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Berlin. Am heutigen Freitag (17. November) hat der Deutschen Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung der Entfernung von verfassungsfeindlichen Soldaten (und ja: auch Soldatinnen) aus der Bundeswehr zugestimmt. Zuvor hatte der Verteidigungsausschuss noch eine Reihe von Änderungen vorgenommen. Für das Gesetz votierten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Union und AfD stimmten dagegen. Die zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Fraktion der Linken enthielt sich.

Verfassungsfeindlich eingestellte Zeit- und Berufssoldaten in den deutschen Streitkräften sollen in Zukunft einfacher und schneller aus ihrem Dienstverhältnis entlassen werden können.

Vorgesehen ist, dass diejenigen, die bereits mehr als vier Jahre in den Streitkräften dienen, durch einen Verwaltungsakt aus dem Dienst entlassen werden können, wenn sie in „schwerwiegender Weise Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 Grundgesetz), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Absatz 1 Grundgesetz), gerichtet sind“.

Bisherige Disziplinarverfahren dauerten durchschnittlich bis zu vier Jahre

Nach derzeitiger Rechtslage können Zeit- und Berufssoldaten nach vier Jahren Dienst erst nach dem rechtskräftigen Abschluss eines entsprechenden Disziplinarverfahrens aus der Truppe entlassen werden.

In der Praxis dauern solche Disziplinarverfahren nach Angaben der Bundesregierung jedoch durchschnittlich bis zu vier Jahre. Dies sei nicht hinzunehmen, zumal die Soldaten während des gesamten Disziplinarverfahrens weiterhin einen beträchtlichen Teil ihrer Bezüge erhalten, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Bessere personelle Ausstattung der Truppendienstgerichte

In einer öffentlichen Anhörung am Montag dieser Woche (13. November) hatten sich unter anderem Gewerkschaften sowie Interessenvertretungen von Bundeswehrangehörigen zu dem Gesetzesvorhaben geäußert und ihre Bedenken vorgebracht.

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbandes (DBwV), Oberst André Wüstner, plädierte bei dieser Anhörung für eine bessere personelle Ausstattung der Truppendienstgerichte. Dies sei sicherlich der beste Weg, um verfassungsfeindliche Soldaten schneller aus der Bundeswehr zu entfernen, so sein Argument. Die derzeitigen Disziplinarverfahren dauerten mit teilweise mehreren Jahren deutlich zu lange. Wüstner bezeichnete das geplante Gesetz schließlich als eine Art „Not-Aus“ für Verfassungsfeinde. Im Gegensatz zum Verband der Soldaten der Bundeswehr (VSB) unterstützt der DBwV das Regierungsvorhaben ausdrücklich.

Der Bundesvorsitzende des VSB, Hauptmann Andreas Füllmeier, argumentierte am Montag, dass die derzeitige Rechtslage ausreichend sei, um verfassungsfeindliche Soldaten aus der Truppe zu entlassen. Die Bundeswehr sei „nicht von Extremisten“ durchsetzt, meinte Füllmeier. Dies zeigten bereits die aktuellen Zahlen. Der Gesetzentwurf aber setze die Unschuldsvermutung außer Kraft, stelle die Soldaten unter eine Art Generalverdacht und schade somit dem wechselseitigen Dienst- und Treuegebot zwischen dem Dienstherrn und den Soldaten. Zudem eröffne das Gesetz die Möglichkeit einer missbräuchlichen Anwendung, um unliebsame Soldaten aus dem Dienst zu entfernen. Um verfassungsfeindliche Soldaten schneller aus der Truppe entfernen zu können, wäre es sinnvoller, die vorhanden und zuständigen Truppendienstgerichte personell aufzustocken, riet der VSB-Vorsitzende.

Keine Regelungen für eine Rehabilitierung beziehungsweise Entschädigung

Äußerst kritisch beurteilte Christian Hoffmeister von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di das Gesetz. Die Entfernung eines Soldaten durch den bloßen Verwaltungsakt eines Dienstvorgesetzten bei begrenzten Rechtsschutzmöglichkeiten für den Betroffenen könne dazu führen, dass ein faires Verfahren nicht mehr gegeben sei. Der Verweis auf den nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz reiche nicht aus, da dies zu einer Verlagerung des Prozessrisikos auf den Soldaten führe und ihn bis zum Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage mit wirtschaftlichen und sozialen Unsicherheiten belaste.

In diesem Sinnen argumentierte auch Thomas Kleinschnittger von Verband „Allianz vernetzte Beamtinnen und Beamte beim Bund“ (AVB). Kleinschnittger monierte außerdem, dass das Gesetz keine Regelungen für eine Rehabilitierung beziehungsweise Entschädigung enthalte für den Fall, dass sich nachträglich herausstellen sollte, dass der aus dem Dienst entfernte Soldat unschuldig sei. Darüber hinaus mahnte der AVB-Vertreter an, die Regelungen für Beamte, Angestellte und Soldaten bezüglich einer Entlassung aus dem Dienst im Fall einer verfassungsfeindlichen Betätigung zu harmonisieren. „Verfassungsfeind bleibt Verfassungsfeind“, betonte er. Dies sei unabhängig vom jeweiligen Status.


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Unsere Symbolaufnahme entstand am 15. Oktober 2021 im Plenarsaal kurz vor der konstituierenden Sitzung des 20. Deutschen Bundestages (diese fand am 26. Oktober 2021 statt).
(Foto: Felix Zahn, photothek/Deutscher Bundestag)


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