Bonn. Die Klimakrise verschärft die Ursachen für Vertreibung und Flucht. Und sie trifft die Schwächsten: Menschen auf der Flucht. Darauf weist die nationale Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen (VN) hin, die ihren Sitz in Bonn hat. In einer jetzt veröffentlichten Presseerklärung der VN-Flüchtlingshilfe heißt es unter anderem: „Konflikte und Menschenrechtsverletzungen sind nach wie vor die Hauptgründe für Flucht und Vertreibung und können durch den Klimawandel weiter verschärft werden. Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Staatenlose stehen zudem der Klimakrise nahezu ungeschützt gegenüber. Sie leben oft in Regionen, denen die Mittel fehlen, die Folgen des Klimawandels abzufedern. Die Unwetter-Katastrophe in Libyen ist ein weiterer Beleg dessen und hinterlässt unzählige Tote und Menschen, die jetzt dringend auf Nothilfe angewiesen sind.“
Peter Ruhenstroth-Bauer, Nationaler Direktor der Bonner Hilfsorganisation, wird in dem Pressetext mit den Worten zitiert: „Der menschengemachte Klimawandel ist die einschneidendste Krise unserer Zeit, und die Vertreibung von Menschen eine der verheerendsten Folgen. Jetzt sind Entscheidungen nötig, die die Folgen der Klimakrise eingrenzen. Und es braucht wirksame Unterstützung, wo die Konsequenzen bereits unumkehrbar sind.“
Besonders Flüchtlinge und Binnenvertriebene seien oft unmittelbar den Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt, so Ruhenstroth-Bauer weiter. „Mit dramatisch steigender Tendenz: 70 Prozent der Flüchtlinge und 80 Prozent der Binnenvertriebenen, die wegen Konflikten fliehen mussten, stammen aus Ländern, die auch sehr stark von der Klimakrise betroffen sind.“
Auch in Zufluchtsländern seien Flüchtlinge oft klimabedingten Risiken ausgesetzt: 20 Prozent der Weltbevölkerung lebten in den klimatischen „Hotspots“, in denen gleichzeitig mehr als 40 Prozent aller Flüchtlinge Zuflucht gefunden hätten. „Die Menschen dort verfügen meist nicht über die nötigen Ressourcen, um sich an eine zunehmend menschenfeindliche Umwelt anzupassen“, warnt der Direktor der Bonner Organisation.
Die VN-Flüchtlingshilfe ist der deutsche Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR (UNHCR = United Nations High Commissioner for Refugees/Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen). Das VN-Flüchtlingskommissariat hilft in Krisenfällen Flüchtlingen und Vertriebenen und versorgt diese mit Trinkwasser, mit Notunterkünften, Decken, medizinischer Hilfe und Lebensmitteln.
Aber auch im Falle von Naturkatastrophen stehen UNHCR-Nothilfeteams bereit. Dies kommt vor allem in Regionen vor, in denen UNHCR Lagerbestände hat, weil dort Flüchtlinge und Vertriebene unterstützt werden und diese von den Folgen der Naturkatastrophe betroffen sind.
Die VN-Flüchtlingshilfe in Bonn weist abschließend in ihrer Presseerklärung darauf hin: „Der Klimawandel führt zu häufigeren und intensiveren Naturkatastrophen wie Hurrikans, Überschwemmungen und Waldbränden. Diese Ereignisse können ganze Gemeinschaften zerstören und bereits Vertriebene erneut schutzlosen Bedingungen aussetzen. Dürren und die Verknappung von Wasserzugängen, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, können zu Konflikten um knappe Ressourcen führen und Menschen zur Flucht zwingen.“
Am 10. September 2023 ist Libyen schwer durch das Sturmtief „Daniel“ getroffen worden. Der Sturm brachte heftige Regenfälle mit sich und führte zu verheerenden Überschwemmungen. Nahe der Hafenstadt Darna brachen zwei Dämme. Ganze Viertel der 100.000 Einwohner zählenden Stadt wurden regelrecht ins Meer gespült. Die Vereinten Nationen schätzen, dass bei der Flutkatastrophe allein in Darna etwa 11.300 Menschen ums Leben kamen, weitere 10.100 Menschen werden bis jetzt noch vermisst.
Die Fluten haben Zufahrtsstraßen nach Darna weggeschwemmt, wichtige Brücken sind unter Schlammmassen begraben. Insbesondere der Osten der Stadt sei weiter vom Rest abgeschnitten, berichteten Augenzeugen vor Ort der Deutschen Presse-Agentur. Kommunikationsverbindungen seien teilweise abgerissen. Auch andere Orte in dem vom Bürgerkrieg heimgesuchten Land sind auf Unterstützung angewiesen.
Nach Einschätzung des VN-Nothilfebüros OCHA brauchen Hunderttausende Menschen dringend Hilfe (OCHA = United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs/Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten). In einem Dringlichkeitsappell rief die Organisation inzwischen zu Soforthilfen in Höhe von umgerechnet rund 67 Millionen Euro auf, „um den dringenden Bedarf von 250.000 am stärksten betroffenen Libyern zu decken“. Die Lage im Nordosten des Landes sei kritisch, so OCHA. Fast 900.000 Menschen in fünf Provinzen Libyens lebten in Gebieten, die vom Sturm „Daniel“ und den dadurch ausgelösten Sturzfluten „direkt und in unterschiedlichem Ausmaß“ betroffen seien.
Nach einem libyschen Hilfeleistungsersuchen an die Europäische Union hat die Deutsche Luftwaffe am gestrigen Donnerstag (14. September) mit zwei A400M des Wunstorfer Lufttransportgeschwaders 62 Hilfsgüter des Technischen Hilfswerks (THW) im Umfang von 30 Tonnen in das Überschwemmungsgebiet geflogen.
Bei den THW-Hilfsgütern handelt es sich um Zelte, Feldbetten, Decken, Isomatten und Stromgeneratoren. Insgesamt beträgt das Ladevolumen 151 Kubikmeter. Die aus den THW-Logistikzentren in Bayern und Baden-Württemberg angelieferten Güter wurden auf dem Fliegerhorst Wunstorf auf die beiden Transportmaschinen umgeschlagen.
Zu unserem Bildmaterial:
1. Symbolbild „Klimawandel und Trockenheit“.
(Foto: Mario/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)
2. Symbolbild „Klimawandel, Starkregen und Flutkatastrophen“. Die Aufnahme vom 15. Juli 2021 zeigt das extreme Hochwasser in Bereich Altenahr-Kreuzberg.
(Foto: Martin Seifert/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en)
3. Symbolbild „Klimawandel, Starkregen und Flutkatastrophen“. Blick von der Ahrschleife zur Altstadt von Altenahr: Die Aufnahme vom 24. Juli 2021, entstanden gut eine Woche nach der verheerenden Flut im Ahrtal, zeigt das verwüstete Flussufer.
(Foto: Bettina Vier/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
4. Unter dem Dach der Amtshilfe wurden am 14. September 2023 durch das Lufttransportgeschwader 62 aus Wunstorf mehrere Tonnen Hilfsgüter mit zwei Transportflugzeugen Airbus A400M in die Krisenregion nach Libyen gebracht.
(Foto: Francis Hildemann/Bundeswehr)
Kleines Beitragsbild: Symbolfoto „Extremklima und Waldbrände“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: Gerd Altmann/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)