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Ulm/Berlin. Rund fünf Jahre ist es her, seit der Sensor-Lösungsanbieter Hensoldt erstmals sein Passiv-Radar mit der Bezeichnung „TwInvis“ der Öffentlichkeit vorstellte (der neue Produktname ist abgeleitet von „twin + invisible“). Weder „TwInvis“ selbst noch die von dem System detektierten Ziele senden Signale aus. Das „unsichtbare“ Passiv-Radar wertet allerdings zur Überwachung des Luftverkehrs „passiv“ die Signalechos von Rundfunk- und Fernsehsendern aus. Die Hensoldt-Premiere von „TwInvis“ im Live-Betrieb fand statt bei der Internationalen Luftfahrtausstellung ILA 2018 in Berlin. Jetzt stellte das Unternehmen das Passiv-Radar „TwInvis“ auch als verlegbare Variante vor. Das mobile System ermögliche somit verdeckte Operationen auf weite Entfernungen, erklärte Hensoldt in der am gestrigen Freitag (4. August) veröffentlichten Pressemitteilung.

Thomas Müller, Vorstandsvorsitzender der Hensoldt AG, hatte sich 2018 anlässlich der ILA-Premiere von „TwInvis“ wie folgt geäußert: „Mit unseren neu entwickelten, hochempfindlichen Digitalempfängern ist möglich geworden, was bis vor ein paar Jahren undenkbar war: Mit einem einzigen ,TwInvis‘ können wir bis zu 200 Flugzeuge in einem Umkreis von 250 Kilometern in 3D überwachen. Damit ergeben sich für Anwendungen wie die Luftverteidigung, den Schutz von Großveranstaltungen oder auch die Flugsicherung völlig neue Möglichkeiten.“

Passives Radar kann vom Gegner nicht geortet und kaum gestört werden

Ein Passiv-Radar fungiert als reiner Empfänger und ortet Flugzeuge mittels Auswertung der am Ziel reflektierten Signale von bereits vorhandenen Fremd-Sendern. Dazu Hensoldt in einer Produktbeschreibung: „Das System ,TwInvis‘ zeichnet sich durch ein sehr genaues Luftlagebild aus, das aus der gleichzeitigen Auswertung einer Vielzahl von Frequenzbereichen entsteht. So werden erstmals bis zu 16 FM-Sender (analoges Radio), zusätzlich 5 Frequenzen mit wiederum mehreren beitragenden Sendern von DAB und DAB+ (digitales Radio) sowie DVB-T und DVB-T2 (digitales terrestrisches Fernsehen) gleichzeitig ausgewertet.“ Aufgrund einer neue Software-Generation werde mittlerweile „eine vorher unerreichte Leistung in Bezug auf Detektionsreichweite und Genauigkeit der Ortung“ möglich, so der Hersteller.

Im zivilen Einsatz ermöglicht das Passiv-Radar die Kontrolle des Flugverkehrs ohne zusätzliche Emissionen und ohne Inanspruchnahme der ohnehin knappen Sendefrequenzen.

Im militärischen Einsatz kann das System weite Bereiche unter Verwendung vernetzter Empfänger verdeckt überwachen. Dabei kann das „passive Radar“ vom Gegner nicht geortet werden, eine Störung ist nur sehr schwer möglich. Außerdem muss wegen der fehlenden Strahlung keine Abstimmung mit anderen Behörden erfolgen; dies erlaubt eine schnelle Einsatzfähigkeit an neuen Standorten und die Verwendung in urbanem Gebiet.

Verdeckten Operation mit „TwInvis“ bis hin zu Stealth-Bedrohungen

Wie Hensoldt nun in seinem Pressetext vom 4. August schreibt, ist am Firmenstandort Ulm eine neue „TwInvis“-Version entwickelt worden, die für den militärischen Einsatz jetzt in einer voll-integrierten Shelter-Variante als „TwInvis Military Sheltered“ auf den Markt kommen wird. Eine in Ulm eigens etablierte Fertigungslinie soll laut Hensoldt „den zeitnahen Abruf von Systemen ermöglichen, um den Bedarf bestehender und interessierter Kunden kurzfristig zu decken“.

Markus Rothmaier, Leiter des Bereichs „Naval & Ground Radars“ bei Hensoldt, wird in der Pressemitteilung mit den Worten zitiert: „Unsere vollautomatische, intelligente Signalverarbeitung und Sensordatenfusion eröffnet Streitkräften eine bisher nicht dagewesene Möglichkeit der verdeckten Operation auf weite Entfernungen für ein breites Zielspektrum bis hin zu Stealth-Bedrohungen. Das ‚TwInvis‘ ist für diesen Zweck hochmobil und in Echtzeit vernetzbar. Und das sowohl als autonom operierender Cluster mehrerer verteilter Passiv-Radare oder gepaart mit schlagkräftigen Luftverteidigungssystemen mit aktiver Radarsensorik.“

Einfache Verlegung des Systems auf militärischen Trägerfahrzeugen

Über die verlegbare Variante „TwInvis Sheltered“ heißt es im Ulmer Pressetext außerdem: „Das System kann auf militärischen Trägerfahrzeugen flexibel und einfach verlegt und von lediglich zwei Personen im Feld auf- und abgebaut werden. Eine autarke Operation, bei Bedarf auch ohne Personal vor Ort, ist möglich.“

„TwInvis Sheltered“ verfügt nach Angaben von Hensoldt über ein leistungsfähiges Antennensystem sowie Prozessor- und Infrastruktureinheiten. Die modulare Systemarchitektur ermöglicht unter anderem die Verarbeitung multipler digitaler Frequenzbänder. Dies biete Beschaffern und Nutzern Aufwuchspotenzial und Planbarkeit inkrementeller Upgrades für die Zukunft, wirbt der Sensor-Spezialist.

Laut Hersteller Hensoldt sollen bereits „mehrere Systeme bei Kunden innerhalb und außerhalb der NATO“ unter Vertrag stehen.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Erstmalige Präsentation des Passiv-Radars „TwInvis“ im Live-Betrieb in der Öffentlichkeit. Die Aufnahme entstand im April 2018 bei der Internationalen Luftfahrtmesse ILA in Berlin.
(Foto: Hensoldt AG)

2. Das System „TwInvis Sheltered“ – es kann auf militärischen Trägerfahrzeugen flexibel und einfach verlegt werden.
(Computergrafik: Hensoldt AG)

Kleines Beitragsbild: Passiv-Radar „TwInvis“ in der Erprobung bei Hensoldt – Monitorbilder von georteten „Zielen“ im Luftverkehr.
(Bildschirmfoto: Quelle SWR-Beitrag „Ende der Tarnkappentechnik?“ vom 3. Dezember 2022;
Bildbearbeitung: mediakompakt)


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