Köln-Porz/Wahnheide. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Deutsche Luftwaffe forschen am Standort Köln-Porz/Wahnheide zukünftig gemeinsam in einem weltweit einzigartigen Kompetenzzentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin. Etliche Jahre sind bereits seit dem Projektstart mit einer Machbarkeitsstudie und dem ersten Spatenstich 2017 vergangen. Jetzt, am gestrigen Donnerstag (26. Januar), erfolgte die Einweihung des achtstöckigen Instituts- und Forschungsgebäudes, das mit Hightech „vollgepackt“ ist. Neben der Bündelung von Expertise und den gemeinsamen Forschungsvorhaben von Luftwaffe und DLR soll hier künftig auch der wissenschaftliche Nachwuchs gefördert und schließlich vorhandene Ressourcen optimal genutzt werden. Für die Luftwaffe bedeutet dies, dass ihr bisheriges Flugmedizinisches Institut nach mehr als 60 Jahren am Standort Fürstenfeldbruck nun in Köln eine neue Heimat gefunden hat.
Bei der Feierstunde sagte die DLR-Vorstandvorsitzende, Prof. Dr. Anke Kaysser-Pyzalla: „Die Einweihung des neuen Gebäudes bringt die jahrzehntelange erfolgreiche Partnerschaft zwischen der Luftwaffe und unserem Zentrum noch enger zusammen.“ Kurze Wege würden künftig nicht nur die gemeinsame intensive Nutzung von aufwendiger Infrastruktur ermöglichen, sie würden außerdem auch den direkten wissenschaftlichen Austausch fördern, so die Wissenschaftlerin.
Das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin schlägt eine Brücke zwischen der Grundlagenforschung und Anwendungen in der Luft- und Raumfahrtmedizin, in denen die Deutsche Luftwaffe besondere Stärken hat. So können bei der DLR beispielsweise die physiologischen und psychologischen Mechanismen erforscht werden, die als Grundlage für die Anforderungen an das fliegende Personal der Bundeswehr dienen. Umgekehrt erhalten die Wissenschaftler des DLR unmittelbare Rückmeldungen aus der Praxis, die direkt in die Forschung einfließen können.
Bei der Eröffnung des neuen Kompetenzzentrums äußerte sich auch der Generalarzt der Luftwaffe, Dr. Bernhard Groß. Er wies darauf hin: „Das Besondere ist nicht nur das Gebäude selbst, sondern die Tatsache, dass sich mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, dem Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe und der European Space Agency, kurz ESA, die drei größten Einrichtungen der Luft- und Raumfahrt in Deutschland auf einem gemeinsamen Campus befinden. Diese Konstellation ist einmalig in Europa und bietet hervorragende Möglichkeiten der Zusammenarbeit und der Weiterentwicklung sowie der gemeinsamen Forschung, mit der wir in Zukunft Maßstäbe in Europa setzen werden.“
Luftfahrzeuge werden durch den Einsatz moderner Technologien immer leistungsfähiger. Dem menschlichen Körper sind jedoch biologisch Grenzen gesetzt. Deshalb ist es einerseits wichtig, diese Grenzen genau zu kennen. Andererseits müssen Methoden entwickelt werden, um Piloten und anderes fliegende Personal zu entlasten. Dies gilt sowohl für physische Phänomene wie hohe g-Belastungen oder extreme Beschleunigungen, als auch für psychische Anforderungen, etwa die immer größer werdende Daten- und Informationsflut im Cockpit.
Die militärische Luftfahrt stellt dabei deutlich höhere Anforderungen, als die zivile Luftfahrt. Dennoch sind die durch die gemeinsame Forschung gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auch für den zivilen Luftverkehr von enormem Nutzen.
Im Kölner Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin findet man jetzt die geballte Kompetenz der Bundeswehr-Flugmedizin unter einem Dach. Neben der klinischen Flugmedizin findet hier künftig die psychologische Eignungsfeststellung und Begutachtung von Bewerbern sowie des Lizenzpersonals des fliegerischen Dienstes und des Flugsicherungspersonal statt.
Neben der Abteilung „Wissenschaft und Forschung“ (die sich beispielsweise mit der Weiterentwicklung und Verbesserung der Ausrüstung – wie etwa der Anti-g-Pilotenhose – befasst), findet man hier auch die Labore des Institutes. Bei Flugunfalluntersuchungen unterstützen Experten das Luftfahrtamt der Bundeswehr mit medizinischem Fachwissen; dazu gehört auch die Fachabteilung „Rechtsmedizin“. In modernen Hörsälen findet im Kölner Kompetenzzentrum demnächst auch die Ausbildung aller nationalen und internationalen flugmedizinischen Lehrgänge statt. Für das „medizinische Dokumentationssystem“ wurden ebenfalls bei der Planung des Gebäudes alle Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung mitberücksichtigt.
An der Einweihungsfeier in Köln-Porz/Wahnheide nahm auch Generalleutnant Günter Katz teil. Der Kommandierende General des Luftwaffentruppenkommandos, zu dem das neue Kompetenzzentrum Luft- und Raumfahrtmedizin gehört, erklärte: „Hier, in unmittelbarer Nähe zur Luftwaffenkaserne Köln-Wahn, ist ein gemeinsamer Campus entstanden, der Forschung, angewandte Wissenschaft und Lehre auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrttechnologie und -medizin zusammenführt. Alles unter einem Dach mit ,State of the Art‘-Ausstattung.“ Katz betonte ausdrücklich: „Das, was das Ganze ausmacht, sind die vielen Menschen, die gemeinsam höchst kompetent, innovativ und professionell in einem Team zusammenarbeiten. Sie stehen an der Spitze der Forschung und haben nun mit dem neuen Gebäude einen passenden Rahmen gefunden.“
Bei dem gemeinsamen Bauprojekt „Instituts- und Forschungsgebäude für die Luft- und Raumfahrtmedizin“ von Deutscher Luftwaffe und DLR handelt es sich um ein rund 77 Millionen Euro teures Infrastrukturprojekt. 127 Bauverträge, 1850 Tonnen Betonstahl und verlegte Elektroleitungen, die einer Fahrtstrecke von Köln nach Hamburg entsprechen, sind nur einige wenige eindrucksvolle Zahlen dieses ambitionierten Bauvorhabens.
Auf mehr als zwei Fußballfeldern Nutzfläche (annähernd 15.000 Quadratmeter) ergänzen sich in diesem imposanten Neubau demnächst die Fähigkeiten der Institute für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe und die des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.
Neben dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und der Bundeswehr ist auch die Europäische Weltraumorganisation (European Space Agency, ESA) Teil des Kompetenzzentrums. Das Europäische Astronautenzentrum (European Astronaut Centre, EAC) ist nur wenige Meter von dem Neubau des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin sowie dem DLR-Forschungsgebäude „envihab“ entfernt (envihab bedeutet „environment“ = Umwelt und „habitat“ = Lebensraum). Die europäischen Astronauten können dadurch in Zukunft auf die medizinische Betreuung und Expertise beider Einrichtungen zurückgreifen und ihrerseits wertvolle Informationen und Daten an die Wissenschaft liefern.
Neben der Kooperation mit der ESA steht das Kölner Kompetenzzentrum auch weiteren internationalen Partnern offen. So verbindet die DLR-Luft- und Raumfahrtmedizin beispielsweise eine langjährige Partnerschaft mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA (National Aeronautics and Space Administration), mit der erst Ende 2022 ein Kölner Strahlenschutzexperiment in die Mondumlaufbahn reiste und aktuell eine weitere gemeinsame Bettruhe-Studie in Köln durchgeführt wird.
Auch auf regionaler Ebene besteht ein interessantes Umfeld. Dazu die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei der Einweihungsfeier: „Mit dem neuen Zentrum macht der Forschungsstandort Rheinland noch einmal einen ordentlichen Satz nach vorne. Wir erreichen ein neues Level für den bereits stark aufgestellten Luft- und Raumfahrtsektor in Köln, zu dem neben den hier vertretenden Institutionen auch die Europäische Agentur für Flugsicherheit [European Union Aviation Safety Agency, EASA] und die Versuchs- und Simulationsanlage ,European Transonic Windtunnel‘ zählen.“
Zu unseren zwei Bildmotiven:
1. Freuen sich über die Inbetriebnahme des neuen Kompetenzzentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln (von links): Prof. Dr. Jens Jordan (Leiter des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin), Prof. Dr. Anke Kaysser-Pyzalla (DLR-Vorstandsvorsitzende) und Generalarzt Dr. Bernhard Groß (Leiter des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der Deutschen Luftwaffe).
(Foto: DLR)
2. Der Neubau am Standort Köln-Porz/Wahnheide wird finanziell getragen vom Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie dem Bundesministerium der Finanzen. Das Gebäude hat auf einer Bruttogrundfläche von rund 15.000 Quadratmetern fast 430 Arbeitsräume, dazu zählen unter anderem 184 Büros und 112 medizinische Behandlungsräume und Labore.
(Foto: DLR/unter Lizenz CC BY-NC-ND 3.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/)