menu +

Nachrichten



Halle/Berlin/Möckern-Dörnitz-Altengrabow. Verdächtige Drohnenflüge über verschiedenen Standorten der Bundeswehr legen den Verdacht der Militärspionage nahe: Jetzt untersuchen Sicherheitsbehörden auch ungeklärte Zwischenfälle in Sachsen-Anhalt am Truppenübungsplatz Altengrabow (Jerichower Land). Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (MZ) in ihrer Freitagsausgabe (16. Juni). „In Altengrabow wurden in diesem Jahr eine mittlere einstellige Zahl an Vorfällen gemeldet“, bestätigte ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr der MZ. Ein Großteil der Drohnensichtungen sei nachts erfolgt.

Nach Informationen des Blattes wurden die verdächtigen Flugobjekte in den vergangenen Wochen gemeldet. Sie stiegen teilweise in der Dunkelheit zwischen 22 Uhr und Mitternacht auf.

Aus Gründen der militärischen Sicherheit könne man keine weiteren Details zu Ermittlungen offengelegen, erklärte das Territoriale Führungskommando auf Anfrage weiter. „Die Bundeswehr arbeitet eng mit Sicherheitsbehörden wie der jeweiligen Landespolizei, der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt zusammen.“ Nach MZ-Recherchen ist mittlerweile auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) benachrichtigt worden. Der Sprecher des Kommandos wies ausdrücklich darauf hin, dass Drohnenflüge über Bundeswehrgelände grundsätzlich verboten seien.

Maßnahmenkatalog der Truppe für alle Standorte in Deutschland

Auch an anderen Bundeswehrstandorten gab es in den vergangenen Monaten Sichtungen von auffälligen Drohnen. Laut Territorialem Führungskommando habe es im laufenden Jahr „eine hohe zweistellige Zahl an Drohnenmeldungen über Bundeswehrgelände“ gegeben. „Die Bundeswehr hat deshalb einen Maßnahmenkatalog für alle Standorte in Deutschland erarbeitet.“

Dieser Katalog sieht unter anderem den Einsatz von Drohnenabwehrmitteln wie dem Effektor HP 47+ vor. Der Sprecher erklärte dazu: „Dieses ,Drohnenabwehrgewehr‘ unterbricht unter anderem die Verbindung zwischen Drohne und GPS mittels gezielter Störung.“ (Anm.: GPS = Global Positioning System/globales Navigationssatellitensystem zur Positionsbestimmung.) Handelsübliche Drohnen würden dann entweder zum Piloten zurückkehren oder landen. „Allerdings lassen sich nicht alle Drohnen mit HP 47 bekämpfen“, schränkte der Sprecher ein.

Redaktioneller NACHBRENNER

Einige Zahlen zum Thema „Drohnenmeldungen über Bundeswehrgelände“ verdanken wir jetzt einer Schriftlichen Frage des AfD-Bundestagsabgeordneten Rainer Kraft. Der Parlamentarier (Wahlkreis Augsburg-Land) wollte vor Kurzem von der Bundesregierung wissen, wie viele ungenehmigte Drohnenüberflüge von Kasernen es seit 2020 gegeben habe und „wie viele Täter“ gefasst werden konnten.

Ihm antwortete die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung Siemtje Möller. Sie schrieb mit Datum 22. September 2023: „Seit 2020 wurden 206 ungenehmigte Überflüge von Drohnen über Kasernen der Bundeswehr gemeldet (Stand: 15. September 2023). In acht Fällen konnten insgesamt zehn bedienende Personen ausfindig gemacht werden.“


Hintergrund                           

Wie der Störsender HP 47+ arbeitet, hat der Fachjournalist André Forkert vor Kurzem in seinem Beitrag „Der Effektor im Einsatz“ für den Onlineauftritt der Bundeswehr beschrieben. Der HP 47+ könne auf drei Arten stören, schreibt der Autor und erläutert dies näher …

Erstens: Er unterdrückt das Global Navigation Satellite System Signal (GNSS), wodurch die Drohne nicht mehr über GPS gesteuert werden kann. Bei dieser Störvariante überträgt die Drohne zwar weiterhin Daten sowie Bilder und der Pilot kann sie nach wie vor steuern. Allerdings kann das fliegende Objekt keine programmierten Routen mit GNSS/GPS-Unterstützung und außerhalb der Sichtlinie verfolgen.

Bei der zweiten Störvariante wird die Verbindung der Fernsteuerung (RC = Remote Control) unterbrochen. Dabei wird das Signal zwischen Drohne und Bediener gestört. Steuerung sowie Bild- und Datenübertragung sind dann nicht mehr möglich. Je nach Programmierung der Drohne werden nach der Trennung der Fernsteuerungsverbindung automatische Notfallprogramme aktiviert. Entweder kehrt die Drohne zum Startpunkt zurück oder sie leitet eine automatisierte Notfalllandung vor Ort ein. Bei einigen – vor allem älteren Modellen – kann dieser Störeinsatz auch zum Absturz des Fluggeräts führen.

Die dritte Einsatzmöglichkeit zur Störung ist das Senden der GNSS- und RC-Störsignale. In diesem Fall wird die Drohne umgehend eine Notlandung einleiten, da sie den Weg zu ihrem Startpunkt nicht mehr findet. Bei Tests auf freier Fläche während des Auslandseinsatzes in Litauen war der Störsender HP 47+ noch auf mehrere Kilometer erfolgreich. Dank der trichterförmigen Strahlausrichtung konnten auch Drohnen bekämpft werden, die mit dem bloßen Auge aus der Entfernung noch gar nicht zu sehen waren.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Der schultergestützte Störsender HP 47+ der Bundeswehr hat eine Länge von 113 Zentimetern und ein Gewicht von 8,5 Kilogramm. Der Effektor besteht aus einem Rahmengestell mit verschiedenen Anbauteilen, der Sendeeinheit, mehreren Akkus sowie einem Visier mit einfacher Vergrößerung. LED-Lampen in unterschiedlichen Farben zeigen an, welche Störvariante für den unmittelbaren Einsatz aktiviert ist. Dies ermöglicht auch einen Einsatz bei Dunkelheit.
(Foto: Bundeswehr)

2. Der Störsender HP 47+ wurde auch ausgiebig im Rahmen des Irakeinsatzes der Bundeswehr („Capacity Building Iraq“) getestet. Der Effektor kann sowohl als Camp- als auch zum Konvoi-Schutz gegen Drohnen im niedrigen Luftraum eingesetzt werden.
(Foto: Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Symbolfoto „Drohne im Überflug“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: NoName_13/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN