Koblenz/Bremen. Die Deutsche Marine wird voraussichtlich im Jahr 2029 von der NVL Group das erste von insgesamt drei neuen Flottendienstbooten erhalten. Die 132 Meter langen Boote dienen nach der Indienststellung der verbesserten elektronischen Aufklärung und Informationsbeschaffung und werden nach und nach die dann bereits seit mehr als 40 Jahren in der Nutzung befindlichen „Alster“, „Oker“ und „Oste“ – Flottendienstboote der Klasse 423 – ablösen. Für den Neubau waren zunächst rund 2,1 Milliarden Euro veranschlagt worden, mittlerweile ist von einem Finanzvolumen für dieses Beschaffungsprojekt in Höhe von 3,2 Milliarden Euro die Rede.
Kurz nach der Zustimmung durch den Haushaltsausschuss des Bundestages kam es jetzt am vergangenen Samstag (8. Juli) am NVL-Standort Bremen-Vegesack zum Abschluss der Geschäftsverträge. Für das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) unterzeichnete Präsidentin Annette Lehnigk-Emden, für den Auftragnehmer NVL Group deren Vorstandsvorsitzender Tim Wagner.
Nach Abschluss der gemeinsamen Entwurfsphase stellt die Vertragsunterzeichnung zugleich den Startschuss für die demnächst beginnende Konstruktions- und Bauphase bis hin zur Abnahme der Boote der Klasse 424 dar. Die vertraglichen Vereinbarungen umfassen auch die Lieferung einer Ausbildungs- und Referenzanlage Aufklärung (ARAA) durch NVL.
In einer Pressemitteilung des Koblenzer Beschaffungsamtes heißt es unter anderem: „Die drei baugleichen Boote stellen einen unverzichtbaren Baustein der nationalen Sicherheitsvorsorge dar. Als Neubauprojekt werden diese hochspezialisierten Einheiten die großen Anforderungen im gesamten Aufklärungsspektrum für den weltweiten Einsatz zukunftssicher erfüllen können und den bruchfreien Fähigkeitserhalt zur seegestützten signalerfassenden Aufklärung für die Deutsche Marine gewährleisten.“
Die Konstruktion und der Bau der drei neuen Flottendienstboote basieren nach Auskunft des BAAINBw auf zivilen Schiffbaustandards und sollen ausschließlich in Deutschland erfolgen. Der Vertrag mit NVL umfasse die Umsetzung der vollständigen Bauspezifikation der Boote. Diese sei im Rahmen der Entwurfsphase kooperativ zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer erstellt worden, so das Amt.
CEO Wagner äußerte sich nach der Vertragsunterzeichnung: „Technologisch ist es ein sehr spannendes und zukunftweisendes Projekt und daher freuen wir uns sehr, nun in die Realisierungsphase einsteigen zu können. Dieser Auftrag wird von uns als Generalunternehmer mit Unterstützung von diversen Partnern und Unterlieferanten aus der maritimen Branche und der Systemtechnik umgesetzt, um die Bundesrepublik Deutschland mit den nun beauftragten militärischen Fähigkeiten auszustatten.“
NVL steht für Naval Vessels Lürssen. Die NVL Group – ehemals bekannt unter dem Namen „Lürssen Defence“ – ist eine privat geführte, unabhängige Werftengruppe mit vier norddeutschen und zusätzlichen internationalen Standorten (in Australien und in Bulgarien). Der Hauptsitz befindet sich in Bremen-Vegesack.
Das Unternehmen erklärt in seiner Online-Präsentation: „Seit unseren Anfängen Ende der 1870er-Jahre haben wir auf unseren Werften mehr als 1000 Marineschiffe und Küstenwachboote fertiggestellt und Schiffe für die Deutsche Marine und maritime Streitkräfte in über 50 Ländern gebaut und repariert.“
Bei der Peene-Werft in Wolgast und bei Blohm+Voss in Hamburg steht der Neubau von Marineschiffen und Küstenwachbooten im Fokus. Die Neue Jadewerft in Wilhelmshaven und die Norderwerft in Hamburg kümmern sich vor allem um Reparaturen, Überholungen und Modernisierungen von Marineschiffen und zivilen Schiffen. Die Norderwerft ist auch verantwortlich für alle Aufträge im Bereich „Handelsschiffe“.
Zu unserem Bildmaterial:
1. So könnten die drei neuen Flottendienstboote der Deutschen Marine einmal aussehen – Darstellung aus der Entwurfsphase, an der Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam beteiligt waren.
(Bild: NVL Group)
2. Vertragsunterzeichnung am 8. Juli 2023 – Annette Lehnigk-Emden (Präsidentin des BAAINBw) und Tim Wagner (Vorstandsvorsitzender der NVL Group).
(Foto: NVL Group)
3. Die drei neuen Boote der Klasse 424 sollen die alten Boote der „Oste“-Klasse ablösen. Unser Bild zeigt das Flottendienstboote „Oker“ (Namensgeber ist die Oker in Niedersachsen, linker Nebenfluss der Aller) am 21. September 2020 im Marinestützpunkt Wilhelmshaven. Die drei zu ersetzenden Flottendienstboote – A52 „Oste“ (Indienststellung 30. Juni 1988), A53 „Oker“ (Indienststellung 10. November 1988) und A50 „Alster“ (Indienststellung 30. Juni 1989) – sind das hochsensible Auge und Ohr nicht nur der Marine, sondern der ganzen Bundeswehr. Als Aufklärungsschiffe sind sie auf das Überwachen weiter See- und Küstengebiete spezialisiert. Dazu dienen ihnen besonders wirkungsvolle elektronische, hydroakustische und elektro-optische Sensoren. Um weiteres Spezialgerät an Bord nehmen zu können, ist an Oberdeck Platz für zwei 20-Fuß-Container. Die drei Boote gehören zum 1. Ubootgeschwader in Eckernförde.
(Foto: Ein Dahmer/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
Die Bundeswehr ist sicherlich nicht mit einem Industrieunternehmen zu vergleichen. Trotzdem könnten Vorgehensweisen aus zivilen Unternehmen, die bei Investitionen und Instandhaltung üblich sind, nachgeahmt werden. Es würden viele Steuergelder gespart werden. Also bin ich mal wieder der Meinung, dass das BAAINBw von Grund auf erneuert werden muss.