehr. Zusätzlich zu den beschlossenen 100 Milliarden Sondervermögen sei dauerhaft mehr Geld für Neuanschaffungen, Personal und Ausbildung nötig, sagte er jetzt in einem Interview mit dem Ereignis- und Dokumentationskanal phoenix. Um dauerhaft eine gute und leistungsfähige Bundeswehr zu haben, müsse dieses zusätzliche Geld langfristig aus dem normalen Bundeshaushalt kommen, so Braun, der den Haushaltsausschuss seit Dezember 2021 leitet.
Im Gespräch mit phoenix sagte der Unionspolitiker: „Olaf Scholz hat da etwas Starkes versprochen, nämlich dass wir jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Das ist auch absolut nötig.“
Braun empfiehlt, den Verteidigungshaushalt „möglichst schnell“ von 50 Milliarden auf 70 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Der Haushaltsausschuss sei aufgeschlossen für Regeländerungen, die es ermöglichen, das Geld schneller zur Verfügung zu stellen, so der Christdemokrat, der von März 2018 bis Dezember 2021 im Kabinett Angela Merkel Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes war.
Der Finanzminister müsse für eine Erhöhung zunächst mögliche Spielräume im Budget benennen, die für die Bundeswehr eingesetzt werden können, erklärte Braun. Er forderte in diesem Zusammenhang: „Die Regierung muss sich einig sein, dass jetzt eine Priorität für Verteidigung existiert und dass nicht jeder einfach behält, was er schon immer an Geld hatte und dass jetzt viele teure Projekte aus dem Koalitionsvertrag nicht umgesetzt werden können.“
Um die Sozialsysteme müsse sich die Ampelkoalition kümmern, aber nicht mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt sagte der CDU-Politiker weiter: „Die Ampel muss in allen Bereichen der Sozialversicherung ein tragfähiges Konzept vorlegen, wie sie sich die Zukunft vorstellt.“
Braun appellierte auch an die Koalition, sich zu einigen und an einem Strang zu ziehen. Die öffentlich gewordenen Differenzen zwischen Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner seien „sehr misslich“, meinte er.
Der Bundestagsabgeordnete der Union über den Zwist Habeck/Lindner wörtlich: „Wir sind in einer wirklich schwierigen Lage durch den Krieg in der Ukraine, die wirtschaftliche Entwicklung, die Inflation und die steigenden Energiepreise. Da erwartet man von einer Regierung, dass sie geschlossen den Menschen sagt, wie wir aus dieser Krise herauskommen und wo das Licht am Ende des Tunnels ist. Wenn der Wirtschafts- und Finanzminister sich dann solche Briefe schreiben, dann kann einem das schon richtig Sorgen machen.“
Eine Mehrheit der Bundesbürger ist dafür, zusätzliches Geld für die Bundeswehr auszugeben. Dies ergab eine Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen für das „Politbarometer“ des ZDF („ZDF-Politbarometer“ März I 2023, veröffentlicht am 3. März).
Die Fragesteller erinnerten beim Thema „Verteidigungsbudget“ zunächst noch einmal an die finanzpolitischen Zusagen aus dem Jahr 2022 und an aktuellen Forderungen. So heißt es jetzt im ZDF-Text: „Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor gut einem Jahr hat der Bundestag ein 100-Milliarden-Euro-Paket für die Modernisierung der Bundeswehr beschlossen. Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert nun weitere finanzielle Mittel, um das in der NATO vereinbarte Ziel von zwei Prozent des Bundesinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben zu erreichen.“
Dazu das Umfrageergebnis: „62 Prozent der Befragten sind dafür, dass die Bundeswehr hierfür zusätzliche Mittel erhält, auch wenn dies mit Einsparungen in anderen Bereichen oder mit der Aufnahme von Schulden verbunden ist. Dieser Einschätzung schließen sich Mehrheiten in allen Parteianhängergruppen an, lediglich von den Anhängern der Linken sind die meisten (73 Prozent) gegen mehr Geld für die Bundeswehr. Insgesamt lehnt knapp ein Drittel (32 Prozent) zusätzliche Ausgaben für die Verteidigung ab (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils ,weiß nicht‘).“
Zur Frage der deutschen Unterstützung für die Ukraine und dabei einer engen Zusammenarbeit Deutschlands mit den USA ermittelte die Forschungsgruppe für das „ZDF-Politbarometer“ folgendes Ergebnis: „66 Prozent der Befragten finden es gut, dass Deutschland [zur Unterstützung der Ukraine] eng mit den USA zusammenarbeitet. 28 Prozent bewerten das kritisch – darunter deutlich häufiger Befragte im Osten (46 Prozent) als im Westen (23 Prozent).“ Und: „Nach einem Jahr Krieg gehen die Meinungen über die Position, die die westlichen Staaten gegenüber der Ukraine einnehmen sollen, auseinander: 41 Prozent sind der Ansicht, der Westen sollte die Ukraine dazu drängen, Gebietsverluste in Kauf zu nehmen, wenn dadurch der Krieg beendet werden könnte. Genauso viele (41 Prozent) sind dafür, die Ukraine darin zu unterstützen, alle von Russland besetzten Gebiete einschließlich der Halbinsel Krim zurückzuerobern.“
Schließlich noch die Position der Befragten zum Thema „ Waffenlieferungen“ – dazu heißt es im „ZDF-Politbarometer“: „Strittig werden auch die möglichen Folgen der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine eingeschätzt. So steigt für 49 Prozent der Befragten dadurch die Gefahr eines russischen Angriffs auf westliche Staaten, 45 Prozent befürchten das nicht. Besonders hoch bewerten die Anhänger und Anhängerinnen der AfD (73 Prozent) ein solches Risiko, aber auch die der Linke (69 Prozent) und der FDP (68 Prozent).“
Über das Angebot Chinas, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln, gibt es ein eindeutiges Meinungsbild: „Eine große Mehrheit (86 Prozent) glaubt nicht, dass das Land ein neutraler Vermittler in diesem Konflikt wäre. Nur 11 Prozent bringen China in dieser Hinsicht Vertrauen entgegen.“
Die Interviews für das „ZDF-Politbarometer“ wurden in der Zeit vom 28. Februar bis 2. März 2023 bei 1165 zufällig ausgewählten wahlberechtigten Personen telefonisch (Festnetz und Mobilfunk) erhoben. Die Befragung gilt als repräsentativ.
Die Aufnahme aus dem Bundestag zeigt den CDU-Abgeordneten Helge Braun am 11. Juni 2015. Er sprach an diesem Tag im Plenarsaal zum Thema „Bürokratieentlastungsgesetz“.
(Foto: Achim Melde/Deutscher Bundestag)
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